Unter aller Sau
auf für andere, und du hast nix Besseres zu tun, als hintenrum den Zuckerpapa zu spielen. Von was hättst du denn die Wohnung für die Danijela gezahlt, hm? Von deinen Kreditkartenbetrügereien?«
Fritz lief rot an, schaute beschämt zu Boden.
»Was meinst du, wie lang das gutgegangen wär? Irgendwann wär dir das alles um die Ohren geflogen, und dann hättst die Scheiße gehabt. Bei dir wär’s mir wurscht, aber nicht bei der Doris.«
Gisela blickte zu Lederer, der neugierig herüberschaute. Weder ihm noch irgendjemand hinter den Gardinen blieb die Standpauke verborgen. Gisela bemühte sich um Beherrschung und eine ruhige Stimme.
»Das ist unter aller Sau, Fritz. Und dass das arme Mädchen tot ist, ist vielleicht sogar deine Schuld.«
Fritz erschrak, wurde blass.
»Was?«
»Vermutlich wurde sie von ihrem Zuhälter zu Tode geprügelt. Möglicherweise, weil sie abhauen wollte, um sich ihren Traum mit dir zu erfüllen.«
Fritz stand mit offenem Mund vor Gisela.
»Hat sie irgendwann mal erwähnt, dass sie Angst hatte, genau so was könnte passieren?« Giselas Stimme war eindringlich. »Hat sie einen Namen genannt?«
Fritz schüttelte müde den Kopf.
»Hast du jemals einen der Männer gesehen, für die sie gearbeitet hat?«
Erneut ein Kopfschütteln.
»Da war doch noch gar nix Festes vereinbart, ich hab doch noch nicht mal eine Wohnung für sie gehabt«, kam es lahm von Fritz.
»Wo warst du in der Nacht vom Zehnten auf den Elften?«
Fritz schien wie versteinert.
»Bei ihr?«
Gisela sah Fritz wanken, seine Augenlider flatterten.
»Du sagst aber niemandem was, oder?«
Gisela überhörte den besorgten Satz.
»Ist dir da etwas aufgefallen? War sie anders als sonst? Hat sie mit dir über ihre Flucht geredet?«
»Nein, gar nicht«, krächzte Fritz. »Sie war eigentlich wie immer. Ganz lustig und ein bisserl aufgedreht.«
»Aufgedreht vor Angst?«
»Nein, eher so, als hätt sie einen Schwipps. Das war ja das Schöne an ihr. Ganz anders wie die Doris.«
Gisela reichte es allmählich mit den naiven Vorstellungen des Postboten, wie die optimale Geliebte zu sein hatte. Den alten Fritz, ruhig, langsam und hilfsbereit, erkannte sie gar nicht mehr wieder. Vor ihr stand ein Lügner und Betrüger, der keinerlei Gedanken an das Opfer verschwendete, sondern nur überlegte, wie er aus dieser brenzligen Situation unbeschadet herauskam.
»Warst du der letzte Gast? Oder hatte sie nach dir noch einen Termin?«
»Ich glaub schon, weil, sie ist nicht mit mir zurückgefahren.«
»Wer das gewesen sein könnte, weißt du nicht, oder?«
Fritz schüttelte den Kopf. Gisela schnaubte unzufrieden, sie hatte gehofft, zumindest einen kleinen Hinweis auf den Täter oder den Tathergang zu bekommen.
»War’s das? Ich … ich müsst weitermachen.« Fritz formulierte den Satz so vorsichtig, als bewege er sich auf rohen Eiern. Gisela fixierte ihn aus schmalen Augen.
»Noch nicht ganz. Du kommst nach der Arbeit auf dem Revier vorbei und gibst die Aussage noch mal zu Protokoll.«
Fritz stöhnte auf.
»Aber vorher redest du mit der Doris und erzählst ihr alles.«
Der Postbote schüttelte so heftig seinen Kopf, dass sein Gesicht vor Giselas Augen verschwamm.
»Doch. Ansonsten kann’s sein, dass von deiner Aussage was durchsickert, und dann hört sie’s von anderer Seite.«
»Das ist Erpressung«, jammerte Fritz.
»Ja. Aber danach wird’s dir bessergehen.«
»Die Doris haut mich zum Teufel.«
»Kann schon sein. Konsequenzen gibt’s halt immer. Bis später.«
Sie ließ Fritz stehen. Er fluchte leise in sich hinein, schob sein Fahrrad mit einer wütenden Bewegung weiter.
Lederer sah Gisela fragend entgegen. Ihr Bericht ließ die Details über Fritzens Wunschtraum aus und beschränkte sich auf die dürftigen Fakten seines letzten Treffens mit Danijela.
Die nächsten drei Stunden verbrachten Lederer und Gisela damit, die anderen Männer auf der Liste abzuklappern. Die meisten erwischten sie bei der Arbeit, die wenigen, die in Straubing, Landshut oder Passau arbeiteten, wollten sie am Abend befragen.
Gisela war am Ende der Dorfrunde ziemlich deprimiert. Alle Befragten machten nur sehr dürftige Aussagen zu ihren Treffen mit Danijela, nichts davon war für die Ermittlungen brauchbar. Diese Tatsache war jedoch nicht der Grund für Giselas Niedergeschlagenheit, es war das Bild, das sie von den Männern bekommen hatte. Gisela hatte zwar nie gedacht, dass Niedernussdorf ein Ort von Heiligen war, aber dass es so viele
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