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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der neue Leutnant der Seesoldaten. Sein Gesicht war in dem häsigen Sonnenlicht so scharlachrot wie seine Uniformjacke. Dahinter die Mannschaften, von denen er viele kannte und denen er absolut vertraute. Zwischen ihnen auch die Unbeugsamen, die sich nie ändern würden, die in allen Autoritäten tödliche Feinde sahen. Doch kämpfen würden sie gut genug.
    Und da stand auch der Kapitän, hatte ihm den Rücken zugedreht. Seine Schultern glänzten naß. Doch er schien sich darum nicht zu kümmern. Sein Instinkt, dem er vertraute, hatte ihn auch diesmal nicht im Stich gelassen.
    Lovie wollte wissen: »Was hat der Kapitän denen zu sagen, Sir?«
    Urquhart sah ihn bei seiner Antwort nicht an. »Das gleiche, was ich Ihnen sagen werde, Mr. Lovie. Wir stehen klar bei Schleppleine und kappen sie auf Befehl von drüben!«
    Lovie sah ihn von der Seite an. Urquhart war der einzige Erste Offizier, den er kannte, und insgeheim hoffte er, genauso gut zu werden wie er, wenn er die Chance dazu je bekäme.
    Dann sagte er: »Die Zündschnur, Sir, die Sie gelegt haben. Sie haben das alles schon längst gewußt.«
    Urquhart sah die Bilder vor der Linse. Männer jubelten. Bei einem anderen Wind hätten sie sie von drüben hören können.
    »Geraten entspräche mehr der Wahrheit. Ich dachte, es ist das letzte Mittel, das wir einsetzen können, um zu verhindern, daß die
Success
wieder dem Gegner in die Hände fällt.« Jetzt setzte er das Glas ab und schaute ihn direkt an.
    »Und dann habe ich plötzlich verstanden. Kapitän Bolitho
wußte
das alles schon und hatte längst entschieden, was getan werden mußte.«
    Lovie runzelte die Stirn. »Aber da sind zwei Gegner, Sir. Nehmen wir mal an…«
    Urquhart lächelte. »Ja, ja – annehmen. Das Wort taucht in keiner Depesche auf.« Er erinnerte sich an Adam Bolithos Gesichtsausdruck, als er das Kommando an Bord übernahm und seine Bestallungsurkunde laut vorlas. Ein empfindsames, abwägendes Gesicht, das nichts von dem verriet, was ihm der Verlust der
Anemone
bedeutet hatte, seine Kriegsgefangenschaft und schließlich das Ritual der Kriegsgerichtsverhandlung. Nur ganz selten, wie zum Beispiel gestern, als sie zusammen gegessen hatten, konnte Urquhart den Mann hinter der Maske erkennen. Irgendwie schien er immer noch ein Gefangener zu sein, Gefangener von irgend etwas oder von irgend jemandem.
    Urquhart sagte: »Sie bleiben an dieser Stelle und beobachten die Schleppleine. Rufen Sie mich sofort, wenn irgend etwas passiert.« Er wollte noch etwas Witziges sagen, änderte seine Meinung aber abrupt und eilte in Richtung Niedergang. Ihm war schlagartig etwas eingefallen, das er weder vergessen noch übersehen durfte. Lovie blieb stehen, wo er ihn zurückgelassen hatte, und träumte vielleicht von dem Tag, an dem auch er eine Leutnantsuniform tragen würde.
    Urquhart eilte den Niedergang hinunter und blieb ein paar Minuten unten im Schatten stehen, um sich zu sammeln. Es war nicht das erste Mal, daß ihm dies widerfuhr.
    Er hatte auch andere mit mehr Erfahrung davon reden hören. In seinem Herzen wußte er, daß Midshipman Lovie diesen Tag nicht überleben würde.
    Ein Gehilfe des Stückmeisters beobachtete ihn, bewegte eine langsam glühende Zündschnur wie ein teuflisches Auge in der Faust.
    »Alles klar, Jago?« Er fragte das, um irgendwas zu sagen. Der Gehilfe war ein Seemann von echtem Schrot und Korn, und darum hatte er ihn ausgewählt. Trevenen hatte ihn wegen einer Kleinigkeit auspeitschen lassen, und darüber war Urquhart mit dem Kapitän aneinandergeraten. Das war ihn selber teuer zu stehen gekommen, wie er jetzt wußte. Selbst Dawes hatte ihm gegenüber nie von Beförderung gesprochen. Doch mit seinem Eintreten hatte er Jagos Vertrauen gewonnen und noch mehr – auch wenn der Mann die Narben dieser unrechten Auspeitschung bis an sein Lebensende tragen würde.
    Jago grinste: »Geben Sir nur das Kommando, Sir!«
    Keine Fragen, keine Zweifel. Vielleicht war es so am besten.
    Er sah die Leiter hoch im hellblauen Himmel. »Die Boote werden längsseits festgemacht liegen. Dann kommt es auf uns an.«
    Er ging weiter durch das Schiff, wo einst so viele Menschen gelebt und gearbeitet und ihre Hoffnungen gepflegt hatten. Menschen, die dieselbe Sprache benutzten, doch deren gemeinsames Erbe jetzt im Krieg zwischen den beiden Völkern stand wie ein ungebrochenes Riff.
    Urquhart hörte das Knarren des Ruderschafts und das einsame Klicken einer einzigen Pumpe.
    Jetzt war es fast soweit. Das Schiff

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