Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
fassungslos über diesen Vorschlag. Dann jedoch stellte er sich vehement dagegen. Er vertrat die Auffassung, dass die Alten gar nicht in der Lage waren zu kämpfen und sie den Schutz der Kinder als höchste Priorität haben sollten. Denn wenn auch alles verloren schien, so war es immer noch möglich, dass dort oben am Falkenstein neue Generationen von Kriegern heranwuchsen. Wenn die Kinder erst in der Sicherheit der Festung waren, konnten sie unter Umständen in späteren Jahren, oder auch erst in späteren Generationen, ihre Feinde besiegen und Fengol wieder zu seinem alten Glanz und Recht verhelfen. Mochte es auch lange dauern, es wäre ihm egal. Wenn sie jetzt jedoch unüberlegt und vorschnell handelten und die Alten nicht in der Lage waren, die Kinder in der Festung zu verteidigen, dann war auch für die Zukunft alles verloren. Als Whenda beteuerte, dass deren Mauern so stark waren, das ihre Feinde sie niemals bezwingen könnten, horchte der Verwalter auf. Das Wissen, das Whenda hierüber zu haben schien, wurde ihm unheimlich. Da er nicht nachgab und auch weiterhin nichts von ihren Plänen wissen wollte, gab sie sich schließlich als Statthalterin Fengols zu erkennen und forderte von Eflohr uneingeschränkte Treue. Laut, ja fast dröhnend und gebieterisch, war ihm ihre Stimme noch in den Ohren, mit der sie den Mann vor sich auf die Knie zwang. Denn es geschah tatsächlich, der Verwalter unterwarf sich Whenda, als er sie als das anerkannte, was sie war: die Statthalterin des Fürstenhauses von Fengol. Sie sagte dem erstaunten Mann, dass es nach ihrer Einschätzung keine weitere Möglichkeit als diese gäbe, dass sich Fengol noch einmal erheben konnte.
»Was wir heute hier nicht tun, wird nie mehr getan werden, noch wird sich dein Volk noch einmal erheben können Eflohr. Jetzt ist die Stunde dafür gekommen!«, donnerte Whenda dem Mann entgegen. »Alles steht gegen euch, gehet hin und ziehet ins Licht oder vergeht wie die Blätter im Herbst, die der Wind an Orte trägt, an denen sie wieder eins werden mit der Natur, aus der sie geschaffen. Orte jedoch, die niemand kennt und von denen auch niemand je Kunde haben wird. Denn es ist dem Lauf der Dinge egal, was aus ihnen geworden ist.«
Was Turgos nicht für möglich gehalten hatte geschah. Eflohr kniete vor Whenda nieder und erkannte ihre Befehlsgewalt an. Diese zog ihr Schwert und schlug den Mann zum Ritter Fengols. In jenem Moment kniete sich auch Turgos vor sie hin.
Ohne zu zögern bestätigte sie ihn mit den Worten »Erhebe auch du dich, Baron von Schwarzenberg, und diene treu jenem Hause, das schon immer über dir stand und dessen Lehnsmann du bist, auch wenn du es nie gekannt hast. Denn im Westen sollen nur die Fürsten von Fengol herrschen und alle, die es an ihrer statt tun, sollen nur in ihrem Namen und zu ihrem Rechte über die Lehen gebieten, in denen sie sich Herren nennen dürfen.«
Ihre Worte waren so klar und unmissverständlich, dass sich Turgos noch immer wunderte, dass er sich sogar gut dabei gefühlt hatte, als er zum Lehensmann Fengols ernannt worden war. Nie hätte er sich vorstellen können, einen Oberherrn über Schwarzenberg oder gar sich selbst anerkennen zu können. Doch nun war es geschehen. Er hatte sich damit sogar formal der Statthalterin unterstellt und war ihr zu Diensten verpflichtet. Während er hinter Whenda herging, wurde ihm immer klarer, was er getan hatte. Er wusste jedoch im tiefsten Inneren seines Herzens, dass es das Richtige war. Schon als Whenda mit Humir das Haus des Verwalters verlassen hatte, ahnte Turgos, dass die Welt für ihn nun eine andere sein würde als zuvor. Der Blick Whendas verriet es ihm. Von der Frau schien fast ein Strahlen auszugehen und Humir, der ihr folgte, schien mehr ihr Gefolgsmann zu sein als einer Lahrewans.
Turgos sah sich um und seine Augen suchten Humir. Doch hinter den vielen Frauen und Kindern, die ihnen folgten, konnte er ihn nicht erkennen. Er musste noch etwas weiter zurückgefallen sein. Gerne hätte er ihn danach gefragt, was Whenda weiter geplant hatte. Denn so, wie die Dinge jetzt standen, wollte er sie nicht nach ihren Plänen fragen. Er war nun nicht mehr ihr Reisegefährte, sondern ihr Gefolgsmann. Als solcher wollte er sich auch verhalten. Wie hatte er je denken können, dass er im Range über dieser Frau stand, die nun stolz vor ihm einherging? Nicht dass sie herablassend war oder dies vielleicht jetzt, wo die Fronten geklärt waren, irgendwann sein würde. Eigentlich war
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