Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
als erwache die schon lange tote Hand.
„Was zur Hölle passiert da?“, fragte Fischer flüsternd.
„Da bin ich überfragt“, sagte der Seneschall, ohne sie anzusehen. „Sie sollte eigentlich gar nichts tun. Ich habe die Hand noch nicht aktiviert.“
Die Finger der Ruhmeshand bogen sich jetzt kräftig, sehnten sich fast danach, die Fensterläden zu erreichen, und alles, was der Seneschall tun konnte, war, die Hand festzuhalten. Im Raum herrschte jetzt das starke Gefühl einer Präsenz, als hätte sich jemand zu ihnen gesellt. Dann ballte sich die Hand plötzlich zur Faust, löschte die Flammen aus und klopfte gegen das bemalte Holz. Das Geräusch schien unmöglich weit hörbar zu sein, hallte ewig nach, als würde es unvorstellbare Weiten durchqueren, und dann teilte sich das Panorama des Himmels langsam, als die Fensterläden leise in den goldenen Raum aufschwangen und dahinter eine unendliche Dunkelheit preisgaben. Eine so tiefe Schwärze, dass keiner von ihnen sie anschauen konnte, nicht einmal der brennende Mann; ein Dunkel jenseits von allem, was sie im Düsterwald oder der langen Nacht gesehen hatten. Eine komplette Abwesenheit von Licht und allem anderen. Das Dunkel am Ende des Universums, wenn alle Sterne erloschen sind, um nie wieder aufzuflammen.
Alle schauten neugierig die Ruhmeshand an. Sie hatte sich jetzt entspannt und sah einfach wie eine normale mumifizierte Hand eines Toten aus. Der Seneschall schüttelte sie ein paarmal vorsichtig, aber ihre Rolle war anscheinend vorbei. Das Gefühl einer weiteren Präsenz im Raum war weg.
„Läden, die keine sterbliche Hand öffnen konnte“, sagte Lamento.
„Wessen Hand war das ursprünglich?“, fragte Falk.
Der Seneschall runzelte gedankenvoll die Stirn. „Der Legende zufolge hat man sie dem Leichnam des ersten Waldkönigs abgeschnitten. Des Mannes, der den Befehl gab, diese Kathedrale zu bauen. Ich fand sie in der alten Rüstkammer. Ich schätze, er hat hier immer noch Befehlsgewalt.“
„Was hat Euch dazu gebracht, das Ding mitzunehmen?“, fragte Fischer.
Das Stirnrunzeln des Seneschalls wurde tiefer. „Die Hand befahl es mir. Nein, ich will das nicht ausdiskutieren. Können wir jetzt bitte über etwas anderes sprechen?“
„Gut“, stimmte Falk ihm zu. „Wir haben jetzt unser Tor, wie beunruhigend es auch sein mag. Isobel und ich gehen rein. Lamento, ich nehme an, Ihr seid dabei?“
„Natürlich“, entgegnete Lamento. „Die Situation hat sich nicht verändert. Ich muss die Welt muss immer noch vor dem Chaos retten.“
„Ich gehe nicht“, sagte der brennende Mann. „Ich bin gegangen, so weit ich kann. Ich bin an den Ort meines Erfolgs und meines Vergehens gebunden.“
„Dann wird der Seneschall mit dir hierbleiben, bis wir zurückkehren“, sagte Lamento.
„Ach ja?“, fragte der Seneschall. Er sah den brennenden Mann unsicher an, der ihm ein gemeines Lächeln zuwarf. „Warum sollte ich das tun wollen?“
„Du musst mit der Ruhmeshand hier bleiben, um die Pforte offenzuhalten“, sagte Lamento geduldig. „Sonst würde ich es dem brennenden Mann zutrauen, die Pforte hinter uns zu schließen und uns für immer in der Träumerei auszusetzen. Du kannst ein Auge auf ihn werfen und sichergehen, dass er sich benimmt.“
„Allein?“, fragte der Seneschall nur ein kleines bisschen wehklagend.
„Ihr werdet mit ihm fertig“, sagte Falk knapp. „Ihr seid der Enkel des Erzmagiers, erinnert Ihr Euch? Wenn er irgendwelchen Ärger macht, dann tretet seinen flammenden Arsch ein paar Mal durch den Raum.“
Der Seneschall warf dem brennenden Mann einen langen, gedankenvollen Blick zu. „Ja. Das könnte ich tun.“
Fischer lächelte. „Stellt ein Licht für uns ins Fenster. Wir werden zurück sein, ehe Ihr es Euch verseht.“
„Kein Mensch ist je aus der Träumerei zurückgekehrt“, sagte der brennende Mann gehässig. „Ihr geht in euren Tod, oder Schlimmeres.“
Falk, Fischer und Lamento ignorierten ihn. Sie atmeten ein paarmal tief ein, um sich zu wappnen, und drehten sich dann wie ein Mann um, um entschlossen in die Finsternis hinter dem Fenster zu starren. Während sie sich zwangen hinzusehen, erschien plötzlich ein Streif schimmernden Lichts, der sich waagerecht vor ihnen ausbreitete. Der Streif wurde schnell breiter und heller und öffnete sich dann ganz, um ein riesiges Auge zu bilden, das das ganze Fenster ausfüllte und zu ihnen hinein schaute. Das Auge leuchtete sehr hell, leuchtender als jeder Stern, ein
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