Unter deinem Stern
er.
»Ich verspreche es hoch und heilig!«
»Ebenso, dass ihr beide anschließend sofort wieder nach Hause geht!«
»Ja, ja!«
»Also gut. Was soll ich tun?«
Claudie zeigte auf ihren silbernen Kugelschreiber. »Nimm einfach den Kuli da und bring ihn mir.«
»Was macht er, Claudie?«, fragte Kristen.
»Er wird mir gleich diesen Stift da bringen. Also, pass gut auf!«
Claudie sah, wie Bert sich straffte. Im Verhältnis zu seiner Größe war der Kugelschreiber ziemlich sperrig, doch er war nicht allzu schwer, und Bert schaffte es, ihn aufzuheben und zu ihr herüberzutragen.
»Hast du das gesehen?«, fragte Claudie aufgeregt, als Bert ihr den Stift hinhielt.
»Ja, hab ich«, gab Kristen zu.
»Das war Bert!«
»Es war der Wein.«
»Nein, Kris – Bert hat mir den Kuli gebracht. Er ist einer der Engel.«
»Ich gehe jetzt nach Hause. Los, komm.«
»Kris?«
Kristen stand auf und wankte auf die Tür zu. Claudie drehte sich zu Bert um.
»Geh nach Hause, Claudie. Wir tun einfach so, als wäre das nie passiert, okay?«
»Okay. Gute Nacht, Albert.«
Wie sie es bis zu Claudies Haus geschafft hatten, war ihnen schleierhaft, doch als sie die Tür hinter sich verriegelten, packte Kristen Claudie am Arm.
»Hör zu, Claudie, ich wollte dir noch was Wichtiges erzählen.«
»Ach Gott, ach Gott. Das kann ja noch eine lange Nacht werden.«
Kristen lächelte. »Ich habe eine Reise nach Paris gewonnen und möchte, dass du mich begleitest.«
Claudie schaute sie verdattert an. »Machst du Witze?«
»Nein.« Kristen schüttelte den Kopf.
»Und du willst mich mitnehmen?«
»Wen denn sonst?«
Unter den gegebenen Umständen konnte Claudie ihr kaum vorschlagen, Jimmy mitzunehmen, obwohl sie der Meinung war, dass das ihrer Beziehung durchaus gut tun würde. »Ich werd verrückt«, sagte sie. »Du hast mir gar nichts davon erzählt, dass du an einem Preisausschreiben teilgenommen hast. Gott, ist das aufregend!«
»Du bist also dabei?«
»Na klar! « Sie umarmte Kristen. »Keine Sorge, Kris. Wir werden uns köstlich amüsieren – nur wir beide. Und wenn wir zurückkommen, wird Jimmy dir zu Füßen liegen, weil er dich so vermisst hat.«
»Na ja, also da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Bestimmt, Kristen! Jetzt komm, lass uns schlafen gehen.«
Claudie brachte Kristen ins Bett. Dann ging sie noch kurz unter die Dusche, weil sie sich so verschwitzt fühlte.
Als sie sich ins Bett legte, schlummerte Kristen bereits tief und fest. Es war ihr inzwischen ganz ungewohnt, nicht allein zu schlafen. Kristen hatte schon öfter bei ihr übernachtet. Nachdem Claudies Mutter kurz nach der Beerdigung abgereist war, hatte ihre beste Freundin ein paar Nächte auf ihrem Sofa verbracht. Sie hatte sich wirklich rührend um sie gekümmert. Claudie hatte damals nicht allein sein wollen, aber sie hatte ihr Bett nicht teilen wollen, weil sie sowieso die halbe Nacht wach gelegen hatte.
Sie betrachtete das Gesicht ihrer schlafenden Freundin, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und schaltete die Nachttischlampe aus.
In der Dunkelheit ihres Schlafzimmers spürte Claudie, wie ihr ganzer Körper vor Trauer bleischwer wurde. Es war, als hätte sie flüssiges Schwermetall getrunken, das sich jetzt in ihren Adern ausbreitete. Nachts war es immer am allerschlimmsten. In der Dunkelheit gab es nichts, was sie ablenken konnte. Selbst Kristens regelmäßiger Atem war kein Trost. Was ihr fehlte, waren zwei starke Arme, die sie hielten. Lukes Arme. Seine bärige Umarmung, das brauchte sie.
Sie dachte an ihre Hochzeit. Es war ein heißer, schwüler Sommertag gewesen, ein Tag, wie es ihn in North Yorkshire nur selten gab, und die Frauen hatten alle leichte Sommerkleider getragen. Claudie sah die Szene in der Kirche noch genau vor sich. Der Anblick hatte sie an ein großes Blumenbeet erinnert mit all den bunten Farben.
Und Luke. Er hatte so umwerfend ausgesehen in seinem dunklen Smoking, wie ein Filmstar. Claudie war fast das Herz stehen geblieben, als sie an seinem Arm auf den Altar zugeschritten war. Das war der Mann, der das ganze Jahr über in karierten Hemden herumlief und der sich in der Regel, wenn es darauf ankam, sich fein zu machen, damit begnügte, den Schmutz von seinen Schuhen zu entfernen.
»Du siehst aus wie Cary Grant«, hatte sie ihm später beim Empfang zugeflüstert.
Er hatte grinsend den Kopf geschüttelt. Entweder er hatte ihr das nicht geglaubt, oder er hatte einfach keine Ahnung gehabt, wer Cary Grant war. Doch dann hatte er
Weitere Kostenlose Bücher