Unter dem Banner von Dorsai
Flüsse Macintok und Sarah, etwa fünfzehn Kilometer vom diesseitigen Stadtrand Josefstadts entfernt. Es handelt sich um ein recht hochgelegenes Terrain, Hügel mit dichtem Bewuchs und ziemlich offenen Flächen dazwischen. Ein Gebiet, das sich gut eignet für eine hartnäckige Verteidigung, das aber auch zu einer bösen Falle werden kann.“
„Warum?“
Er deutete auf die beiden Linien, die die Flußläufe darstellten.
„Wird man hier zurückgeworfen, dann sitzt man bald auf hohen Klippen an den Flußufern fest. Es gibt keinen einfachen Weg hinüber, keine Deckung für sich zurückziehende Truppen. Von den gegenüberliegenden Flußufern bis nach Josefstadt haben wir es fast nur mit offenem Ackerland zu tun.“
Sein Finger deutete erst auf den Punkt, wo sich die beiden Flußlinien trafen, zeigte dann an dem kleinen dunklen Dreieck vorbei und auf die umgebenen hellen Flächen, Punkte und Kreise.
„Auf der anderen Seite muß ein Vorstoß in dieses Gebiet von unserer Position aus ebenfalls durch offenes Terrain erfolgen – schmale Streifen von Ackerland, die sich mit einer Reihe von Sümpfen und Mooren abwechseln. Die Situation wäre sowohl für unsere als auch die gegnerische Truppe recht schwierig, wenn wir es hier zum Kampf kommen ließen. Derjenige, der sich als erster zurückziehen muß, wird ziemlich schnell in Schwierigkeiten kommen.“
„Wollen Sie den Gegner dort stellen?“
„Das kommt darauf an. Black hat seine leichte Artillerie vorstoßen lassen. Jetzt zieht er sich in das höher gelegene Terrain zwischen den Flüssen zurück. Was Mannschafts- und Materialstärke angeht, sind wir weit überlegen. Es gibt keinen Grund, warum wir ihm nicht nachsetzen sollten, solange er in der Falle sitzt …“ Janol brach ab.
„Keinen Grund?“ fragte ich.
„Nicht vom taktischen Standpunkt aus gesehen.“ Janol runzelte die Stirn, während er auf die Tafel blickte. „Solange wir uns nicht zurückziehen müssen, hätten wir keine Schwierigkeiten. Und dazu wären wir nur dann gezwungen, wenn er plötzlich einen großen taktischen Vorteil erlangte, der es uns unmöglich machte, die Stellung zu halten.“
Ich blickte auf sein Profil.
„Wie etwa der Verlust Graemes?“ fragte ich.
Er wandte sich mir zu; seine Stirn war noch immer gerunzelt. „In dieser Richtung besteht keine Gefahr.“
Die Stimmen der in der Nähe stehenden Soldaten veränderten sich plötzlich; eine gewisse Unruhe machte sich breit. Wir drehten uns beide um und sahen in die Runde.
Alle scharten sich um einen Bildschirm. Wir drängten uns ebenfalls in die Menge, und als ich zwischen den Schultern zweier Offiziere aus Graemes Stab hindurchsah, entdeckte ich auf dem Schirm das Bild einer kleinen, grasbewachsenen Wiese, die von bewaldeten Hügeln umgeben war. In der Mitte der Wiese stand ein langer Tisch im Gras, und daneben wehte die Flagge der Quäker: ein dünnes, schwarzes Kreuz auf weißem Grund. An jeder Seite des Tisches standen Klappstühle, aber es war nur eine Person zu sehen – ein Offizier der Quäker, der vor dem hinteren Tischende stand, als wartete er auf etwas. An den Grenzen zu den bewaldeten Hügeln – dort, wo Variformeichen und -eschen die Wiese umsäumten – wuchsen Fliederbüsche. Und die Farbenpracht der Lavendel begann nun nachzulassen und zu verblassen, denn ihre Blütezeit war beinahe vorüber. So viel hatte sich in nur vierundzwanzig Stunden verändert. Am linken Rand des Schirms konnte ich den grauen Asphalt einer Straße erkennen.
„Ich kenne diesen Ort …“ setzte ich an und wandte mich zu Janol um.
„Still!“ sagte er und hob die Hand. Um uns herum schwiegen nun alle. Weiter vorn in unserer Gruppe sprach eine einzelne Stimme.
„… es ist ein Verhandlungstisch.“
„Haben sie uns einen Parlamentär geschickt?“ fragte die Stimme von Kensie.
„Nein, Sir.“
„Nun, sehen wir uns die Sache mal an.“ Vorne kam es zu einer Bewegung. Die Gruppe begann sich aufzulösen, und ich sah Kensie und Padma, die in Richtung der geparkten Luftwagen gingen. Wie ein Gerichtsdiener durch die dichtgedrängt stehenden Zuschauer eines Prozesses schob ich mich durch die nun auseinanderstrebende Menge und lief ihnen nach.
Ich hörte, wie Janol mir etwas nachrief, aber ich achtete nicht darauf. Dann hatte ich zu Kensie und Padma aufgeschlossen, die sich daraufhin zu mir umdrehten.
„Ich möchte Sie begleiten“, sagte ich.
„Es ist in Ordnung, Janol“, sagte Kensie und sah an mir vorbei. „Er kann bei mir
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