Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
heutigen Tage ihre letzte Ruhe in den Totenhäusern finden. Turgos wollte gerne dabei sein, wenn diese Menschen in die Mauern der Häuser zu ihrer letzten Ruhe gebettet wurden, hatte er Whenda gesagt. Jetzt war es soweit, sie sahen an der Straße, die nordwestlich an den Kasernen vorbeiführte, die ersten der geschmückten Bahren, auf denen die Toten getragen wurden. Turgos verabschiedete sich von der Anyanar, die ihn auf diesem Wege nicht begleiten mochte. Wenn die Begräbnisfeiern vorüber waren, sollte am nächsten Tage das große Siegesfest auf dem Hauptplatz des Falkensteins vor der großen Zitadelle begangen werden.
Whenda hatte beschlossen, erst nach dem Fest ihren Herrschaftsanspruch über die Xenorier geltend zu machen, wie es das alte Recht Fengols von ihr forderte. Als Turgos sie verlassen hatte, war plötzlich Mago neben sie getreten. Der Anführer der Xenorier, dessen Amt sie beanspruchte, war jedoch in keiner Weise verärgert oder gar missgelaunt, wie sie freudig feststellte. Überhaupt verhielt er sich ihr gegenüber sehr korrekt und hatte nur in der Behandlung der Gefangenen eine andere Meinung als sie selbst gehabt. Das musste sie ihm zugestehen. Sie kannte die Menschen leider etwas anders und hatte deshalb Vorbehalte gegen seine Beweggründe gehabt.
»Ich werde mich deinem Entschluss, was die Gefangenen betrifft, beugen, Statthalterin«, sagte er nun grußlos.
Whenda nickte nur und sah ihn an. Es war wirklich keine Falschheit oder gar böse Absicht in seinen Zügen für sie zu erkennen. Diese Entscheidung Magos schien ihr die Einschätzung Eflohrs über den Mann zu bekräftigen. Ein Lächeln, das sicher angebracht wäre, konnte sie sich jedoch nicht abringen. Es entstand ein Augenblick des Schweigens zwischen den Obersten der Xenorier, doch niemandem fiel dies weiter auf, der sie beobachtete. Und es war viel Volk unterwegs, das zu ihnen herüberblickte.
»Wie willst du mit ihnen verfahren, Herrin?«, fragte Mago. Whenda wusste es selbst noch nicht, aber sie wollte sich in diesem Augenblick, in dem das Leben oder Sterben so vieler in ihrer Hand lag, auch nicht entscheiden. Darüber musste sie sorgfältig nachdenken.
»Wir besprechen dies nach dem Fest, am morgigen Tag«, beschied sie Mago. Er hatte sie Herrin genannt. Dies war ein gutes Zeichen. Auch sein Auftreten ihr gegenüber war nicht mehr so herrisch wie noch am Hildring, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Man konnte fast sagen, dass der Mann ein Quäntchen Demut zeigte. Sicher, es mochte ihm noch schwerfallen, nun jemanden über sich zu wissen, dem er sich unterzuordnen hatte, aber es sah so aus, als würde sich dies geben. Zumindest gab er sich selbst etwas Mühe, nicht allzu herrisch zu wirken. Whenda wollte den Mann nicht wie einen Diener entlassen und ihm sagen, dass er sich entfernen durfte. Sie wusste genau, dass dies seinen Stolz unnötig verletzen würde. Aber Mago stellte eine weitere Frage an sie und so war die Situation gerettet.
»Eflohr hat mir berichtet, dass du eines jener sagenhaften Schwerter besitzt, von denen die Bilder aus alter Zeit an den Wänden der Zitadelle künden. Ist das wahr?«, wollte er wissen.
Ohne ein Wort zu sagen, zog sie ihr Schwert aus der Scheide und hielt es ihm, den Griff voran, hin. »Sieh selbst.«
Mago blickte erstaunt auf die grau schimmernde Klinge. Es sah für Whenda jedoch so aus, als ob er es nicht wagen wollte, das Schwert zu berühren. Mago erkannte, dass nicht nur die Klinge grau schimmerte, auch der Rest des Schwertes hatte diese Färbung, allerdings war sie dort schwächer ausgeprägt und erst auf den zweiten Blick erkennbar.
»N imm es ruhig einmal in die Hand«, forderte sie den staunenden Mann auf. Zögerlich griff Mago zu. Er war verwundert, wie leicht das Schwert war, und sah an dessen Klinge entlang, bevor er es in seiner rechten Hand abschätzend wog und kurze Bewegungen damit ausführte.
»Schneidet es wirklich herkömmlichen Stahl?«
»Ja, es sei denn, dieser ist von außerordentlicher Güte und zu oft gefaltet, als dass es ihn zu durchdringen vermag.«
Mago nickte, um ihr zu bestätigen, dass er ihren Worten Glauben schenkte. »Eine wunderbare Waffe ist das«, sagte er anerkennend. »Ist das Gewicht nicht ein Problem im Kampf, es ist sehr leicht?«
Whenda wusste, was er damit meinte. Einem Schwert oder einer Axt, die zu leicht war, mangelte es deswegen an der Durchdringungskraft, die schwerere Waffen im Allgemeinen besaßen.
»Nein, die Schärfe der Schneide
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