Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
verabschiedeten sich und verließen den Raum. Ein weiterer Mann begegnete ihnen im Gang. Auch dieser schien es eilig zu haben und verschwand im Zimmer des Verwalters.
Als sie wieder draußen vor der Tür des Gebäudes standen, war von ihrem Bewacher nichts mehr zu sehen. Was hatte das denn zu bedeuten? Da sie nicht wussten, was sie machen sollten, beschlossen sie, zum Haus Runas zu gehen. Denn auch wenn die Frau nicht da war, so rechneten sie doch damit, deren Tochter dort anzutreffen. Sie wusste vielleicht mehr über das Schlachtenglück der Xenorier zu berichten, als es der Verwalter tun wollte. Whenda und Turgos unterstellten dem Mann zwar keine Unredlichkeit, doch war es nicht sicher, dass er ihnen alles erzählt hatte, was er wusste. Als sie das Haus Runas erreichten, war deren Tochter tatsächlich anwesend und bat sie herein. Ihre Version der Geschehnisse war eine andere als die des Verwalters. Nach den Aussagen der jungen Frau war das Heer von Lahrewan auf dem Rückzug. Es hatte eine Schlacht verloren und ihre Mutter musste mit allen verbliebenen Soldaten Mago zu Hilfe eilen. Viele Tote habe es gegeben. Genaue Zahlen wusste sie jedoch nicht zu sagen. Das Heer Magos sei mindestens 15.000 Männer und Frauen stark gewesen. Auch ihr Ehemann und zwei ihrer Brüder wären bei Mago gewesen. Sie machte sich große Sorgen um deren Wohlergehen. Wo das Heer nun stand und wohin es sich zurückgezogen hatte, wusste sie jedoch auch nicht zu sagen.
Whenda und Turgos verließen das Haus Runas und suchten nach einer Schenke. Sie fanden zwei, diese waren jedoch geschlossen und wenige Menschen waren auf den Straßen der Stadt zu sehen. Als sie dann wieder vor dem Haus standen, in dem sie untergebracht waren, trafen sie auch auf ihren Bewacher, der sie inzwischen gesucht hatte.
»Sagt bitte niemandem, dass ich euch verloren habe«, bat er sie und bot sich an, ihnen eine Schenke zu zeigen, die sicher geöffnet war. Aber auch dort hatten sie kein Glück und mussten wieder von dannen ziehen. Sie besichtigten danach noch die Stadt und ihre Befestigungsanlagen und kehrten schließlich in ihr Zimmer zurück. Es war nun später Nachmittag und Turgos legte sich auf das große Bett und sah zur Decke. Whenda stand am Fenster und schaute auf die menschenleere Straße hinunter.
»Hoffentlich unterliegt das Heer Magos nicht den Thainen«, sagte Turgos. »Denn die Menschen hier machen mir einen ganz passablen Eindruck und es wäre schade, wenn dies alles ein Ende haben sollte.«
Whenda nickte nur zustimmend, sah sich jedoch nicht zu ihm um. »Ist dir eigentlich aufgefallen, dass es hier in der Stadt keine alten Leute gibt?«
Turgos dachte nach. »Hmm«, machte er dann. Denn er wusste nicht zu sagen, ob ihm dies aufgefallen war oder nicht. Aber jetzt, wo er darüber nachdachte, glaubte auch er, dass Whenda mit ihrer Beobachtung Recht haben konnte.
»Was hat dies zu bedeuten?«, fragte sie mehr sich selbst als Turgos.
»Frag doch unseren Bewacher«, schlug dieser vor und Whenda folgte sogleich seinen Worten und verließ das Zimmer. Turgos blieb auf dem Bett liegen, denn er war einfach zu faul, jetzt aufzustehen. Whenda würde ihm später sicher berichten, was sie in Erfahrung gebracht hatte.
Als Whenda das Zimmer betrat, in dem ihr Bewacher zu wohnen schien, war er nicht da und die Türe stand offen. Als sie gerade wieder gehen wollte, kam er jedoch den Gang entlang.
»Wie kann ich dienen, hohe Frau?«, fragte er sogleich.
Whenda wunderte sich über diese Anrede und auch der Mann erschrak etwas über sich selbst. Doch schnell hatte er sich wieder im Griff.
»Wie heißt du eigentlich?«, wollte sie nun zuerst von ihm wissen, »wir wurden einander bisher nicht vorgestellt, also müssen wir dies wohl selbst übernehmen.«
»Ich bin Humir«, stellte er sich ihr vor.
»Meinen Namen kennst du ja schon«, entgegnete sie freundlich. »Ich habe da eine Frage, edler Humir.«
Der Mann fühlte sich durch diese Anrede geschmeichelt und wurde fast etwas verlegen. »Wenn ich sie dir beantworten kann, will ich dies gerne tun.«
»Wir haben in eurer Stadt bisher keine alten Menschen angetroffen, hat dies einen bestimmten Grund?«
Er antwortete ihr sofort: »Ja, den hat es. Alle Menschen in Xenorien gehen, wenn sie ihr sechzigstes Lebensjahr erreichen, zum Falkenstein und bleiben dann dort. Also, sie nehmen dann dort ihren Wohnsitz«, fügte er noch hinzu.
Whenda schaute ihn verwundert an und er sah sich gefordert, ihr dieses Verhalten seines
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