Unter allen Beeten ist Ruh
Eigenschaften der Hanffaser.
Pippa hörte nur mit halbem Ohr zu und beobachtete die Gesichter der Umsitzenden. Dorabella und Herr X sahen amüsiert aus, Luis Krawuttke und Stephan Kästner grimmig, Gerdi desinteressiert. Die Marthalers flüsterten zornig aufeinander ein, ohne Lutz die geringste Beachtung zu schenken. Pia und Jochen Peschmann wirkten höflich interessiert, während Angelika Christ ein Gesicht machte, als wäre sie auf einer christlichen Erweckungsveranstaltung und würde in diesem Moment zum wahren Glauben finden.
»… und deshalb wird das Hanf-Resort besonders für Allergiker ein Ort der Erholung sein. Durch Ihre gute Tat können Sie alle dazu beitragen, diesen segensreichen Ort zu schaffen.«
Lutz Erdmann sah sich um, als würde er Beifall erwarten, aber lediglich Angelika Christ war aufgesprungen und spendete Applaus.
»Du liebe Güte«, flüsterte Karin und verdrehte die Augen. »Die führt sich auf, als würde Robbie Williams sein T-Shirt ausziehen. Ich brauche einen Schnaps, aber sofort.«
Pippa und Karin gingen zur Bar und bestellten sich eisgekühlten Wodka. Sie stießen an und kippten das kalte Getränk in einem Schluck hinunter.
Zwei Meter weiter eröffnete Erdmann mit großer Geste das Buffet. Opulent häuften sich die Leckereien, völlig übertrieben sowohl in Menge als auch in Exklusivität: Austern, Langusten, teuerster Kaviar, Hummer, Finger-Food, Sushi …
»Ein paar ordentliche Grillhähnchen und Kartoffelsalat hätten es auch getan«, maulte Stephan Kästner hinter Pippa, »wer will schon Austern-Glibber?«
»Etwas mehr Weltoffenheit, Stephan«, tadelte Dorabella milde und ließ sich Kaviar und Hummer auf einem Teller anrichten. »Nutz es aus, dass es diese wunderbaren Dinge umsonst gibt.«
»Angeberkram«, knurrte Stephan, »glaubt der Kerl etwa, dass er uns beeindrucken kann?«
»Hat er doch schon«, erwiderte Dorabella und lächelte, »sonst würdest du hier nicht solch einen Wind machen, oder?«
Kästner wurde rot, ließ sich aber vom Koch einen gemischten Teller zusammenstellen.
Pippa sah sich um. Ein paar Meter weiter standen die Marthalers und stritten sich.
»Wir wären verrückt, das Angebot nicht anzunehmen!«, schrie Heinz Marthaler. Er hatte einen hochroten Kopf und schwankte leicht.
Seine Frau Ida verzog angewidert das Gesicht. »Großer Gott, wie hast du es fertiggebracht, jetzt schon betrunken zu sein? Die Parzelle ist meine biologische Versuchsanstalt. Ich will und werde sie nicht verkaufen, wie oft muss ich dir das noch sagen?«
»Aber das Geld!«
»Ich werde deine Seitensprünge und Cocktailbars nicht länger finanzieren. Verkaufen kommt nicht in Frage, hörst du?«
»Mir egal, was du sagst. Ich will verkaufen.«
Luis kam an den beiden vorbei und grinste breit. »Na, wer hat bei euch die Hosen an? Sieht schlecht für dich aus, was, Heinz?«
Ehe Ida Marthaler reagieren konnte, verkündete ihr Gatte: »Ich verkaufe, basta!«
Wie aus dem Boden gewachsen, stand der Seidenanzug bei der streitenden Gruppe und hielt Heinz Marthaler ein Klemmbrett mit Formular unter die Nase. »Wenn Sie hier bitte unterschreiben wollen?«
Marthaler war sichtlich überfordert und stammelte: »Wa … was? Wer sind Sie?«
»Christian Bergner. Ich bin Herrn Erdmanns Rechtsanwalt und Notar. Sie haben gerade gesagt, dass Sie Ihre Parzelle verkaufen wollen. Das gesprochene Wort gilt. Ihre Unterschrift bitte, hier.«
Während die Marthalers den Anwalt nur verblüfft anstarrten, sagte Luis: »Was’n det für ’ne linke Nummer? Du spinnst wohl! Verschwinde, aber plötzlich.«
Der Anwalt sah ihn an, als hätte er ein ekliges Insekt vor sich. »Mit Ihnen spreche ich nicht. Und ehe Sie sich weiter aufplustern: Herr Marthaler muss nicht einmal unterschreiben. Ein Handschlag ist rechtsgültig.«
Luis ballte die Rechte zur Faust und schlug blitzschnell zu. Der Hieb traf den Anwalt am Kinn, und er fiel wie ein gefällter Baum.
» Dat is’n Handschlach, du Popanz.«
Luis marschierte hoch erhobenen Hauptes zur Bar, wo er von Stephan Kästner, Herrn X und Matthias Wittig mit Schulterklopfen empfangen wurde. Lutz Erdmann tauchte auf und half seinem Anwalt wieder auf die Beine, wobei er beschwichtigend auf den wütenden Mann einsprach.
Pippa, Karin und Dorabella saßen zusammen, nippten am stetig nachgeschenkten Champagner und hatten die Szene gleichermaßen amüsiert wie entsetzt verfolgt.
»Ganz großes Kino«, sagte Karin, »so kenne ich Luis ja gar nicht.«
Dorabella
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