Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
unter dem Blick Tyackes; er hatte sich an die fürchterlichen Narben und den Mann noch nicht gewöhnt.
    »Wir haben gewonnen, Sir!« sagte er bedrückt.
    Tyacke ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter – was er selten tat. Die Berührung überraschte ihn mehr als den Midshipman.
    »
Die haben verloren
, Mr. Campbell. Das ist nicht immer das gleiche!«
    Bolitho erwartete ihn. »Als Prise ist sie nicht mehr viel wert, James. Aber man wird ihren Verlust spüren!«
    Tyacke lächelte. Bolitho wollte also auch nicht darüber reden.
    Er sagte: »Keine Chance mehr für eine Verfolgung, Sir Richard! Wir haben andere Sorgen!«
    Bolitho sah die andere amerikanische Fregatte einige Meilen entfernt über das dunkelblaue Wasser fliehen.
    »Ich kann warten!« Er riß sich zusammen. Jemand schrie vor Schmerzen, als Kameraden ihn bewegen wollten. »Sie haben sich gut geschlagen!«
    Er sah Ozzard kommen – durch die herabgestürzte Takelage und an den herumliegenden Rammern bei den Kanonen vorbei. Er gehörte dazu wie alle anderen, doch er war in der Lage, den Lärm und den Anblick gar nicht zu bemerken. Er trug eine Flasche, eingewickelt in ein überraschend sauberes Tuch.
    Noch immer stand Tyacke neben ihm, doch er sah jeden, der jetzt seine Aufmerksamkeit verlangte.
    »Die hatten Glück, Sir Richard.«
    Bolitho sah Ozzard ein Glas putzen. Alles andere um sich herum hatte er vergessen.
    »Das denkt nicht jeder, James.«
    »Vertrauen, Sir!« Abrupt wandte sich Tyacke ab. Das Wort schien hängenzubleiben, als er davonging.
    Bolitho hob das Glas an die Lippen, während der Schatten des feindlichen Masttopps auf das Deck fiel. Er bemerkte einige blutverschmierte Seeleute, die ihn beobachteten. Einige grinsten, als er ihre Blicke erwiderte, andere starrten nur neugierig. Vielleicht suchten sie eine Erinnerung, etwas, von dem man später berichten konnte, wenn einer neugierig fragte. Er berührte das Amulett unter seinem Hemd. Sie würde verstehen, was es für ihn bedeutete. Dieser eine, einfache Satz.
    Während die Sonne am Himmel höher stieg und ein riesiger Dunst ringsum auf der Kimm lag, arbeitete die Mannschaft der
Indomitable
fast ohne Pause, um ihr Schiff zu reinigen und die Spuren des Kampfs zu beseitigen. Unter Deck und selbst oben roch es sehr nach Rum. Alle hofften, daß es um die Mittagszeit ein warmes Essen geben würde. Für den gewöhnlichen Seemann waren starker Rum und ein voller Bauch das beste Mittel gegen fast jede Unbill.
    Im Zwischendeck der
Indomitable
waren die Ausbesserungsarbeiten und die Geschäftigkeit von oben kaum noch zu hören. Der Unterschied konnte kaum deutlicher sein. Unterhalb der Wasserlinie des Schiffes gab es an diesem dumpfen Ort nie Tageslicht, es sei denn in einer Werft, wo man den Rumpf aufbräche. Auf der ganzen Schiffslänge lagerten hier Vorräte, Ersatzhölzer, Spieren, Frischwasser und in besonders bewachten Magazinen Schießpulver und Geschosse. Hier hatte der Zahlmeister seine Vorräte, Kleider aus der Schlappkiste, Tabak, Eßvorräte und Wein für die Offiziersmesse. In der Dunkelheit, nur hier und da durch Gruppen von Lampen erhellt, lebten und schliefen im Zwischendeck auch jüngere Unteroffiziere und Midshipmen, lernten im flackernden Licht in ihren Büchern und träumten von Beförderung. Hier war auch der Platz, an den verletzte und verwundete Männer getragen wurden, um zu sterben oder weiterzuleben.
    Bolitho bückte sich tief unter jedem der gewaltigen Decksbalken und wartete darauf, daß seine Augen sich an den harten Wechsel von blitzendem Sonnenlicht zu diesem Dämmerlicht gewöhnten, während er sich von den erleichterten und jubelnden Siegern oben zu denen hier unten bewegte, die vielleicht die Sonne nie wieder sehen würden.
    Dank der ersten eigenen Breitseiten und der hervorragenden Schiffsführung von Tyacke im Nahkampf, waren die Ausfälle der
Indomitable
, ihre Liste Verwundeter und Toter, erfreulich klein. Von einem langen Seeleben wußte er natürlich, daß das für die armen Hunde im Zwischendeck kein Trost war. Einige lagen auf dem Deck oder lehnten gegen den gewölbten Rumpf, waren bereits verbunden oder starrten auf die kleine Gruppe um den Tisch, an dem der Schiffsarzt und seine Gehilfen ihre Patienten versorgten, »ihre Opfer«, in den Worten der Seeleute.
    Bolitho konnte Allday hinter sich schmerzlich atmen hören und fragte sich, warum er ihn hierher begleitet hatte. Er mußte doch dankbar sein, daß seinem Sohn diese Verzweiflung und ein

Weitere Kostenlose Bücher