Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
entstanden waren. Vielleicht war es das, worüber die beiden Hexer stritten. Niemand weiß, wer der Mann war, obwohl es Gerüchte gibt. Manche sagen, es war der überlebende Hexer, stark geschwächt. Manche sagen, man nannte ihn den Magus. Niemand weiß das sicher, nicht einmal in der Hölle. Jemand gab die Kiste dem ersten Waldkönig, der angeordnet hat, dass diese Kathedrale entworfen und gebaut würde, um sie zu ehren. Gab der Magus sie ihm? Ich weiß nicht. Aber er war zur Stelle, als der König jemanden brauchte, der die grauenhaften Dinge, die ich getan hatte, rückgängig machte. Jetzt ist er zurück in der Waldburg, während eine Krise droht und sich das Schicksal der Welt entscheidet. Wer ist der Magus? Was ist er? Ich weiß es nicht. Ich kann euch nur sagen, dass er mir Angst macht, und ich habe die Hölle gesehen.“
„Warum bleibst du auf Abstand?“, fragte Falk. „Spürst du den Frieden nicht, der hier ist?“
„Ich kann noch nicht einmal hinsehen“, sagte der brennende Mann verbittert. „Friede und Hoffnung sind für die Lebenden.“
„Hat jemand mal versucht zu sehen, was in der Kiste ist?“, fragte Fischer.
„Viele Leute haben in jeder Hinsicht darüber nachgedacht“, sagte der brennende Mann. „Warum versuchst du es nicht?“
Fischer griff nach der Kiste, hielt aber plötzlich inne. Sie konnte sie nicht anfassen. Tiefer als Wissen, tiefer als Instinkt wusste sie, dass die Kiste heilig und sie nicht würdig war. Sie teilte es den anderen mit, und Falk und der Seneschall nickten. Dann sahen alle Lamento an.
„Ich habe mich Gott verschrieben“, sagte der langsam. „Wenn er es wünscht, werde ich seine Kiste aus diesem scheußlichen Ort herausholen.“
Er streckte die Hand aus, hielt kurz inne und hob dann die Kiste ohne die geringsten Probleme auf. Er lächelte fast schüchtern, hielt die Kiste dicht vor seine Augen und musterte die Handwerkskunst aus der Nähe. „Etwas zu berühren, das Christus berührt hat …“ Er lächelte wieder und steckte die Kiste dann in eine Innentasche seines Mantels. Alle bewegten sich unglücklich, als das Gefühl des Friedens und Trosts abnahm und schließlich verschwand.
Der Seneschall rümpfte die Nase. „Wenn ihr mich fragt, gibt es bei dieser Queste viel zu viel Religion. Religion sollte Abstand zum Leben halten. Sie ist viel zu ablenkend.“
„Kommt schon“, sagte Fischer. „Eure Großeltern waren der Erzmagier und die Nachthexe. Ihr solltet bizarres Zeug gewohnt sein.“
„Nun ja, aber das ist bloß Magie. Magie ist allenthalben. Das hier ist Religion. Wenn ich tatsächlich an etwas davon glaubte, würde ich mir große Sorgen machen, glaube ich.“
Sie ließen das Ossarium hinter sich und fuhren mit dem langen Aufstieg entlang der sanft geschwungenen Wand der Kathedrale fort. Sie waren jetzt alle entkräftet, verspürten jene Erschöpfung, die in den Knochen steckte und schlimmer war als Schmerz. Während sie von Stockwerk zu Stockwerk und Abschnitt zu Abschnitt gingen und immer langsamer wurden, jetzt, wo sie sich langsam der Spitze näherten, begannen sie Veränderungen zu spüren, an der Kathedrale und an sich selbst. Druck und Einflüsse kamen und gingen wie Ebbe und Flut. Entfernungen veränderten sich, kamen näher und entfernten sich, ohne sich zu bewegen. Ihnen war allen nach Lachen oder Weinen zumute, und sie wussten nicht weshalb. Der Boden der Kathedrale fühlte sich jetzt unmöglich fern an, und sie hatten das Gefühl, wenn sie durch irgendetwas von der schmalen Treppe kippen würden, dann würden sie fallen, ewig stürzen und niemals das Ende erreichen. Sie begannen sich zu fragen, ob sie für immer klettern und nie die Kirchturmspitze erreichen würden. Oder ob sie schon immer geklettert waren und alles andere nur ein Traum gewesen war. Manchmal schien es, als würden mehr als fünf Leute die schmalen Treppenstufen erklimmen, und manchmal weniger als fünf, und beide Wahrnehmungen schienen völlig normal, bis sie vorüber waren.
Als sie sich endlich ihrem Ziel näherten, trotz Schmerz und Müdigkeit und allem anderen, was die Kathedrale ihnen entgegenwerfen konnte, beharrlich weiterkletternd, begann der brennende Mann, sie zu verhöhnen und sagte, dass die wilde Magie diesmal nicht nur auf eine lange Nacht beschränkt wäre, wenn die Vergänglichen ausbrachen. Diesmal nicht nur der Dämonenprinz und seine Dämonen und nicht nur die nördlichen Königreiche. Wenn das Tor sich öffnete, würde der blaue Mond für immer
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