Unter allen Beeten ist Ruh
Telefonliste«, scherzte Schmidt, »das betrachte ich als Kompliment.«
Flirtet er etwa mit mir? dachte sie flüchtig, aber die Situation war zu aufregend, als dass das jetzt eine Rolle gespielt hätte.
»Aber etwas Wichtiges konnte er Ihnen nicht erzählen«, sagte sie. »Das ist mir selbst gerade erst klargeworden.«
Schmidts Gesicht zeigte Neugier. »Und das wäre?«
Pippa spürte, wie ihr Herz klopfte.
»Ich weiß, wer Lutz getötet hat.«
Kapitel 29
S etzen wir uns doch, Frau Bolle«, sagte Schmidt.
Er ging durch den Raum, setzte sich auf das breite Sofa und klopfte auffordernd mit der flachen Hand neben sich auf das Polster.
Pippa war fassungslos. Die Bombe, die sie hatte platzen lassen, erwies sich als tonnenschwerer Blindgänger. Sie stemmte die Hände in die Hüften.
»Ist das nicht der Moment, in dem Sie atemlos vor Ehrfurcht hauchen sollten: Wer ist es?«
Schmidts Gesicht war undurchdringlich. »Das gehört sich nur im umgekehrten Fall: Die vor Bewunderung dahinschmelzende Amateurdetektivin hängt an den Lippen des gutaussehenden Kommissars, der den Fall dank seiner Cleverness und Kombinationsgabe lückenlos aufklärt.«
Er klopfte wieder auf das Polster.
»Setzten Sie sich endlich.«
Wir stecken mitten in einem Mordfall und ich erlaube diesem vierschrötigen blonden Hünen, mit mir zu flirten, dachte Pippa verblüfft. Dabei war ich sicher, immer noch auf Leos gut geölten Latin-Lover-Charme konditioniert zu sein. Ich bin auf dem Weg der Genesung, ich merke wieder, dass es zwei Geschlechter gibt. Ich bin sicher, dass Schmidt mich schützen wollte, als er Luis’ Theorie, ich hätte was mit Lutz, diskret behandelt und die Überprüfung Freddy und Nante überlassen hat.
Pippa gab sich einen Ruck und setzte sich neben Schmidt.
»Okay, großer Meister, dann beeindrucken Sie mich. Wer ist meiner Meinung nach der Mörder?«
»Aber liebe Frau Bolle.« Der Kommissar schüttelte amüsiert den Kopf. »Wir wollen doch nicht, dass Sie mogeln.«
Er zog einen Stift und einen kleinen Notizblock aus der Jackentasche, riss ein Blatt heraus und gab es Pippa.
»Schreiben Sie den Namen auf das Blatt, falten es zusammen und geben es mir. Erst dann sage ich Ihnen, was Sie glauben.«
Pippa tat beleidigt. »Typisch Mann. Ich hatte Sherlock Holmes schon immer in Verdacht, dass er Watson jeden kleinen Erfolg missgönnt. Aber bitte!«
Sie schirmte das Blatt mit der Hand vor Schmidts Blicken ab und schrieb den Namen des Mörders auf das Papier. Sie faltete den Zettel betont sorgfältig und reichte ihn ihrem Gegenüber.
Schmidt nahm den Zettel zwischen seine Hände, schloss die Augen und imitierte die salbungsvolle Stimme eines Wahrsagers: »Ich sehe … ich sehe einen Namen … er wird immer deutlicher … es ist … Josef Krause!«
Er öffnete die Augen und sah Pippa erwartungsvoll an.
Pippa war ehrlich erstaunt. »Das krause X? Warum bitte schön sollte ich das krause X verdächtigen?«
»Wir haben seine Fingerabdrücke im Bad gefunden.«
Pippa winkte ab. »Und die der restlichen Insulaner und meine und Nantes und zig andere Fingerabdrücke mehr. Ganz sicher nicht nur im Bad. Wir waren alle auf Erdmanns Party eingeladen. Wer zur Toilette wollte, musste ins Haus. Und der eine oder andere wird die Gelegenheit genutzt haben, sich genauer umzusehen. Wann sieht man schon mal ein Haus, das selbst Schöner Wohnen ins Schwärmen bringt?«
»Außerdem besitzt Ihr Herr X eine gute Portion kriminelle Energie – immerhin war er länger Gast auf Planet Tegel«, fuhr Schmidt fort.
Pippa runzelte die Stirn. »Bitte, wo?«
»In Deutschlands größtem Gefängnis«, antwortete der Kommissar.
»Ach so«, sagte Pippa ironisch, »es werden einfach die üblichen Verdächtigen beschuldigt! Das mag bei der Polizei gang und gäbe sein, aber wir Hobbyschnüffler halten uns etwas darauf zugute, unvoreingenommen vorzugehen. Allerdings«, Pippas Grinsen strafte ihre letzten Worte Lügen, »interessieren würde es mich schon: Was hat unser sanftes Lamm denn angestellt? Dürfen Sie darüber reden?«
»Der Mann ist rechtskräftig verurteilt. Im Namen des Volkes. Und da gehören Sie dazu.«
Er machte eine Kunstpause, und Pippa beugte sich ungeduldig vor. »Raus damit, Kommissar Schmidt!«
»Urkundenfälschung. Ihr krauses X war einer der besten Fälscher für Pässe und Urkunden, die ich je kennengelernt habe. Jedenfalls hoffe ich für ihn, dass die Vergangenheitsform hier richtig gewählt ist. Er war ein echter Künstler in
Weitere Kostenlose Bücher