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Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition)

Titel: Unter dem Baum des Vergessens -: Ein Leben in Afrika (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fuller
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Diabetes, Grippe und Migräne betrachtet er als ausschließlich psychische Phänomene. Aber wer zu den Nachwirkungen einer durchzechten Nacht steht, darf sich Dads untypischen Mitgefühls erfreuen. »Pech«, sagt er dann und lässt ein paar Tabletten springen, »da musst du wohl was Falsches gegessen haben.«
    Dads Vater, Donald Hamilton Connell-Fuller, war Kommodore der britischen Marine (ein Rang, der sich nicht ins Zivilleben transferieren ließ, wo man ihn zum Captain zurückstufte). Der Welt präsentierte Dads Vater eine witzige, charmante und umwerfend attraktive Fassade. Aber »nein, tolerant war er nicht«, sagt Mum. »Und kalte blaue Augen hatte er wie ein toter Fisch.« Sie stellt die Teetasse ab, um mir pantomimisch ihre Vorstellung von einem gehäuteten Schellfisch nahebringen zu können. »Er war sehr ehrgeizig und ging äußerst schnell in die Luft.« Donald wurde 1942 mit gerade mal dreiunddreißig Jahren Captain und kurz darauf Kommodore, aber zum Admiral oder gar zum Konteradmiral brachte er es nicht, und darüber war er verbittert. »Damals erwartete man von Frauen, dass sie ihrem Mann zur Seite standen, und die arme Boofy erschien zu Regimentsessen mit einem Flachmann Gin in der Handtasche und musste mit den Füßen voran rausgetragen werden, bevor der Fisch serviert wurde«, sagt Mum.
    Die Fullers waren so beschäftigt mit ihren eigenen tiefen Enttäuschungen, dass für ihre beiden Söhne nicht viel Zeit blieb. Es gab keine Gutenachtgeschichten, keine Kinobesuche, keine Abendspaziergänge und nur selten gemeinsame Mahlzeiten. »Manchmal durften wir mit auf ein Schlachtschiff, und das war aufregend«, sagt Dad. »Mein Vater spielte hin und wieder Golf mit Toe oder ging mit mir Kaninchen schießen. Und in einem Sommer hat er uns beide auf einen Campingurlaub nach Irland mitgenommen.« Nach kurzem Schweigen: »Ein einsamer Strand, und es hat jeden Tag geregnet.«
    Sogar aus dem Abstand so vieler Jahre und mit dem ganzen schönen, glühenden afrikanischen Kontinent zwischen mir und diesem verregneten irischen Strand spürte ich das düstere Scheitern dieser Ferien als Stich in der Magengrube. »Ach je, das ist schrecklich«, sage ich.
    »Die Engländer nach dem Krieg«, raunzt Mum. »Dieses Unglück. Diese Düsternis. Und der viele verkochte Kohl.«
    Inzwischen haben sich in unserer lauschigen Senke am Cederberg die Tauben über unseren Köpfen flügelschlagend zur Ruhe begeben. Ein einsamer Mandrill in den Felsen bellt eine Warnung, die noch warme Welt fühlt sich leopardenaugenüberwacht an. Von der Wiese bläst ein Wind den grasigen Geruch nach Halmen und alter aufgeheizter Erde herüber. An einem normalen Abend wären wir hineingegangen – ein zentralafrikanischer Reflex gegen malariaträchtige Mücken –, aber in dieser einzigartigen Nacht rührt sich keiner von seinem Platz, so wie zwischen zwei Sätzen einer Symphonie niemand aufsteht und hinausgeht.
    »Wenigstens war Noo immer da«, sagt Dad schließlich. »Sie war sehr nett, sehr freundlich.« Bezeichnenderweise meint man am Rand jeder Fotografie aus Dads Kindheit die Gegenwart einer Krankenschwester aus Norland zu spüren, Irene Stanland – »Noo« genannt. Man sieht sie vor sich, die unsichtbaren sterilisierten Hände griffbereit, um meinen unsicher lächelnden Dad und seinen jüngeren Bruder zurück ins Kinderzimmer zu bringen, wo sie »zu sehen, aber nicht zu hören« sein sollten, genau wie Blackie.
    Blackie war Noos leidenschaftlich geliebter Kater. Selbst in den Jahren der Rationierungen nach dem Krieg bekam der Kater pro Woche anderthalb Pfund bestes Steakfleisch zu fressen. Als er schließlich an den Folgen seiner Fettsucht starb, fand Noo in London einen Präparator, der ihn in sitzender Haltung ausstopfte. Und so saß er fortan auf ihrem Nachttisch, deutlich schlanker als zu Lebzeiten und lobenswert geduldig. »So war das eben damals«, sagt Dad. »Man saß kerzengerade da und redete nur, wenn man gefragt wurde.«
    Die Erde – der Boden unter seinen Füßen – war Dads größtes Glück der Kindheit. Jedes Weihnachten und mehrere Wochen jeden Sommer wurden Dad und Onkel Toe zum Douthwaite Estate in den Yorkshire Dales geschickt, um die Ferien bei den Großeltern zu verbringen, Admiral Sir Cyril und Lady Edith Fuller. »Wenn ich die Augen schließe«, sagt Dad, »sehe ich das Anwesen in allen Einzelheiten vor mir. Fünf zusammengelegte Bauernhöfe, eine Hügellandschaft. Herrlich tiefer Lehmboden …« Dad reibt die Hände

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