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Unter deinem Stern

Unter deinem Stern

Titel: Unter deinem Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Connelly
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Andererseits: Gab es überhaupt etwas, das außerhalb des Bereichs des Möglichen lag? Und welches Recht hatte er überhaupt, in Frage zu stellen, was sie ihm anvertraute?
    »Nun, Claudie«, begann er die Sitzung wie üblich, »hatten Sie eine angenehme Woche?« Er wartete immer darauf, dass sie etwas sagte, drängte sie nie zu etwas.
    Claudie nickte, senkte den Blick und stellte fest, dass er knallgrüne Socken trug. Sehr ausgefallen. »Ich hatte eine ganz außergewöhnliche Woche«, sagte sie, ohne es zu wollen. Die Worte waren ihr einfach so rausgerutscht.
    »Ach?« Dr. Lyntons weiße Augenbrauen hoben sich, und zum ersten Mal seit langem lächelte er.
    Claudie sah ihn erstaunt an. Diese Woche war in der Tat außergewöhnlich.
    »Fahren Sie fort, Claudie. Berichten Sie mir von Ihren Erlebnissen.«
    »Also gut«, sagte sie und überlegte, wie sie es anstellen sollte. Wenn sie ihm nichts von den Engeln verraten wollte, worüber konnte sie dann sprechen? Ihr Abend mit Kristen im Restaurant würde ihn nicht interessieren, und abgesehen davon, dass ein paar Winzlinge sich auf ihrem Schreibtisch niedergelassen hatten, war in den letzten Tagen nichts Außergewöhnliches passiert. Sie überlegte krampfhaft, was sie sagen konnte, wohl wissend, dass Zeit Geld war und sie diejenige war, die zahlte.
    »Ich habe Anfang der Woche ein bisschen in meinem Haus herumgekramt, und da bin ich auf die Idee gekommen, mal ins Antiquariat zu gehen«, begann sie in der Hoffnung, eine halbwegs überzeugende Geschichte zusammenzubekommen. »Es ist ein alter, muffiger Laden, und die Besitzerin ist mehr als unsympathisch, aber ich stöbere gern in den alten Büchern herum. Man kann nie wissen, was man dort findet. Da habe ich dann ein ganz tolles Buch entdeckt.«
    »Ein Buch worüber?«
    Claudie zögerte. Wenn er erwartete, dass sie ihm einen Titel von der Leseliste nennen würde, die er ihr vor kurzem in die Hand gedrückt hatte, dann würde er enttäuscht sein.
    »Judy Garland.«
    »Die Schauspielerin?«
    Claudie nickte. Wusste denn nicht jeder, wer Judy Garland war?
    »Ich habe sie schon immer bewundert«, fuhr sie begeistert fort. »Seit ich den Film Das zauberhafte Land zum ersten Mal gesehen habe. Sie können sich also bestimmt vorstellen, wie entzückt ich war, als ich erfuhr, dass Luke mit Nachnamen Gale hieß! Ich konnte es nicht fassen, dass ich einmal Claudie Gale heißen würde!«
    Dr. Lynton schaute sie verdattert an.
    »Dorothy Gale!«, sagte Claudie ungeduldig und fragte sich gleichzeitig, ob das »B« in Dr. B. Lynton vielleicht für »Banause« stand. Sie nahm sich vor, ihm ein paar von ihren Videos auszuleihen. Das wäre mal eine angenehme Abwechslung, anstatt ständig von ihm Bücher aufgedrängt zu bekommen.
    »Jedenfalls hätte mir dann beinahe so ein Typ den Band vor der Nase weggeschnappt. Er hatte unglaublich schöne graue Augen – so klar und hell – wie der Winterhimmel in Whitby. Als ich ihn angesprochen habe, hat er mir das Buch sofort überlassen.« Claudie lächelte triumphierend.
    »Nun, das ist ja ein echter Durchbruch«, sagte Dr. Lynton nach einer Weile. »Natürlich ist das alles vollkommen normal.«
    »Wirklich?«
    »Darf ich Sie daran erinnern, was Sie eben gesagt haben?« Er warf einen Blick auf seine Notizen. »Er hatte unglaublich schöne graue Augen – wie der Winterhimmel in Whitby.«
    »Und?«
    »Fällt Ihnen denn nichts auf?« Er beugte sich vor, als hätte er eine ganz wichtige Erkenntnis gewonnen. »Sie fangen wieder an, Männer –«
    »O nein!«, fiel Claudie ihm ins Wort. »Kommen Sie mir nicht damit. Es ist mir einfach so aufgefallen. Das passiert mir dauernd.«
    Dr. Lynton blätterte in seinem Notizblock. »Davon habe ich bisher noch nichts bemerkt.«
    »Oh«, sagte sie leise.
    »Kein Grund zur Aufregung.«
    »Ich rege mich nicht auf«, erwiderte sie tonlos.
    »Es ist vollkommen normal.«
    Claudie starrte ihn an. Worauf wollte er hinaus? Sex? Unterstellte er ihr etwa, sie würde sich für einen anderen Mann interessieren? Nach so kurzer Zeit? Das war eine Unverschämtheit, und es machte sie total wütend, dass er überhaupt auf so einen Gedanken kam. Dafür bezahlte sie ihn nicht.
    »Es ist noch zu früh«, sagte sie ruhig. »Für andere mag es normal sein, sich so schnell wieder zu verlieben, aber mir wird das nicht passieren.«
    Dr. Lyntons Augen verengten sich. »Claudie, von Verlieben habe ich nichts gesagt. Ich weiß, wie Sie darüber denken. Ich habe nur erwähnt, dass Ihnen

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