Unter allen Beeten ist Ruh
seiner Branche. Der Mann hätte sogar die Stasi gefoppt. Als wir ihn geschnappt haben, wollte er gerade seinen Tätigkeitsbereich erweitern: Er hat dem Grundbuchamt einen überaus echt aussehenden Erbschein für ein Berliner Mietshaus untergejubelt. Die haben es eigentlich nur gemerkt, weil sich aus Australien ein weiterer Erbe meldete, der von einem Verwandten namens Josef Krause nichts wusste.«
Pippa pfiff anerkennend durch die Zähne.
»Nicht schlecht. Stilvoller, als alten Damen die Handtasche zu klauen. Was hat er bei seiner Verhaftung gesagt?«
Schmidt lächelte. »Er hat unsere Ermittlungsarbeit gelobt. Er sagte – ich zitiere: Alles steht und fällt mit der Recherche. «
»Wie recht der Mann hat«, sagte Pippa trocken, »und genau aus dem Grund habe ich ihn auch nie verdächtigt. Also: Welcher Name steht auf meinem Zettel?«
»Zugegeben, Krause war ein Schuss aus der Hüfte …«
»… und eigentlich müsste ich beleidigt sein, weil Sie mir nicht mehr zutrauen. Aber ich bin milde gestimmt und gebe Ihnen noch eine Chance. Also?«
Schmidt lächelte siegessicher. »Ida Marthaler.«
»Nicht schlecht. Ida drängt sich geradezu auf. Freddy hat Ihnen von dem Kaufvertrag erzählt?«
»Ich weiß ebenfalls von Erdmanns Erpressung und der Drohung, Ida Marthalers guten Ruf als Pädagogin zu zerstören, indem er sie als Dealerin bloßstellt. Wer weiß, wozu sie in ihrer Panik fähig war. Wenn er sie wirklich bei der Polizei oder auch nur bei der Schulbehörde angeschwärzt hätte, wäre alles verloren gewesen, was sie sich aufgebaut hat.«
Der Kommissar forschte in Pippas Gesicht nach einer Reaktion, aber ihre Miene war undurchdringlich.
»Heute Morgen in aller Frühe wollten wir sie verhören«, fuhr er fort, »aber dann kam Ihr Anruf.«
»Da hat Ida ja Glück gehabt«, sagte Pippa. »Ich denke, Sie sollten sich den Vertrag erst genauer ansehen.«
Schmidt lächelte. »Schon geschehen. Nicht nur das: Ich habe ihn bei mir.«
Pippa schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Stimmt – ich hätte beinahe vergessen, dass Sie bei meiner nächtlichen Aktion vom Pool aus heimlich die Fäden gezogen haben. Sie haben nicht zufällig vor, sich hier ein Grundstück zuzulegen? Die Preise auf Schreberwerder dürften gerade im Keller sein. Sie und Ihre seltsamen Methoden würden bestens zu dieser wilden Bande passen.«
»Noch ein Kompliment von Frau Bolle, heute muss mein Glückstag sein!« Schmidt strahlte.
»Das haben Sie gesagt.«
Pippa sah auf ihre Armbanduhr.
»Es ist jetzt acht Uhr. Ida ist Frühaufsteherin. Wenn Sie die Sache mit dem Vertrag klären wollen, ist jetzt die richtige Zeit. Ich bringe Sie hin.«
Sie stand auf.
»Nach dem Gespräch haben wir eine Verdächtige weniger und können uns ganz auf den Täter konzentrieren.«
Ida Marthaler öffnete die Tür. Wenn sie überrascht war, den Kommissar zu so früher Stunde zu sehen, hatte sie sich gut unter Kontrolle und ließ sich nichts anmerken.
»Kommen Sie bitte herein, Kommissar Schmidt«, sagte Ida und öffnete einladend die Tür. Als Pippa sich zum Gehen wandte, fügte sie hinzu: »Bleib doch bitte, Pippa.«
Pippa sah Schmidt fragend an.
Der nickte. »Von mir aus gern. Gegen einen … Beistand ist nichts einzuwenden.«
Sie folgten Ida in die Wohnküche. Leise Schnarchgeräusche drangen durch eine geschlossene Tür und zeugten von Heinz Marthalers Anwesenheit.
»Ich möchte Ihnen etwas zeigen, Frau Marthaler«, sagte Schmidt und zog den zusammengefalteten Kaufvertrag aus der Innentasche seiner Jacke.
Ida strich das Papier glatt und blätterte den Vertrag langsam durch. Sie erstarrte, und ihr Gesicht wurde blass, als sie die Unterschriften sah. Für einen Moment schwankte sie, und Pippa bereitete sich darauf vor, die schockierte Frau aufzufangen, sollte diese in Ohnmacht fallen.
Aber Ida Marthaler fasste sich wieder, straffte die Schultern und stieß die Tür zum Schlafzimmer auf, in dem ihr Gatte schlief. Sie zog ihm die Decke weg und rüttelte ihn. Heinz fuhr erschrocken hoch und blinzelte verwirrt auf den Vertrag, den Ida ihm unter die Nase hielt.
»Heinz, erklär das bitte«, sagte sie ruhig. »Dem Herrn Kommissar – und mir.«
Sie deutete auf Schmidt, der mit Pippa von der Wohnküche aus die Szene beobachtete.
»Ist doch jetzt nicht mehr wichtig«, grunzte Heinz Marthaler verschlafen und ließ sich wieder zurückfallen, »Erdmann ist tot, und der Vertrag damit null und nichtig. Dafür weckst du mich auf?«
»Hast du meine
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