Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
viel in diese Kathedrale eingebaut. Das meiste davon geriet über die Jahrhunderte in Vergessenheit. Was sie vermag und auch, was sie enthält. Niemand erinnert sich noch … all die vielen unschuldigen Leute, die mit Gewalt dazu gezwungen wurden, sie zu bauen, all die Materialien, die von unwilligen Besitzern beschlagnahmt wurden, all die Bauern, die man von ihrem Land vertrieb, damit man die Kathedrale am günstigsten Ort errichten konnte.“
„Weitere Lügen“, sagte Lamento kalt. „So war es nie. Ich habe alte Berichte in Kirchenbibliotheken gelesen. Die Leute sind meilenweit gereist, nur um Teil eines so großartigen Projekts zu sein. Niemand wurde je gezwungen, und alle Baumaterialien wurden freiwillig gegeben, zum Ruhme Gottes. Jeder wusste, dass aus bösen Anfängen nichts Gutes entstehen konnte. Dies sollte ein Ort der Freude und des Feierns sein, und kein Makel durfte seinen Bau beflecken.“
Der brennende Mann lachte leise. „In Ordnung, ich habe vielleicht übertrieben. Du bist manchmal so leicht zu manipulieren. Aber du solltest nicht alles glauben, was du in einer Kirchenbibliothek liest. Immer schreiben die Sieger die Geschichte.“
„Behalte deine engherzige Sicht für dich“, sagte Lamento. „Wir sind hier, um die Dinge in Ordnung zu bringen, und nichts wird uns jetzt noch aufhalten.“
„Sagt nie solche Dinge“, warnte Fischer. „Wenn man anfängt, selbstbewusst und großspurig zu werden, dann geht plötzlich alles schief, und die widerlichen Dinge springen einen aus dem Gebälk an. Für gewöhnlich mit verdammt großen Zähnen.“
„Ihr versteht nichts von dem, was hier vorgeht“, sagte der brennende Mann gehässig. „Ihr seid hier, weil die Vergänglichen euch hier haben wollen, um das Tor zu öffnen. Ihr seid nur Schachfiguren in einem größeren Spiel.“
„Warum sollten sie uns brauchen?“, fragte Falk. „Ich dachte, du hättest gesagt, sie seien bald mächtig genug, um das Tor von ihrer Seite aus aufzubrechen.“
„Sie sind ungeduldig“, sagte der brennende Mann. „Sie spüren, dass ihre Zeit endlich anbricht.“
Fischer regte sich unglücklich und wog ihr Schwert in der Hand. „Ich würde mich beinahe glücklicher fühlen, wenn wir wirklich etwas Körperliches zum Bekämpfen hätten. Dieser Ort reibt einen auf wie Fingernägel, die über die Seele kratzen.“
„Es wäre eine Erleichterung“, sagte Falk, „etwas zu haben, gegen das man zurückschlagen kann. Aber ich glaube, die Gefahren hier sind mehr spiritueller Natur. Wir müssen uns darauf konzentrieren, wer wir sind und woran wir glauben.“
„Woran glauben wir denn?“, fragte Fischer langsam. „Ich meine, nach allem, was wir gesehen haben, was wir durchgemacht haben, nach all den verschiedenen Leuten, die wir zu unterschiedlichen Zeiten sein mussten, was bleibt noch übrig, an das wir glauben?“
Falk sah sie an und schmunzelte. „Wir glauben aneinander.“
„Ja“, stimme Fischer zu und grinste zurück. „Das gilt immer noch.“
„Ihre legendäre Liebe“, sagte der Seneschall so leise, dass ihn niemand hörte.
Falk sah vorsichtig hinunter auf die lange Treppenstrecke, die sie schon gestiegen waren, und dann hoch zu dem langen Pfad aus Stufen, den sie noch gehen mussten, und erinnerte sich an andere Treppen, vor vielen Jahren. Er war damals viel jünger gewesen, ein zweiter Sohn, den niemand wollte, entschlossen, seinen Wert zu beweisen, indem er den Drachenfels bestieg, um den Drachen in seiner Höhle am Gipfel zu töten. Er hatte erwartet zu sterben, während er dem Drachen gegenüberstand, aber das Klettern allein hatte ihn beinahe umgebracht. Der Aufstieg war gewaltig schwer gewesen, das Wetter furchtbar schlecht, und der letzte Teil des Berges musste frei erklettert werden, über verräterische lockere Felsen und rutschendes Geröll. Er hätte oft kehrtmachen können, aber er hatte es nicht getan. Als er endlich die Höhle am Gipfel erreicht hatte, hatte er in dem Drachen einen Freund gefunden – und die Liebe in der Gefangenen des Drachen, Prinzessin Julia.
Er schmunzelte, während er sich erinnerte. Ab und zu machte er etwas richtig.
Sie kletterten weiter. Rücken- und Beinmuskulatur schmerzten heftig und protestierten schließlich schreiend, aber sie gingen trotzdem weiter. Falk nahm das Tempo noch mehr zurück, aber es half nichts. Die Zeit schien im Schneckentempo zu vergehen. Ihre Köpfe hingen herab, und sie waren zu zerschlagen, um auch nur in den immer tieferen Abgrund
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