Unter dem Banner von Dorsai
zu.
„Sie sind ein Lügner!“ rief ich ihm nach. Er ging weiter. Ich mußte ihn aufhalten. Ich packte das Massivbild auf dem Schreibtisch und warf es zu Boden.
Wie eine Katze wirbelte er herum und blickte auf die zerbrochenen Einzelteile zu meinen Füßen.
„Das ist es, was Sie fertigbringen!“ schrie ich und deutete auf die Bruchstücke.
Er kehrte wortlos zurück, hockte sich nieder und sammelte die Einzelteile sorgfältig auf, Stück für Stück. Er steckte sie in die Tasche, erhob sich wieder und wandte mir dann schließlich das Gesicht zu.
Und als ich seine Augen sah, stockte mir der Atem.
„Wenn meine Pflicht“, sagte er in einem leisen und beherrschten Tonfall, „nicht gerade in diesem Augenblick von mir verlangte …“
Seine Stimme verklang. Ich bemerkte, wie er mich anstarrte. Und ich sah, wie sich sein Blick langsam veränderte, wie die darin liegende Wut sich allmählich in so etwas wie Erstaunen verwandelte.
„Du“, sagte er weich, „du hast keinen Glauben?“
Ich hatte den Mund geöffnet, um ihm etwas zu sagen. Doch seine Worte unterbrachen mich bereits im Ansatz. Ich stand vor ihm, als hätte ich einen Schlag in die Magengrube erhalten. Mir fehlte der Atem, um zu sprechen. Er starrte mich an.
„Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen“, fragte er, „diese Notiz würde meine Meinung ändern?“
„Sie haben sie gelesen!“ sagte ich. „Der Strahlende schreibt, Ihre Sache hier sei verloren, und deshalb sollen Sie keine Unterstützung mehr erhalten. Und man soll Sie nicht davon unterrichten, aus Angst, Sie könnten sich ergeben, falls Sie Bescheid wüßten.“
„Auf diese Weise haben Sie die Notiz verstanden?“ fragte er. „Auf diese Weise?“
„Wie sonst? Wie sonst könnten Sie sie denn verstehen?“
„Wie sie niedergeschrieben ist.“ Er stand mir nun aufrecht und gerade gegenüber, und sein Blick löste sich nicht eine Sekunde von meinen Augen. „Sie haben sie ohne Glauben gelesen und den Namen und Willen des Herrn außer acht gelassen. Der Älteste Strahlende schreibt nicht, daß wir hier im Stich gelassen werden sollen. Da unsere Lage hier so schwer und betrüblich ist, sollen wir allein auf den Beistand unseres Kriegsherrn und Gottes vertrauen. Und er schreibt weiter, man solle uns deshalb nicht unterrichten, damit niemand hier versucht sei, sich am Willen des Herrn zu versündigen und damit die goldene Krone des Märtyrers zu verlieren. Sehen Sie, Mr. Olyn. Hier steht es, schwarz auf weiß.“
„Aber das ist es nicht, was er gemeint hat! Das ist es nicht, was er gemeint hat!“
Er schüttelte den Kopf.
„Mr. Olyn, einer solchen Verblendung darf ich Sie nicht überlassen.“
Ich starrte ihn verblüfft an, denn sein Gesicht drückte nun Sympathie aus. Für mich.
„Es ist Ihre eigene Blindheit, die Sie irreführt“, sagte er. „Sie sehen nichts, und deshalb glauben Sie, auch alle anderen könnten nichts sehen. Unser Herr ist nicht nur ein Name, sondern alles. Darum haben wir keine Ornamente in unseren Kirchen, darum verschmähen wir alle künstlichen Bildnisse zwischen uns und unserem Gott. Hören Sie, Mr. Olyn. Diese Kirchen selbst sind die Tabernakel auf Erden. Unsere Ältesten und Führer sind zwar Auserwählte und Geweihte, aber doch nur sterbliche Menschen. In unserem Glauben vertrauen wir nicht einem dieser Menschen oder Dinge, sondern der Einen Stimme Gottes, die in uns erklingt.“
Er hielt inne. Irgend etwas hinderte mich daran zu sprechen.
„Angenommen, es ist tatsächlich so, wie Sie denken“, fuhr er fort und wurde sogar noch freundlicher. „Angenommen, alles, was Sie sagten, ist wahr, und unsere Ältesten sind nichts weiter als machthungrige Tyrannen, die uns hier aus eigensüchtigen Motiven im Stich lassen und damit ein falsches und unaufrichtiges Ziel verfolgen. Nein.“ Jamethons Stimme hob sich. „Ich schwöre Ihnen dies, als beträfe es nur mich selbst. Angenommen, Sie könnten mir beweisen, daß alle unsere Ältesten gelogen haben und unser ganzes Gelöbnis falsch ist. Angenommen, Sie könnten mir beweisen“, sein Gesicht hob sich zu meinem, und seine Stimme zerrte an mir wie eine Orkanbö, „daß alles nur Verderbtheit und Unaufrichtigkeit war und es nirgends bei den Auserwählten – nicht einmal im Hause meines Vaters – die Hoffnung des Glaubens gab! Wenn Sie mir beweisen könnten, daß mich kein Wunder Gottes erretten kann, ich keine unsterbliche Seele habe und mir alle Legionen des Universums gegenüberstehen … dann würde
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