Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
des Einen auferlegt war. Sie mussten wahrhaftig leben. Doch der Alkohol ließ ihre Zunge immer mehr Kapriolen schlagen und bald bekam sie kein Wort mehr heraus. Turgos, der mehr von diesem Gebräu zu vertragen schien als Whenda, gab es dann auf, ihr noch weitere Fragen zu stellen. Whenda schlief rasch ein und Turgos hielt sich noch weiter an seinen Krug, bis auch er trunken von dem Schnaps und den Anstrengungen des vorangegangenen Tages schließlich eingeschlafen war. Sie hatten Glück, dass sie niemand verfolgt hatte oder ihnen auflauerte. Denn Turgos schnarchte laut in dieser Nacht und keiner der beiden Schlafenden wäre erwacht und hätte sich nähernde Feinde bemerken können.
Xenorien
28. Tag des 6. Monats 2515
Es war am frühen Nachmittag, als Turgos und Whenda jenen Ort erreichten, an dem der Mandanor seinen Ursprung nahm. Whenda schätzte, dass die Bäche, die hier in den westlichen Bergen entsprangen, mindestens sechs an der Zahl sein mussten. Es war schwer abzuschätzen, denn das Land, durch das sie sich schlängelten, war unübersichtlich und mit vielen Felsen durchsetzt, die einen klaren Blick darauf verwehrten. Wie sie hörten, musste die Stadt Lahrewan gleich hinter den Bächen zu finden sein. Jene, die ihnen davon in Idumarn berichtet hatten, waren jedoch selbst nie hier gewesen und stützten ihre Wegbeschreibungen wiederum auf die Erzählungen von anderen Reisenden, die auch nie hier gewesen waren. Whenda glaubte gar, dass man bald den Falkenstein selbst sehen könne, denn ihr wurde das Land vertraut und sie erinnerte sich daran. Sie meinte auch, dass sie sich besser näher zu den Bergen hin halten sollten, da sie in den Wiesenlanden Xenoriens zu leicht auszumachen waren. Am Morgen hatten sie fast keine toten Soldaten aus Elborgan mehr gesehen. Seit einigen Stunden schon waren sie in einem Gebiet, das die Truppen Elborgans wahrscheinlich nie erreicht hatten. Keine sichtbare Kampfhandlung hatte hier stattgefunden und alles war ruhig.
Aber es war zu ruhig. Whenda war sich fast sicher, dass sie beobachtet wurden. Doch der oder die Beobachter waren gut versteckt und gaben sich nicht zu erkennen. Als sie dann den letzten der Bäche, die sich etwas weiter östlich zum Mandanor vereinigten, überquert hatten, waren sie ganz in Xenorien. Im Land der Rebellen. Und dann sah sie sie. In weiter Ferne erkannte sie einen roten Punkt in den Bergen: die Spitze der großen Zitadelle vom Falkenstein. Ein Schauer der Erregung durchzog Whenda. Als sie stehen blieb, den Blick nach Norden gerichtet, hielt auch Turgos an, der weit hinter ihr ging, und folgte mit seinen Augen der Blickrichtung seiner Gefährtin. Er erkannte auch etwas in den Bergen, war sich jedoch nicht sicher, um was es sich dabei handelte. Er schloss entgegen ihrer Absprache zu Whenda hin auf und stellte sich neben sie.
»Dort ist das Ziel unserer Reise.« Sie deutete mit der Hand in die Ferne, Turgos war sich jetzt sicher, dass es sich dort um das Dach eines Turmes handeln musste. Whenda bestätigte ihm dies. »Die Festung ist noch weit und auch am morgigen Tage werden wir sie nicht erreichen«, sagte Whenda. Wenn sie so weit entfernt ist dann musste das Dach, das sie sahen, wohl sehr groß sein. Turgos wunderte sich. Zwei Tage war etwas in Sicht und doch nicht erreichbar? Er sah noch einmal hin, um sich zu vergewissern, dass ihn seine Augen nicht trogen. Doch unbestreitbar war dort in den Bergen etwas zu erkennen, das nicht natürlichen Ursprungs war. Es war zu gerade, als dass es die Berge selbst hervorgebracht haben konnten. Noch während sie dort hinaufschauten, bemerkte Whenda, dass keine Falken mehr in den Bergen ihre Kreise zogen.
»Diese Berge hier«, sagte sie zu Turgos, »wurden einst die Falkenberge genannt. Doch ich sehe nicht einen dieser Vögel hier oben in den Lüften. Früher waren hier viele, die auf der Jagd nach Beute ihre Kreise zogen.« Dann besah sie sich ihr Umland und entschied, dass sie zuerst nach Osten gehen mussten, denn im Nordwesten waren die Berge sehr schlecht zu passieren. Whenda ging los und Turgos folgte ihr. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als in die Wiesenlande von Xenorien hineinzugehen. Zumindest an deren westlichem Rand wollte Whenda weiter gen Norden marschieren. Da sie nun nicht mehr ihre Formation aufrechterhielten wie am Tage zuvor, konnte Turgos mit ihr sprechen. Ihn schmerzte allerdings immer noch der Kopf von dem Schnaps, sie hatten zusammen den restlichen Krug geleert.
»Dieses
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