Unter dem Banner von Dorsai
Tischen, die mich verwundert anstarrten, doch Eileen und der Fremde waren nicht unter ihnen. Ich versuchte es in mehreren Zimmern, leider ohne Erfolg.
Beim fünften Zimmer holte mich Lisa wieder ein.
„Halt!“ sagte sie. Und diesmal legte sie Hand an mich, mit einer Kraft, die für eine solch zierliche Person erstaunlich war. „Wollen Sie endlich stehenbleiben? Und vielleicht einen Augenblick nachdenken? Was ist eigentlich los?“
„Was soll schon groß los sein!“ rief ich. „Meine Schwester …“ Dann hielt ich inne und überlegte kurz. Plötzlich wurde mir bewußt, wie unmöglich ich mich benommen hatte und wie merkwürdig es sich für Lisa anhören würde, wenn ich ihr den Grund für mein verzweifeltes Suchen verriet. Ein siebzehnjähriges Mädchen, das mit einem Fremden sprach, den ihr Bruder nicht kannte, war, selbst wenn es sich nachher von ihrer Gruppe trennte und mit dem Unbekannten fortging, kaum ein triftiger Grund für diese Art Amoklauf – zumindest nicht in unserer Zeit. Und ich war keinesfalls bereit, die unmöglichen Zustände vor Lisa breitzutreten, unter denen Eileen und ich im Hause unseres Onkels Mathias lebten.
Also sagte ich gar nichts.
„Sie müssen mit mir kommen“, sagte sie drängend. „Sie können ja gar nicht wissen, wie selten der Fall eintritt, daß jemand im Transitpunkt etwas hören kann. Sie können auch nicht wissen, was dies für Mark Torre bedeutet, für ihn ganz persönlich – jemanden zu entdecken, der etwas gehört hat!“
Ich schüttelte den Kopf, weil ich nicht die geringste Lust hatte, mit jemandem über das zu reden, was ich soeben erlebt und durchgemacht hatte – am wenigsten wollte ich aber wie ein Versuchskaninchen behandelt und durchleuchtet werden.
„Sie müssen!“ wiederholte Lisa. „Es bedeutet soviel. Und nicht nur für Mark, sondern für das ganze Projekt! Denken Sie einmal nach, und laufen Sie mir nicht schon wieder davon! Überlegen Sie sich, was Sie als nächstes tun wollen!“
Das Wort „überlegen“ drang zu mir durch, und allmählich konnte ich wieder klarer denken. Sie hatte ja so recht. Ich sollte wirklich lieber nachdenken, als wie ein Irrer herumzulaufen. Eileen und der schwarzgekleidete Fremde konnten sich überall in den Dutzenden von Räumen und Korridoren aufhalten – sie konnten aber auch das Projekt und die Enklave längst verlassen haben. Außerdem – was hätte ich sagen sollen, wenn ich die beiden doch noch irgendwo erwischt hätte? Sollte ich darauf bestehen, daß sich der Mann auswies und mir seine Absichten gegenüber meiner Schwester erklärte? Vielleicht war es sogar ein Glück, daß ich die beiden nicht aufgestöbert hatte.
Aber da war noch etwas anderes. Ich hatte schwer daran gearbeitet, um meinen Vertrag zu kriegen, den ich vor drei Tagen unterzeichnet hatte, frisch von der Universität, diesen Vertrag mit dem Interstellaren Nachrichtendienst. Doch bis ich das erreichen konnte, was mir vorschwebte, würde noch viel Zeit vergehen. Denn das, wonach ich strebte, was ich mir wünschte, war Freiheit. Und dafür war ich bereit, mit Zähnen und Klauen zu kämpfen, für diese echte Freiheit, die nur die Mitglieder der planetaren Regierungen besaßen – und außerdem eine besondere Gruppe, eben die Mitglieder der Gilde der Interstellaren Nachrichtendienste, die sich zur Unabhängigkeit und Neutralität bekannt hatten, technisch gesehen sämtlich Leute ohne Welt, ohne Heimat, deren Neutralität und Freiheit durch den jeweiligen Nachrichtendienst garantiert wurde, für den sie arbeiteten.
Denn die bewohnten Welten der menschlichen Rasse, waren gespalten – wie dies im Lauf der letzten zweihundert Jahre stets der Fall gewesen war –, gespalten in zwei
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