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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gemacht – Troughton. Ungläubig hatten die Angetretenen beobachtet, wie ihr neuer und schrecklich entstellter Kommandant einen Mann umarmte, den dieselbe Breitseite zum Krüppel gemacht hatte. Sie war während der Schlacht vor Alexandrien in die brüllenden, schwitzenden Mannschaften an den Kanonen gefahren. Troughton war damals junger Seemann. Tyacke hielt ihn für tot wie die meisten, die um ihn herum gefallen waren.
    Jetzt war auch Troughton nicht mehr da. Tyacke hatte erst zwei Tage nach dem Gefecht mit den Amerikanern davon erfahren. Er wußte nicht einmal, woher er stammte und ob irgend jemand seinetwegen trauerte.
    Er fühlte einen leichten Hauch auf seiner Wange. Der Wind meldete sich wieder. York würde also wie immer recht behalten. Er hatte Glück mit seinem Master. York hatte als Gehilfe des Masters hier an Bord angefangen und war auf die einzige Art befördert worden, die Tyacke respektierte: aufgrund von Können und Erfahrung.
    Der Nebel würde sich also lichten, und sie würden endlich wieder den Hafen sehen, Schiffe und Stadt und die gut plazierten Batterien. Sie würden jeden Versuch abschrecken, selbst den eines tollkühnen Draufgängers, die Leinen eines Handelsschiffs oder einer amerikanischen Prise zu kappen, die hier ankerten.
    Einsam und so, wie sie nach dem Gefecht hierher geschleppt worden war, lag die
Baltimore
da – ohne Aussicht auf Wiederherstellung. Man würde sie vielleicht gerade noch als Hulk oder Vorratsschiff verwenden können. Doch fern und halb auf Grund liegend war sie eine Erinnerung an jenen Tag, als Amerikas überlegene Fregatten angegriffen und besiegt worden waren.
    Sir Richard Bolitho würde bald wieder hier sein. Tyacke verlangsamte seine gleichmäßigen Schritte. Und wenn er jetzt woandershin befohlen worden wäre? Die Admiralität war nie abgeneigt, eine gemeinsame Vorstellung zu ändern. Depeschen des letzten Kurierschiffs hatten ihm die bevorstehende Ankunft von Valentine Keen in Halifax mitgeteilt. Er würde seine Flagge auf der
Valkyrie
setzen, die auch wie die
Indomitable
zu einem Zweidecker umgebaut worden war. Adam Bolitho war Keens Flaggkapitän. Er verstand immer noch nicht genau, warum er in diese Gewässer zurückkehrte. Tyacke war mit Keen bekannt, hatte als Gast an seiner Hochzeit teilgenommen, doch das genügte ihm nicht, um sich ein Urteil über den Mann Keen zu bilden. Dies wäre sein erstes Kommando als Flaggoffizier. Vielleicht ging es ihm dabei um Ruhm. Er hatte kürzlich Frau und Kind verloren. Wieder berührte Tyacke sein verbranntes Gesicht. Solch ein Verlust konnte einen Mann gründlicher verändern, als viele annahmen.
    Er sah voraus ein Wachboot vor dem Bug vorbeiziehen. Auf der Heckbank nahmen die Seesoldaten Haltung an, als über ihnen im dünner werdenden Nebel die
Indomitable
erkennbar wurde.
    Er ließ seine Gedanken wieder um die
Valkyrie
kreisen, die immer noch unsichtbar im Hafen ankerte. Peter Dawes war ihr jetziger Kommandant und bis zu Keens Ankunft sogar Commodore. Er war ein Kapitän mit vollem Rang, jung, verbindlich, kompetent. Aber er hatte auch seine Grenzen. Dem Sohn eines Admirals folgten Gerüchte, daß er nach seiner Ablösung hier sofort zum Flaggoffizier befördert würde. Tyacke hatte immer seine Zweifel an ihm gehegt und offen darüber mit Bolitho gesprochen. Dawes könnte zögern, seinen Ruf und seine Aussicht auf Beförderung aufs Spiel zu setzen, wenn man seine Unterstützung dringend brauchte. Das stand nun alles als Geschichte in den Büchern. Sie hatten gekämpft und den Tag für sich entschieden. Tyacke erinnerte sich an seine eigene Wut und Verzweiflung. Er hatte ein herumliegendes Enterbeil ergriffen und es in eine Leiter der Unity gehauen. Noch heute bedrängten ihn nachts seine eigenen Worte: Und wozu das alles?
    Er wußte, daß Bolitho sie alle vorgewarnt hatte. Dies war kein gewöhnlicher Gegner, kein Fremder, auch wenn die Flaggen es zu sagen schienen. Nicht Franzose, nicht Holländer, nicht Spanier – kein vertrauter oder alter Feind.
    Diese Siedler aus der neuen Welt, die für das kämpften, was sie für ihre Freiheit hielten, sprachen dieselbe Sprache: Dialekte aus dem Süden und dem Westen Englands, aus Norfolk und Schottland. Es war, als kämpfe man gegen sein eigen Fleisch und Blut. Das war der entscheidende Unterschied in diesem Krieg.
    Bei einem seiner Besuche an Bord der
Valkyrie
hatte Tyacke seine Meinung über Bolithos Rückruf nach London geäußert. Er hatte aus seinem Herzen keine

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