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Unter deinem Stern

Unter deinem Stern

Titel: Unter deinem Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Connelly
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schicken?«
    »Nein«, erwiderte Bert reumütig, nahm den Hut ab und strich sich das schüttere Haar glatt.
    Mr Woo sagte nichts und vermied es, Jalisa anzusehen. Claudie fragte sich, wie er sich wohl in dieser schwierigen Situation fühlen mochte: mit einer jungen Frau, die ihn herumkommandierte, einem ehemaligen Entertainer, der ihn ständig beschimpfte, und mit den schrulligen Tudor-Zwillingen, die sich in alles einmischten. Und dazu sollte er sich auch noch um ihr Seelenheil kümmern. Claudie konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, als sie sah, wie er es sich kopfschüttelnd auf ihrem Schminktäschchen bequem machte und die Zeitung aufschlug.
    »Was lesen Sie da, Mr Woo?«, fragte Claudie, während sie die winzige Schrift betrachtete.
    »Den Express«, knurrte er.
    »Den Engel-Express« ,korrigierte Jalisa. »Auch im Jenseits gibt es Nachrichten«, erklärte sie, als sie Claudies verdatterten Blick bemerkte. »Da haben wir ja mal wieder geschickt vom Thema abgelenkt, nicht wahr?«
    »Haben wir das?« Claudie gab sich alle Mühe, sich auf den Brief zu konzentrieren, den sie tippen sollte.
    »Allerdings! Wir waren gerade dabei, herauszufinden, was mit dir los ist.«
    »Oh.«
    »Jawohl: Oh!«, sagte Jalisa, die plötzlich furchtbar streng klang.
    »Ich möchte nicht darüber reden.«
    »Worüber möchtest du nicht reden?«, fragte Mary und schaute Claudie mit ihren großen hellen Augen an.
    »Auf diese Weise werdet ihr es jedenfalls nicht aus mir rausbekommen.«
    »Hast du vergessen, dass wir hier sind, um dir zu helfen? Wir sind nicht nur dazu da, dir bei deiner Arbeit die Zeit zu vertreiben«, bemerkte Jalisa.
    »Ich weiß«, erwiderte Claudie mit einem schwachen Lächeln. »Aber muss ich euch denn alles sagen?«
    »Es wäre auf jeden Fall hilfreich«, meinte Jalisa. Claudie sah, wie die fünf kleinen Gestalten auf ihrem Schreibtisch sie erwartungsvoll anschauten. Sie wirkten so lieb und besorgt, dass Claudie schon wieder hätte losheulen können.
    »Ich, äh –«, stotterte sie, während sie die winzigen Gesichter betrachtete. Konnte sie es ihnen erzählen? Konnte sie ihnen erklären, wie sie sich fühlte? Sie blickte in die sorgenvollen Augen der Tudor-Zwillinge. Sie schaute Bert an, der den Hut abgenommen hatte und sich den Kopf kratzte. Sie sah Mr Woo, der drauf und dran war, noch ein Tütchen Heilkräuter aus seinen riesigen Manteltaschen zu fischen. Und dann die bekümmerte Jalisa. Ja, dachte Claudie, wahrscheinlich kann ich ihnen getrost mein Herz ausschütten.
    Sie holte tief Luft. »Ich –«
    »Claudie?«, rief Kristen, die natürlich nichts von dem bevorstehenden Geständnis ahnte, von ihrem Schreibtisch aus. »Du bist dran mit Kaffee holen.«
     
    Verdammt, dachte Simon, als er das Gebäude der Baugesellschaft durch die Drehtür betrat und am Empfangstresen seine Magnetstreifenkarte entgegennahm. Was zum Teufel mache ich eigentlich hier?
    Die Empfangsdame schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und zeigte ihm, wo er seine Karte durchziehen musste, doch Simon kannte sich bestens aus. Durch die Tür, rechts die Treppe hoch, oben wieder rechts und in den großen offenen Raum, in dem er sechs Jahre lang gewohnt hatte. Damals war es ihm wie eine Ewigkeit erschienen, aber obwohl das alles erst ein paar Monate her war, schien es unendlich lang zurückzuliegen.
    Es ist ja nicht für immer, sagte er zu sich selbst, als er die Treppe hinaufging. Dies ist eine Ausnahmesituation, und ich habe alles unter Kontrolle. Er entspannte sich ein wenig. Es ist meine Entscheidung, dass ich hier bin, und das Geld dient dazu, mein eigenes Unternehmen in Gang zu bringen. Das ist der einzige Grund, warum ich hergekommen bin.
    Simon atmete tief durch. Er wollte positiv an diese Sache herangehen, doch es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Seit der Begegnung mit Miss Mondschein im Antiquariat gingen seine Gedanken in den unpassendsten Momenten einfach spazieren. Vor ein paar Tagen zum Beispiel hatte er am Telefon mit einem neuen Kunden ein paar Ideen durchgesprochen, als ganz plötzlich und ohne Vorwarnung das Gesicht von Miss Mondschein vor seinem geistigen Auge aufgetaucht war.
    »Wollen Sie das Buch kaufen?«, fragte sie, während sie ihn mit ihren schokoladenbraunen Augen schüchtern anschaute.
    »Nein«, antwortete Simon.
    »Was soll das heißen, nein? Ich dachte, wir hätten uns gerade darauf geeinigt –«, fragte ihn der empörte Kunde am Telefon.
    »Verzeihung!«, sagte Simon und riss sich von seinem Tagtraum los.

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