Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
hitzköpfigen Männer, denen sie schon des Öfteren begegnet war. Oft war es dieser Menschenschlag, der es im Kriegsdienst weit brachte. Er war zwar gut dafür geeignet, einen schnellen Angriff zu führen, die Verwaltung eines Sieges fiel ihm jedoch meistens schwer. Die Hitzköpfigen waren auch meist nicht in der Lage oder gar willens, die größeren Zusammenhänge zu erkennen und einen Feldzug sicher zu Ende zu führen. Dieser Temlas schien jedoch ein überlegter Mann zu sein, der nichts von vorschnellem Handeln hielt. Auch die Frau machte einen ausgeglichenen Eindruck. Die Auswahl dieser Menschen warf ein gutes Bild auf Mago. Und sein Land machte auch einen guten Eindruck. Die Soldaten mochten zwar etwas wild ausgesehen haben, doch waren sie sehr diszipliniert gewesen und wussten, was ihre Anführer von ihnen verlangten.
Als sie sich weiter der Stadt näherten, dachte Whenda zuerst, dass diese einen Holzzaun zum Schutze hatte. Doch ihr erster Blick täuschte sie. Nur im unteren Drittel bestand die Wehr aus Holz. Darüber war sie aus Stein. So wie es aussah, war das Holz nur zum Schutze der Mauern dort angebracht. Dies würde sicher viele Rammen aufhalten, mit denen man versuchen konnte, die Mauern zum Einsturz zu bringen. Das Holz nahm dann die Wucht der stählernen Pendel auf und absorbierte sie. Die Stadt war in die Felsen hinein errichtet. Dies verhinderte, dass man die Mauern untergraben konnte. Ob deren Erbauer daran gedacht hatten, war jedoch fraglich. Die meisten Städte entstanden einfach, weil sich immer mehr Menschen dort ansiedelten und nicht, weil sie zu irgendwelchen Verteidigungszwecken angelegt wurden. Der Ort musste den Menschen dienen und sie ernähren. Dies war vorrangig. Alles weitere ergab sich dann daraus und musste nachträglich bereitet werden.
Das Land hier war jedoch vorzüglich zur Bestellung geeignet. Sicher lebte es sich gut hier. Whenda hoffte, dass sie bald mehr über die Menschen hier erfahren würde. Aber am meisten interessierte sie, wie sich diese ihren Dienst am Fürstenhaus von Fengol vorstellten. Denn vielleicht passte dies ja genau in ihre Pläne. Sie war auf einmal wieder voller Tatendrang und zuversichtlich. Sollte ihr Auftrag doch nicht ins Leere laufen? Fand sie hier die Verbündeten, die sie suchte? Wie Schwarzenberg schien dieses Land sehr wehrhaft zu sein. Und es herrschten Recht und Ordnung, wie man allenthalben erkennen konnte. Die Menschen, die sie auf dem Weg in die Stadt angetroffen hatten, waren freundlich und grüßten zu ihnen herüber, manche lachten sogar dabei. Es war also kein Zwang nötig, sie hier festzuhalten, sie schienen aus freien Stücken hier zu leben. Ob sie und Turgos das auch durften, würde dieser Tag noch zeigen müssen.
Sie wurden in einem kasernenartigen Gebäude untergebracht, welches über drei Stockwerke verfügte. Da sie als Ehepaar reisten, erhielten sie auch nur einen Raum. Er war zwar karg eingerichtet, jedoch sehr sauber und die Holzböden waren frisch gewachst, wie man gut riechen konnte. Whenda fand den Ausblick aus dem Fenster sehr gut. Er ging direkt auf die Straße, von der sie auch gekommen waren. Die meisten Häuser waren im Holzriegelbau errichtet und wirkten, als ob sie schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hatten, wie man es bei den Menschen nannte.
Temlas, der anscheinend auch in diesem Haus wohnte, sahen sie an diesem Tage nicht mehr. Runa jedoch bewirtete sie abends bei sich zu Hause. Whenda und Turgos durften sich in der Stadt zwar frei bewegen, es war ihnen jedoch untersagt, sie zu verlassen, bis Mago zurück war, der dann über sie entscheiden sollte. Runa schien besorgt zu sein. Der Grund ihrer Sorge mochte auch dafür verantwortlich sein, dass Temlas, der anscheinend nicht ihr Gatte war, nicht anwesend war. Das Essen in ihrem Haus verlief sehr wortkarg, nur die Tochter der Frau wollte einiges über den Süden und Schwarzenberg von ihren Besuchern in Erfahrung bringen. Als ein Bote kam und Runa ein Schreiben brachte, bat diese, sie zu entschuldigen. Daraufhin wurden sie von ihren Bewachern zurück in das kasernenartige Gebäude geführt. Die Männer wünschten ihnen eine gute Nacht und sagten, dass sie direkt in den Räumen nebenan schliefen. Wenn Turgos und Whenda etwas brauchten, sollten sie sich nicht scheuen, sie zu wecken. Auch wenn sie das Haus verlassen wollten, sollten sie sie bitte rufen.
Als sie alleine waren meinte Turgos: »Wie eine Gefangenschaft sieht mir das hier nicht gerade aus.«
Whenda konnte
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