Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Schwert gesehen hatte. Die Behauptung Humirs, dass er sie auf dem Fresko in der großen Halle erkannt hatte, tat ihr übriges.
Nun wollte sie den Zug noch einmal rasten lassen, bevor es weiterging. Viele dankten es ihr, ohne zu ahnen, dass Whenda einen genauen Zeitplan einhalten wollte, der es leider auch vorsah, dass sie am Abend länger marschieren würden als am Vortag. Sie kamen einfach zu langsam voran. Als sie wieder aufbrachen, dauerte es nicht lange und die Müdigkeit kehrte in die Glieder der Marschierenden zurück. Whenda drängte jedoch allerorts zur Eile und ging ständig den ganzen Zug auf und ab, um den Frauen und Kindern Mut zuzusprechen und sie zu schnellerem Gehen zu ermutigen.
Turgos und Humir folgten ihrem Beispiel. Aber dann wurde Turgos von der Brüstung einer gewaltigen weißen Mauer abgelenkt, die ständig seinen Blick auf sich zog. Er erblickte den großen Verteidigungswall des Falkensteins, der zwar noch in weiter Ferne lag, doch die Ausmaße der Festung wurden ihm langsam gewahr. Sie spotteten jeder Beschreibung, die er bisher erhalten hatte. Er konnte nicht glauben, was er da in der Ferne sehen konnte. Es war ihm durchaus bewusst gewesen, dass Whenda nicht zu Übertreibungen neigte, und diese hatte die Festung als überaus groß bezeichnet. Sogar im Vergleich zur Schlossfestung des Idensteins hatte sie nur gesagt, dass diese einem Vergleich mit dem Falkenstein nicht standhalten konnte. Aber was er hier erblickte, war in seinen Ausmaßen wirklich gewaltig, und nie hätte er geglaubt, dass Menschen zu so einer Leistung fähig waren, hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen. Als sie abends an der Straße lagerten, konnte er sich noch immer nicht an den in der Abendsonne rot leuchtenden weißen Gebäuden sattsehen, die er in der nun nicht mehr so fernen Höhe erblickte. Er erkannte die vielen Gebäude, die hinter der Trutzmauer lagen, deren Grund er immer noch nicht sehen konnte, die jedoch inzwischen in seinem Sichtbereich schon so hoch emporragte, dass ihn schon die Höhenangst ergriff, wenn er nur daran dachte, einmal dort oben von ihren Zinnen herabzusehen. Nicht eine einzige Öffnung gab es in der gewaltigen Wand aus glatt behauenem weißem Stein, die dort aufragte. Kein Schlupf oder Aussichtsfenster schien sie zu durchbrechen und ihre Gesamtheit zu stören, die sich von hier aus dem Betrachter bot. Whenda bestätigte seine Vermutung, dass tatsächlich die ganze Mauer keine Öffnung hatte bis hinauf an die Zinnen. Er wollte sich überhaupt nicht vorstellen, wie viele Männer wie viele Jahre in den Steinbrüchen verbracht haben mussten, um eine solche Masse an Steinen zu brechen, mit der diese Mauer errichtet worden war. Aber auch die Gebäude dahinter waren nicht aus Holz, sondern aus denselben weißen Steinen wie die Mauer errichtet, wie er zu erkennen glaubte. Als die Kinder ruhiger wurden und auch schon die meisten Frauen eingeschlafen waren, klärte ihn Whenda auf, dass der Steinbruch, aus dem die Steine zum Bau des Falkensteins entnommen worden waren, genau dort lag, wo er nun die Festung erblickte. Alle Steine, die hier geschlagen worden waren, mussten zuerst hinunter fast bis zu jenem Ort gebracht werden, den man noch heute die Granitliegen nannte. Die Wehrmauer selbst war aus einem Guss. Die Baumeister in den alten Tagen Fengols hatten die abgetragenen Stellen des Granits poliert. Turgos wollte nicht glauben, was er da hörte. Ein Granitsteinbruch so hoch in den Bergen? Das war ihm neu. Doch Whenda musste recht haben, denn wie sonst sollte solch eine glatte Oberfläche zu bewerkstelligen gewesen sein? Alles dort oben war direkt aus dem Stein selbst herausgeschlagen. Die gewaltigen Gewölbe, die sich unter dem Falkenstein befanden, waren daher auch nur in den Granit getriebene Gänge und Schächte, die sorgfältig aus diesem herausgeschält worden waren. Alles, was dann an Gebäuden überirdisch angelegt worden war, war bis auf seine Grundmauern und die Gewölbe aus den Abraumsteinen neu aufgebaut worden. Whenda sagte dem Baron jedoch nichts von dem Neruval, das Wenja die Rote auf die Werkzeuge aufbringen ließ, damit diese nicht stumpf wurden und die den Stein so leicht schneidbar machten wie hartes Brot. Turgos hatte es genauer wissen wollen, als er sie fragte, wie ihre Klinge nur so scharf sein konnte, dass sie gar Metall schnitt. Doch da war sie ihm ausgewichen. Teils weil sie dachte, dass es für ihn nicht von Belang war und auch deshalb, weil sie einfach keine Lust
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