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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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damit war Tyakke zufrieden.
    »Ja, Mr. Daubeny?«
    Daubeny legte grüßend die Hand an den Hut. »Wir werden das Stauen heute abschließen, Sir!«
    Tyacke räusperte Zustimmung. Er stellte sich sein Schiff aus der Ferne vor, ihren Trimm im Wasser, und versuchte, dafür ein Gefühl zu entwickeln.
    Er sagte: »Sagen Sie meinem Bootsführer, er soll meine Gig bereithalten, wenn es soweit ist. Ich möchte sie noch einmal von allen Seiten sehen. Vielleicht müssen wir das zusätzliche Schießpulver und die Kugeln weiter achtern stauen.« Er spürte den Stolz nicht, der in seiner Stimme mitschwang. »Diese Dame hier muß fliegen wollen, wenn sie wieder offenes Wasser vor sich hat.«
    Daubeny hatte verstanden. Er wußte, daß er seinem Kommandanten nie sehr nahe stehen würde. Tyacke hielt auf emotionale Ferne, als fürchte er, seine wahren Gefühle zu enthüllen. Nur gegenüber Sir Richard Bolitho hatte er eine Änderung in Tyackes Verhalten bemerkt, hatte Wärme zwischen beiden gespürt, ein unausgesprochenes gegenseitiges Verstehen und gegenseitige Anerkennung. Er erinnerte sich an beide auf diesem ungestörten Achterdeck. Daß so etwas geschehen war, war kaum zu glauben. Er hörte eine innere Stimme:
Daß ich überlebt habe…
Er sagte: »Ich freue mich, wenn wir Sir Richards Flagge wieder gesetzt haben, Sir!«
    Er zuckte nicht zusammen, als Tyacke ihn anstarrte wie einst. Wieviel schwerer er es doch hat, dachte er. Die neugierigen Blicke, das Zurückzucken – und ja, die Ablehnung. Doch überraschenderweise lächelte Tyacke: »Sie sprechen mir aus dem Herzen, Mr. Daubeny.«
    Tyacke drehte sich um, als Master York aus dem Niedergang auftauchte und den Nebel, der sich auflöste, keines Blickes würdigte.
    »Sie hatten recht, Mr. York! Sie haben uns besseres Wetter beschert.« Dann hob er die Hand. »Hören Sie!« Das Hämmern und die dumpfen Schläge in den Decks hatten aufgehört – ganze sechs Monate nachdem die letzte Kugel Männer blutig zerschmettert hatte. Schnelle und gute Arbeit.
    York musterte ihn ernst. Wie oft hatte er in den letzten beiden Jahren die Launen seines Kommandanten beobachtet, seine Qual und seinen Trotz. Er hatte mal gehört, was Tyacke über Sir Richard Bolitho sagte: Ich könnte keinem anderen dienen. Dasselbe würde er von diesem tapferen, einsamen Mann sagen.
    »Dann sind wir also soweit, Sir!« sagte er.
    Daubeny hörte zu, nahm teil. Anfangs hatte er geglaubt, niemals die Aufgaben des gefallenen Leutnants Scarlett erfüllen zu können. Er hatte sogar Furcht davor gehabt. Aber das war gestern. Heute war Scarlett nur noch ein Schatten, eine Erinnerung ohne Bedrohung.
    Er sah zu den aufgetuchten Segeln hoch. Nässe tropfte von ihnen wie tropischer Regen. Wie sein Schiff –
Old Indom
nannten die Matrosen sie – war auch er bereit.
    Drei Wochen nach dem Ankeraufgehen in Portsmouth, Hampshire, mit dem Ziel Halifax, Neuschottland, hatte Seiner Britannischen Majestät Schiff
Wakeful
nur noch wenige Tage bis zum Einlaufen. Selbst Adam Bolitho, der als Kommandant von Fregatten wirklich harte Erfahrungen gesammelt hatte, konnte sich an keine bewegtere Reise erinnern. Der Februar ging über in den März, und der Atlantik setzte jede Laune und jeden Trick gegen sie ein.
    Es war das erste Kommando des jungen Kommandanten der
Wakeful
, und er hatte es jetzt zwei Jahre. Und zwei Jahre auf einer Fregatte, die fast ausschließlich für den Transport lebenswichtiger Depeschen an entfernte Flaggoffiziere oder Geschwader eingesetzt wurde, ersetzte ein ganzes Leben auf anderen Schiffen. Auf Südwestkurs in den Rachen atlantischer Stürme, die mit ihren rasenden Seen Männer bewußtlos schlugen oder sie ständig der Gefahr aussetzten, von den oberen Rahen herabgeworfen zu werden, während sie mit Füßen und Fäusten gegen die halbgefrorene Leinwand ankämpften. Das Wachegehen wurde zum Alptraum aus Lärm und grausamer Schinderei. Weil sie nicht einmal ein Log aussetzen konnten, mußten sie sich beim Berechnen ihres Etmals auf Koppelungen verlassen oder, mit den Worten des Masters, auf Gott und Gissen.
    Auch die Passagiere achtern fanden es ungemütlich. Doch sie schienen irgendwie nicht zum Rest des Schiffes zu gehören oder zu seiner erschöpften Mannschaft, die immer wieder an die Brassen gepfiffen wurde oder nach oben, um Segel zu reffen. Auch wenn sie gerade einen Augenblick in der Messe Luft holten. Schon der Transport warmen Essens aus der stampfenden und rollenden Kombüse war ein Akrobatikakt.
    So

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