Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Sie selbst würde auch aufpassen müssen, dass sie keinem davon zum Opfer fiel. Ihre Aufgabe war fast erfüllt und es wäre sehr ärgerlich, wenn einer der Soldaten des Thains sie vom Pferd werfen würde. Daran, dass sie gar sterben konnte, dachte sie nicht, denn sie war schnell und behände. Ihr Pferd mochte zwar den Speeren nicht ausweichen können, aber die Anyanar war dazu sehr wohl in der Lage. Nur ein dummer Zufall könnte ihrem Leben ein Ende bereiten, dessen war sie sich sicher. Sie hatte jedoch ein gutes Gefühl bei dem Angriff und sah erst jetzt, wo sie sich schon etwas dem Heer Kelnoriens genähert hatte, dass hinter den Schlachtreihen des Feindes noch weitere Bataillone standen. Diese waren sicher dafür da, eventuelle Lücken zu schließen. Whendas Stimmung hob sich etwas. Dies war genau die falsche Taktik, um den Reitern beizukommen. Der Thain hatte seine Männer, wenn er denn wirklich dort im Lager war, falsch aufgestellt, um ein Reiterheer aufzuhalten. Zu schnell würden sie die ersten Reihen durchbrochen haben, als dass die Verstärkungen noch die Lücken zu füllen vermöchten. Auch war das Heer des Thains so aufgestellt, dass es sie überflügeln konnte. Dadurch waren die Reihen jedoch nicht tief genug gestaffelt, um ihrem Ansturm zu widerstehen. Die Schlachtlinie des Feindes war zu lang und die Reihen nicht tief genug. Bei ihrer Einschätzung der Lage erkannte sie, dass der Feind seine Männer mindestens doppelt so tief hätte aufstellen können, wenn er es gewollt hätte, womit eine große Gefahr verbunden gewesen wäre. Doch so, wie die Dinge nun lagen, konnte eigentlich nicht viel passieren. Ihre Reiter würden alleine schon durch die schiere Wucht des Aufpralls der Pferde die Reihen des Feindes durchbrechen, so viel war sicher. Whenda schaute ein letztes Mal zurück zu den Alten in den Schlachtreihen. Sie hielten die Formation tadellos aufrecht, als wenn sie dies ihr Leben lang geübt hätten. Die Stelle, an der Whenda auf die feindliche Schlachtreihe treffen würde, war nun gut zu erkennen. Sie sah dort auch nur zwei mit Speeren bewaffnete Soldaten Kelnoriens die ihr gefährlich werden konnten. Den einen Speer wollte sie entzweihauen, während sie dem anderen auswich. Dies erschien ihr als eine gute Lösung. Menschen änderten ihr Verhalten selten im Angesicht eines solchen Ereignisses, wie es nun bevorstand. Die Speerträger richteten ihre Speere außerdem gegen sie und nicht gegen ihr Pferd. Das war dumm, aber gut für die Anyanar. Whenda erkannte jedoch, dass die se Männer hier nicht im letzten Augenblick zu fliehen versuchen würden. Sie würden dieses Mal kämpfen. Schon die Haltung der Feinde war entschlossener und wirkte nicht so kraftlos wie bei den Soldaten des Thains von Fengol, deren Angst vor dem Reiterheer man fast zu riechen glaubte. Whenda war nur ungefähr drei Pferdelängen vor ihrer ersten Schlachtreihe und aus den Augenwinkeln erkannte sie Turgos, der sich langsam etwas zurückfallen ließ. Die Schlachtreihen waren jedoch so dicht geschlossen, dass es ihm nicht gelingen würde sich weiter zurückzuhalten. Das große Banner des Fürstenhauses flatterte hoch über den Angreifern und gab ihnen Mut. Sie konnte bereits die ersten Gesichter der Verteidiger erkennen, denn die meisten der Männer Kelnoriens trugen keinen Kopfschutz und wenn, dann nur einen ledernen. Ihre letzten Gedanken vor dem Aufprall galten ihrem Pferd. Sie hatte das Glück, dass der zweite Speerträger, den sie als unmittelbare Bedrohung ins Auge gefasst hatte, sich einem anderen Ziel zuwandte. Dann kam der Aufprall. Den Speer, der gegen sie gerichtet war, schlug sie, wie vorgesehen, entzwei und spürte nur, wie die abgebrochene Spitze gegen ihr rechtes Bein fiel. Sie verletzte sie jedoch nicht. Die Pferde waren gut trainiert und scheuten sich nicht, in die Wand aus menschlichen Leibern zu laufen. Whenda wusste nicht, wie ihr geschah, so schnell war sie durch die Reihen der Feinde gebrochen. Hinter sich hörte sie den Aufprall ihrer Reiter, die wie sie die Reihen der Feinde durchdrangen. Der Thain von Kelnorien traute seinen Augen nicht. Die Reihen der Pferde schienen seine Linien einfach unter ihren Hufen zu zermalmen. Es war, als ob dort nie Soldaten gestanden hätten, die versuchten, sich den Reitern entgegenzustemmen.
Neben ihm kreischte der Thain von Fengol: »Siehst du, siehst du, ich habe es dir ja gesagt, gesagt.«
Die Worte dieses Feiglings gingen im Lärm des Gefechts unter. Die Reiter machten
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