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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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machen. Hier kennt jeder jeden, wenn rauskommt, was die Männer in diesem Schönheitssalon getrieben haben, dann können die wegziehen. Das ist wie Lepra, das wird nicht mehr gut.«
    Ihre Augen waren voller Verständnis auf ihren Sohn gerichtet. »In einem Dorf ist es besser, wenn das niemand mitbekommt.«
    »Dann brauchen Sie jemanden, der die Twitteraccounts der Damen hacken kann«, sagte Köhler.
    »Hacken, aha.« Gisela schaute Lederer an. »Können Sie das?«
    »Wir … ich denke, da wird sich in meinen Reihen sicher ein Spezialist finden lassen.«
    »Da brauchen Sie gar nicht suchen, ich hab da in meinen Reihen absolute Cracks«, sagte Gisela. Sie glaubte ein leises Zähneknirschen Lederers zu hören.
    »Wenn’s ums Internet und das ganze Drumherum geht, sind das die Richtigen. Ist auch besser, wenn das jemand von hier macht, wir wollen doch nicht, dass so was Illegales auf Ihre Abteilung zurückfällt, oder?«
     
    Beppo und Olli dösten mit vierundzwanzig anderen Kindern im Deutschunterricht von Werner Siebert vor sich hin. Der war ganz verzückt von Erich Kästners Kindheitserinnerungen, die er seiner Klasse mit geschulter Stimme vorlas. Vieles erinnerte Werner Siebert an seine eigene Kindheit, und ihm war, als würde er sich selbst in den Seiten des Buches wiederfinden.
    Das forsche Klopfen an der Tür riss ihn aus seiner Selbstversunkenheit. Mit ungehaltener Stimme rief er: »Herein.« Sein Missmut wuchs noch, als Frau Meierhofer, die dicke Sekretärin, Gisela und Lederer ankündigte. Die beiden Polizisten entschuldigten sich für die Störung, sie bräuchten nur den Beppo Holzmann und den Oliver Schreiber.
    Den beiden Jungs rutschte das Herz tiefer als bis zur Hosentasche. Werner Siebert winkte sie nach vorne. Ihm war es egal, ob Beppo und Olli in der Klasse saßen und zuhörten, Hauptsache, er konnte in seiner Lektüre fortfahren.
     
    Ionela bügelte in der Stube, während Jakob vor der Haustür auf der Bank saß und gedankenverloren in die Ferne starrte. Den jungen Mann, der vorsichtig den Hof betrat, nahm er nur am Rande wahr. Ionel trat mit einem freundlichen Lächeln näher.
    »Entschuldigen Sie, wohnt hier eine Frau Wegmeyer?«
    Jakob starrte Ionel ohne ein Wort an, schließlich schwenkte sein Blick wieder zum Horizont, wo das Kloster zu sehen war. Sein linkes Bein wippte unruhig.
    »Nicht mit fremden Leuten sprechen«, murmelte Jakob vor sich hin. »Nicht mit fremden Leuten sprechen.«
    Ionel deutete auf die offene Haustür.
    »Ist sie da?«
    »Nicht mit fremden Leuten sprechen. Nicht mit fremden Leuten sprechen.«
    Ionel verstand, dass es keinen Sinn hatte, ein weiteres Wort an diesen Wirrkopf zu verschwenden. Er betrat das Haus leise wie ein Panther.
    Ionela nahm ihn erst wahr, als Ionel schon in der Tür der Stube stand und an den Türstock klopfte. Für einen Moment stockte ihr der Atem, ein kurzer Schwindel erfasste sie, die Hand mit dem Bügeleisen schien wie gelähmt. Die alten Dielen ächzten, als Ionel auf Ionela zukam.
    »Ich mag es gar nicht, wenn Mädchen ohne Abschiedsworte verschwinden. Du hättest mir wenigstens deinen Namen sagen sollen.«
    Er blieb auf der einen Seite des Bügelbrettes stehen, schaute Ionela ruhig in die Augen. Ihre Lippen zitterten, sie spürte wieder den Knoten, der sich in ihrem Magen zusammenballte.
    Ionel machte eine rasche Handbewegung, Ionela zuckte zusammen, trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Ionel nahm das Bügeleisen, stellte es auf die Metallplatte am Fußende des Brettes. In dem Hemd war der braune Abdruck des Bügeleisens.
    »Wir wollen doch nicht, dass das schöne Haus abbrennt, oder?«, schnurrte er im sanftesten Plauderton, als wäre er Gast bei einem Kaffeekränzchen. Er schob das Bügelbrett vor sich her auf Ionela zu, die wie eine Maus in der Falle saß.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie.
    »Die Frage ist wohl eher, was willst du von mir?« Ionel schaute sie fragend an und nahm das heiße Bügeleisen wie eine Waffe in die Hand. Ionela versuchte, die Angst in ihren Eingeweiden nicht in die Augen steigen zu lassen. Ihr Mund war trocken, sie konnte die Hitze des Bügeleisens riechen.
    »Ich …«, setzte sie an.
    »Lüg mich nicht an«, sagte Ionel, »es würde dir nicht gut bekommen.«
    »So wie es meiner Schwester nicht gut bekommen ist?«
    Der Zorn drängte die Angst zurück. Ihre schmalen Hände ballten sich zu weißen Fäusten. »Was hast du mit ihr gemacht? Hast du sie verprügelt, weil sie dir widersprochen

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