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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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lebte schon nicht mehr.
    Ritchie rief: »Kurs Süd-Süd-Ost, Sir, liegt an!«
    Adam machte ein paar Schritte in Richtung Reling und zurück. Es war seltsam still, nachdem die wirbelnden Trommeln Seeleute und Seesoldaten auf ihre Stationen gerufen hatten. Er hatte die erwartungsvolle Spannung gespürt und hinterher den befreienden Jubel. Er kam unerwartet und überwältigte ihn. Zum größten Teil waren die Männer ihm noch fremd, weil er es so gewollt hatte, aber ihre Hochrufe wirkten ansteckend. Er hatte beobachtet, wie Ritchie sich so sehr vergaß, daß er sogar George Minchin, dem Schiffsarzt, die Hände schüttelte, der – höchst ungewöhnlich – auch an Deck erschienen war, um dem Kommandanten zuzuhören. Minchin war ein Schlachter alter Art da unten im Zwischendeck, doch trotz seines brutalen Gewerbes und seiner Vorliebe für Rum hatte er mehr Leben gerettet als verloren. Auch der große Chirurg Sir Piers Blachford hatte ihn auf der
Hyperion
gelobt.
    »Die Gegner haben die gleiche Peilung, Sir!« meldete Leutnant Dyer.
    Adam hatte sie kurz gesehen, zwei Fregatten, dieselben oder unbekannte. Vielleicht war es egal. Doch er wußte, daß dem nicht so war.
    Er blickte achteraus und stellte sich die Schiffe vor, wie er sie zuletzt gesehen hatte. Ihre Kommandanten würden jeden noch so unbedeutenden Kurswechsel der
Valkyrie
genau eingezeichnet haben. Sie würden erwarten, daß er die Schleppleine loswarf. Das würde jeder Kommandant tun, der sein Schiff nicht kampflos aufgeben wollte.
    Doch wenn sie den Köder nicht schluckten? Er könnte Urquhart und seine Prisenmannschaft verlieren. Oder er könnte gezwungen sein, sie achteraus zu lassen, um sein eigenes Schiff zu retten.
    Fliehen?
Er wandte sich an den Midshipman für die Signale. »Mr. Warren! Entern Sie mit Ihrem Glas auf und melden Sie, was Sie beobachten.« Er drehte sich um und sah de Courcey steif nach Lee gehen, als wolle er ein paar Seesoldaten beobachten, die ins Großtopp enterten mit Munition für die Drehbasse da oben. De Courcey hatte die Epaulette und die goldene Schnur entfernt, die ihn als Flaggleutnant eines Admirals auswiesen. Vielleicht hoffte er, so ein weniger auffallendes Ziel abzugeben, falls der Feind nahe genug herankam.
    Adam hörte den Midshipman rufen: »Das Schiff achtern führt einen Breitwimpel, Sir!«
    Er atmete langsam aus. Ein Kommodore also wie Nathan Beer… Er verdrängte den Gedanken. Nein, gewiß nicht wie der beeindruckende Beer. Den mußte er vergessen. Es war nicht nur verrückt, Bewunderung für den Feind zu zeigen, es war sogar höchst gefährlich. Wenn der Kapitän der war, für den sein Onkel ihn hielt, gab es nichts an ihm zu bewundern. Aus persönlichem Haß hatte er bereits versucht, sich an Sir Richard Bolitho mit allen Mitteln zu rächen. Adam war sich fast sicher, daß derselbe Kopf ihn auch als Köder benutzen wollte, um seinen Onkel zu einer Rettungsaktion zu verleiten. Er mußte oft an den leeren, seltsam schönen Raum denken, in dem der amerikanische Kapitän Brice ihn vernommen hatte. Vielleicht würde sich Brice wieder an das Treffen erinnern, wenn er diese Nachricht vom Tode seines Sohns erhielt.
    Haß war der Schlüssel, falls jener Kommandant Rory Aherne war, dessen Vater in Irland als Verräter gehängt worden war. Der Vorfall war im Durcheinander und in den Schmerzen so vieler Kriegsjahre längst vergessen – doch nicht von ihm, der auch nicht vergeben wollte. Vielleicht war dies das Ziel im Leben des unbekannten Aherne und trieb ihn voran auf dem Wege zum Ruhm, den er anders wohl kaum erringen würde. Ein Abtrünniger, ein Kaperer, der seinen Platz in der jungen, kampfwilligen amerikanischen Marine gefunden hatte. Man würde sicher von seinem Ruhm eine Weile singen, doch Abtrünnigen vertraute man nie vollständig, genau wie John Pauljones, dem Schotten, der Ruhm und Anerkennung in Kämpfen gegen die Engländer gefunden hatte. Aber man hatte ihm danach nie wieder ein Kommando anvertraut, Ruhm hin, Ruhm her… Er runzelte die Stirn.
Wie meinem Vater…
Ein dumpfer Knall warf sein Echo um das Schiff, als käme er aus einer Höhle. Die einsame Kugel zog vor dem Bug der
Success
vorbei und fiel in einer Schaumfontäne in die See.
    »Bugkanone«, sagte jemand.
    »Erster Schuß!« meinte Dyer.
    Adam nahm seine Uhr aus der Tasche und klappte den Deckel auf, erinnerte sich an den dämmrigen Laden, die tickenden Uhren und ihr Schlagen im Chor. Die Meermaid sah er nicht an, versuchte, nicht an sie zu denken,

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