Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
jemand denken, dass du ihren Namen für mich herausfinden sollst?
»Ja, Herrin.«
Damit war alles gesagt. Sie hatte sie zwar nicht ausdrücklich verraten. Doch es war heraus und sicher würde bald der ganze Palast darüber sprechen. Valralka überlegte wieder. Die Anspielung auf die Nornen wollte nichts Gutes verheißen.
»Leanda, du gehst sofort in die Gärten zurück und bringst mir alle, die dort etwas von dem Sämling wissen, hierher.« Jeden, der auch nur ahnen mochte, um was es ging, wollte sie sehen.
Ohne ein weiteres Wort und nur mit einer erleichterten Verbeugung verließ die Gärtnerin die Räume der Königin. Valralka informierte eine ihrer Wachen, dass sie die Gärtner einlassen sollten, wenn sie kämen, und begab sich, gefolgt von den anderen, in den Thronsaal. Die Besprechung mit Nerija, die um diese Stunde angesetzt war, wollte sie nicht verschieben. Es gab zwar nichts Wichtiges mit der Kanzlerin zu besprechen, soweit sie wusste, doch wollte sie Nerija nicht argwöhnisch machen, indem sie den Termin verschob oder gar absagte. Als sie zurück war, musste sie fast lachen. Neun der Palastgärtner hatten sich in ihrem Arbeitszimmer eingefunden und warteten auf sie. Für eine Königin war es also unmöglich, etwas geheim zu halten. Wusste auch nur ein anderer davon, so war es heraus, und alle Geheimhaltung musste scheitern. Der älteste der Gärtner war ein Anyanar, der in den frühen Tagen Ilvaleriens geboren worden war. Ein auf Alatha oder gar Erstgeborener war jedoch nicht unter den Versammelten.
Valralka zeigte nun allen ihren Sämling und sie unterzogen ihn ihrem kritischen Blick. Doch keiner wusste so recht etwas zu sagen. Nur hier und da gab es ferne Ähnlichkeiten mit anderen Pflanzen, die sie zu erkennen glaubten. Letztendlich kamen sie jedoch zu keinem Schluss und es blieb offen, zu welcher Gattung der Sämling gehörte. Der älteste der Gärtner wies Valralka noch einmal darauf hin, dass nicht nur die weißen Mächte Pflanzen erschaffen hatten, die in der Welt ihren Platz gefunden hätten. Auch das Gift, das Enorna seit Jahrtausenden in einem todesähnlichen Schlafe hielt, war der dunklen Macht Uluzefars zugesprochen worden. Und die Gifthexe Taniah, welche von Norna gut beschrieben worden war, war ihnen allen ein Begriff. Sie war es auch, die mit einem vergifteten Pfeil dem Fürsten von Fengol fast das Leben genommen hatte, als dieser die Minen von Erigund verteidigt hatte. Er gemahnte sie zur Vorsicht, was den Sämling betraf. Leanda schien dies das Leben zu erleichtern. Nun war es nicht mehr sie, die die Warnung aussprach, sondern das Kollektiv der Gärtner. Denn alle waren der Meinung des Ältesten. Sie wollten sich zwar nicht darauf festlegen, dass der Sämling von einer dunklen Macht berührt worden war. Aber die Möglichkeit bestand und diese galt es entsprechend zu würdigen. Valralka würde sich an den Rat der Gärtner halten und den Sämling weder anfassen noch selbst versorgen. Diese Aufgabe sollte Leanda für sie übernehmen.
»Bis wir genau wissen, mit was wir es zu tun haben, will ich, dass keiner von euch hier, mit anderen, und damit meine ich jeden, der jetzt nicht in diesem Raume anwesend ist, über den Sämling spricht«, befahl Valralka. »Habt ihr mich verstanden?« Doch das genügte ihr diesmal nicht. Sie wollte es nicht mehr dulden, dass ihre Befehle nicht ausgeführt wurden. Leanda hatte den anderen Gärtnern zwar nichts gesagt, aber dennoch hatten sie das nötige Wissen durch eigenes Kombinieren erlangt. Das durfte nicht sein. »Erfahre ich von irgendwoher, dass über den Sämling mit jemand anderem als einer Person aus dieser Runde gesprochen wurde, so werde ich dies als Hochverrat betrachten.«
Die Gärtner wurden noch ruhiger, als sie es sowieso schon waren.
»Ihr wisst, was das heißt?«
Stummes Nicken bedeutete ihr, dass sie verstanden hatten. Valralka entließ die Frauen und Männer und war dann wieder alleine im Raum. Zuerst dachte sie, dass sie um der Pflanze willen doch etwas überreagiert hatte. Doch nach und nach festigte sich ihre Entscheidung und sie wusste, sie hatte mit ihren harten Worten recht getan. Es ging ihr nun wirklich in erster Linie nicht um die Pflanze, sondern einfach darum, dass ihre Befehle ausgeführt wurden. Aber trotzdem konnte sie sich des schleichenden Gefühls nicht erwehren, dass dieser Sämling der einzige Freund in der Welt war, den sie noch hatte. Sie wollte ihn nicht mit Tankrond gleichsetzen, er war ja nur eine Pflanze. Aber
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