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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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unterließ.
    Türen öffneten sich, Hacken knallten zusammen, und dann betraten sie einen großen, spartanisch eingerichteten Raum mit einem langen Tisch und zwei Reihen Stühlen. Keen und Adam waren schon da und ebenso der muntere de Courcey. Ein angestaubt aussehender Zivilist saß an einer Schmalseite des Tisches, ein Major der Seesoldaten an der anderen. Wegen des nackten Ernstes dieses Raums war die Atmosphäre einer offiziellen Verhandlung schon deutlich zu spüren.
    Sie schüttelten sich die Hände, eher wie Fremde. Bolitho hatte nach Adams Rückkehr von Antigua wenig von ihm gesehen, doch er hatte ihm ein paar Zeilen geschrieben, mit denen er ihm zur Versenkung der Prise und ihres Angreifers gratulierte.
    Die zweite Tür wurde geöffnet und Konteradmiral Thomas Herrick ging geradewegs auf den Tisch zu und setzte sich. Sein Blick lag kurz auf ihm. Sein Gesicht war unbewegt. Nichts verriet die Anstrengung, die er auf sich genommen hatte mit dieser von ihm persönlich geleiteten Untersuchung über den Verlust und die Wiedereroberung Seiner Britannischen Majestät Fregatte
Reaper
.
    Bolitho wußte, daß Herrick alle Aussagen gelesen hatte, auch die, die Avery in Hamilton für den schwer verwundeten Ersten Offizier der
Reaper
zu Papier gebracht hatte. Er kannte auch Adams Bericht über die Wiedereroberung von den Amerikanern, als
Reapers
Kanonen in die See gefeuert hatten. Herrick hatte auch mit David St. Clair gesprochen und wahrscheinlich auch mit dessen Tochter. Bolitho erinnerte sich an den Augenblick im Haus des Generals, als der jugendliche Hauptmann des königlichen Regiments Keen das Miniaturbild der jungen Frau überreicht hatte.
    Der letzte Angriff auf York hatte keine weiteren Verluste gebracht, denn die britischen Truppen waren nicht wieder in das ausgebrannte Fort zurückgekehrt. Die Amerikaner hatten York nach drei Tagen schon wieder verlassen. Vielleicht hatten sie weder Vorräte noch Waffen gefunden, weil die entweder abgezogen oder beim ersten Angriff schon zerstört worden waren. Im Vergleich zu anderen war dieses Gefecht unbedeutend gewesen. Doch dafür hatte es viel zu viele Tote gefordert.
    Und die Konsequenzen waren immer noch nicht ganz klar.
    Herrick sah von seinem Stapel Papiere auf.
    »Dies ist ein offizieller Ausschuß, der den Verlust und die Wiedergewinnung Seiner Britannischen Majestät Schiff
Reaper
untersucht. Ich bin von den Lords der Admiralität autorisiert und beauftragt, alle Erkenntnisse zu sammeln, um sie zu befähigen, ein abschließendes Urteil fällen zu können.«
    Er wartete, bis der Gerichtsdiener ihm ein weiteres Blatt reichte.
    »Wir sind uns alle sehr der Folgen schlechter Vorbilder und schlechten Führens bewußt. Es ist oft einfach, schlau zu sein nach einem Ereignis, bei dem viele Fehler gemacht und große Schäden angerichtet wurden.« Einen kurzen Augenblick lang ruhten seine Augen auf Bolitho. »In all diesen Kriegsjahren haben wir über diesen und jenen Feind viele Siege errungen. Doch wir haben niemals die Freiheit gewonnen zu hinterfragen, was wir taten oder warum es uns befohlen wurde.« Er lächelte fast. »Und ich fürchte, wir werden es auch nicht mehr erleben.«
    Wieder sah er auf das Papier. »Niemand muß uns an die unbedingte Notwendigkeit von ständiger Ordnung und Disziplin erinnern. Ohne sie sind wir eine Schande für die Flotte, der wir dienen.« Seine Schulter bewegte sich und mit ihr der leere Ärmel. Er schien es nicht zu merken.
    »Wer das als Kapitän je vergißt, tut es auf eigene Gefahr!« Bolitho schaute sich zu seinen Begleitern um. Keen und Adam waren beide Midshipmen unter ihm gewesen und hatten die Fährnisse und Belohnungen auf dem Weg nach oben kennengelernt. De Courcey hörte sehr aufmerksam zu, aber sein Gesicht verriet kein Verständnis. James Tyacke lehnte sich in den Schatten zurück, wohl um sein Gesicht zu verbergen. Doch seine Hände, die in seinem Schoß ruhten, hatten sich so ineinander verkrampft, als bereite auch er sich auf das Unvermeidliche vor. Genau wie die anderen, die da warteten: rund neunzig Männer, deren Leiden unter einem sadistischen Kommandanten bald im Namen der Gerechtigkeit ausradiert sein würden. Er sah Adam seinen Blick unbewegt erwidern. Sein Gesicht war schmerzlich verzogen. Bolitho wußte, dieser Schmerz reichte tiefer als der seiner Wunden: Er erlebte noch einmal den Verlust seines eigenen Schiffs. Die Flagge wurde gestrichen, während er hilflos dalag, wo er an diesem blutigen Tag verwundet

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