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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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Werbeprospekte aus seiner Tasche holte. Gisela spürte die Hitze in ihre Wangen schießen.
    »Du bist vielleicht so ein scheinheiliger Feigling«, polterte sie.
    Fritz tat, als würde er sie weder sehen noch hören. Er verteilte seine Post seelenruhig auf die Briefkästen. Giselas wachsender Ärger brachte ihr Gesicht zum Glühen.
    »Immer tust so, als wär dir das Wohl der anderen ganz wichtig, und wenn’s dann wirklich drauf ankommt, ziehst den Schwanz ein. Das ist so was von ekelhaft, das glaubst du gar nicht.«
    Fritz schmiss den letzten Brief ein, steuerte auf sein Fahrrad zu. Gisela blieb stehen, erhob die Stimme, so dass sie weithin durch die Siedlung schallte.
    »Und das mit dem Datenschutz, das ist für dich dann ja hinfällig, wenn du mit der Toten eh nix zu tun hast!«
    Fritz riss seinen Kopf herum.
    »Schrei halt noch lauter«, zischte er.
    »Noch lauter?«, schrie Gisela. »Damit’s die in Grünharding auch hören?«
    Fritz stellte schnell sein Fahrrad ab, eilte auf Gisela zu.
    »Gisela, jetzt spinn dich aus, du hängst mich ja voll hin.«
    »Erzählst du mir was, oder nicht?«, fragte Gisela mit gesenkter Stimme und eindringlichem Blick.
    Fritz schaute nervös zu Lederer, der sich im Hintergrund hielt, aber dennoch nah genug war, um alles mithören zu können. Fritz leckte sich die Lippen wie eine Eidechse.
    »Versprich mir, dass die Doris davon nix erfährt«, raunte Fritz.
    »Ich versprech gar nix. Ich kann dir nur sagen, dass wir deine Aussage vertraulich behandeln.«
    Obwohl niemand auf der Straße war, schob sich Fritz ganz nah an Gisela heran. Lederer gesellte sich dazu.
    »Ich lieb meine Frau wirklich, ich mein, du kennst sie, die ist echt ein Schatz. Die ist immer da, wenn man was braucht, eine Sozialere wie sie findest so schnell nirgends.«
    »Aber sie ist dir zu langweilig«, sagte Gisela trocken.
    »Wie kommst denn da drauf?«, sagte Fritz erschrocken.
    »Mei, man braucht euch nur anschauen, wenn ihr gemeinsam auftretet. Viel ist da nimmer zwischen euch.«
    »Das hast du gemerkt?«
    »Das merkt jeder.«
    »Oha.«
    »Ja, mei.«
    Bedrückt starrte Fritz auf seine gut gedämpften Postbotenschuhe.
    »Und deshalb sind Sie zu dieser Danijela, weil die nicht so langweilig war?«, drängelte Lederer.
    »Schon.« Fritz zuckte mit den Schultern, schaute Gisela verschämt an.
    Sie fragte nicht nach, sie wusste, er würde von sich aus die Stille füllen wollen. Sie hoffte nur, dass Lederer den Mund hielt. Für einen Moment hörte man nur einen Traktor in der Ferne und das Hupen eines Autos. Lederer schwieg, und Fritz redete. Er erzählte von den Träumen, die die junge Rumänin noch hatte, von den Reisen, die sie noch machen wollte, von dem Haus, das sie für ihre Mutter und ihre Schwester kaufen wollte, von dem Mann, den sie später heiraten wollte, und von dem Sohn, den sie haben wollte. Fritz fühlte sich davon so tief berührt, dass er weinen musste. Er sah die Realität, und er wusste, dass Danijela nicht die Chance haben würde, auch nur einen ihrer Träume je zu verwirklichen. Es sei denn, er half ihr.
    »Sie wollten ihr helfen?«, fragte Lederer verdutzt.
    »Ja.«
    »Und wie?«, fragte Gisela.
    Fritz presste die Kiefer so fest zusammen, dass Gisela die Zähne knirschen hörte. Sein flackernder Blick huschte kurz zu Lederer. Der hakte sich sofort mit einem bösen Blick ein.
    »Jede Aussageverweigerung kann als Tatverschleierung in einem brutalen Mordfall gewertet werden.«
    »Das wär kein Spaß, das kann ich dir gleich sagen«, stieß Gisela ins selbe Horn. Fritz’ Ohren färbten sich glutrot.
    »Ich … ich hab halt manchmal die Briefe von den Kreditkartenfirmen aufgemacht, wenn einer eine neue Karte gekriegt hat. Dann hab ich mir die Nummern notiert. Und dann hab ich online ab und zu ein paar Euro auf das Sparkonto meiner Oma überwiesen. Aber nur von Leuten, die’s eh nicht merken, wenn mal fünfzig Euro fehlen. Also vom Ignaz zum Beispiel. Der bescheißt das Finanzamt eh, wo’s geht, dem schadet es nicht, wenn der ein bisschen was für einen guten Zweck spendet.«
    »Das ist Betrug, mein lieber Herr Postbote, und kein Kavaliersdelikt.« Lederer blitzte Fritz aus seinen stählernen Augen missbilligend an.
    »Da ist aber dann eine andere Abteilung zuständig, nicht Sie, oder?«, fragte Gisela. Ihr Blick bat ihn, den Postboten nicht mit weiteren Äußerungen einzuschüchtern. Lederer klappte tatsächlich den Mund zu.
    »Und mit dem Geld wolltest du ihr was genau ermöglichen?« Gisela

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