Unten Am Fluss - Watership Down
Vorstellungen, die vielen Männern ganz selbstverständlich kommen, wenn sie an Frauen denken – Schutz, Treue, romantische Liebe usw. –, sind den Kaninchen natürlich unbekannt, obgleich Kaninchen häufiger Einzelbindungen eingehen, als die meisten Leute vermuten. Jedoch sind sie nicht romantisch veranlagt, und es war nur natürlich, daß Hazel und Holly die beiden NuthangerWeibchen einfach als Zucht-Grundstock für das Gehege betrachteten. Dafür hatten sie schließlich ihr Leben riskiert.
»Nun, es ist schwer, das jetzt schon zu sagen«, erwiderte Holly. »Sie geben sich Mühe, hier bei uns heimisch zu werden – besonders Clover. Sie scheint sehr vernünftig. Aber sie sind außerordentlich hilflos, weißt du – ich habe noch nie so etwas gesehen –, und ich fürchte, sie werden auf schlechtes Wetter empfindlich reagieren. Sie könnten den nächsten Winter überleben, vielleicht aber auch nicht. Doch das konntest du nicht wissen, als du sie aus der Farm holtest.«
»Wenn wir ein bißchen Glück haben, kann jedes vor dem Winter einen Wurf haben«, sagte Hazel. »Ich weiß, daß die Fortpflanzungszeit vorbei ist, aber bei uns steht alles sowieso total auf dem Kopf.«
»Nun, du hast mich gefragt, was ich denke«, meinte Holly. »Ich werde es dir sagen. Ich finde, daß es viel zuwenig sind, um uns nach allem, was wir bisher fertiggebracht haben, vor dem Untergang zu bewahren. Ich glaube, daß sie durchaus einige Zeit keine Junge haben können, teils, weil dies nicht die richtige Zeit dafür ist, und teils, weil das Leben hier ihnen so fremd ist. Und wenn sie welche haben, werden die Jungen sehr wahrscheinlich eine Menge von dieser von Menschen gezüchteten Verschlag-Rasse in sich haben. Aber was soll man denn sonst erhoffen? Wir müssen das Beste aus dem machen, was wir haben.«
»Hat sich schon jemand mit ihnen gepaart?« fragte Hazel.
»Nein, keine von den beiden ist bisher bereit gewesen. Aber ich sehe einige ganz schöne Kämpfe ausbrechen, wenn es dazu kommt.«
»Das ist ein anderes Problem. Wir können mit diesen beiden Weibchen allein nicht weitermachen.«
»Aber was können wir denn sonst tun?«
»Ich weiß, was wir tun müssen«, sagte Hazel, »aber ich sehe noch nicht, wie. Wir müssen zurückgehen und einige Weibchen aus Efrafa herausholen.«
»Du könntest ebensogut sagen, du würdest sie vom Mond herunterholen, Hazel-rah. Ich fürchte, ich habe dir keine sehr klare Schilderung von Efrafa gegeben.«
»O doch, das hast du schon – die ganze Sache jagt mir einen unglaublichen Schrecken ein. Aber wir werden es dennoch tun.«
»Es wird dir nicht gelingen.«
»Es wird nicht durch Kampf oder schöne Worte gelingen, nein. Wir müssen eine List anwenden.«
»Es gibt keine List, mit der man diese Bande überrumpeln kann, glaube mir. Es sind viel mehr als wir. Sie sind sehr gut organisiert, und ich spreche die reine Wahrheit, wenn ich sage, sie können genauso gut kämpfen, rennen und eine Spur verfolgen wie wir, und viele von ihnen noch besser.«
»Die List«, sagte Hazel, sich an Blackberry wendend, der die ganze Zeit geknabbert und schweigend zugehört hatte, »die List wird drei Dinge bewirken müssen. Erstens wird sie die Weibchen aus Efrafa herausbringen müssen, und zweitens wird sie einer Verfolgung Rechnung tragen müssen. Denn eine Verfolgung wird es geben, und wir können kein zweites Wunder erwarten. Aber das ist nicht alles. Nachdem wir einmal den Ort endgültig hinter uns haben, muß es unmöglich sein, uns zu finden – wir müssen außerhalb der Reichweite jeder Weiten Patrouille sein.«
»Ja«, sagte Blackberry zweifelnd. »Ja, ich stimme mit dir überein. Um Erfolg zu haben, würden wir alle diese Dinge bewerkstelligen müssen.«
»Ja. Und diese List, Blackberry, wird von dir ersonnen werden.«
Der süße, widerliche Geruch von Hartriegel erfüllte die Luft; im Abendsonnenschein summten die Insekten um die dichten weißen Trugdolden, die tief über dem Gras hingen. Ein Paar braun-oranger Käfer, die von den Kaninchen gestört wurden, machten sich von einem Grasstengel davon und flogen, immer noch gepaart, fort.
»Die paaren sich, wir nicht«, sagte Hazel, ihnen nachblickend. »Eine List, Blackberry – eine List, die uns ein für allemal von den Sorgen erlöst.«
»Mir ist klar, wie sich das erste Problem lösen läßt«, sagte Blackberry. »Zumindest glaube ich es. Wenn es auch gefährlich ist. Die anderen beiden Dinge sind mir noch gar nicht klar, und ich möchte das mit
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