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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Jungen fluchtartig in Schlaf fielen ließen, so erweist sich seit gestern als Schnellschlafmittel Disco-Dancing auf Mutters Arm zu Donna Summers «I Need Some Hot Stuff, Baby, Tonight».
    Friedlich schläft mein Kind auch in vollbesetzten Restaurants und beim Spaziergang entlang von Hauptverkehrsadern. Er schlummert selig auf Fremdarmen, wohingegen nachts im Dunkeln im Bett zu liegen sich beim Einschlafen eher als störend erweist.
    Meine Nähe scheint ihn nervös zu machen. «Klar, der riecht die Milch», sagt Johanna, «du könntest ja auch nicht direkt neben einem All-you-can-eat-Buffet einschlafen.»
    Das leuchtete mir sofort ein.
    Die beherrschenden Themen dieser Tage lassen sich in einem Satz zusammenfassen: wenig Schlaf, viel Oberweite. Wobei ich mich nicht über die Nächte beklagen will, da habe ich unverschämtes Glück.
    Schlominsky, so die neueste Namensabwandlung, schläft ruhig und friedlich, schmatzt fordernd, wenn er Hunger hat, dann stille ich ihn im Halbschlaf, und wir schlafen beide weiter.
    Ab und zu haben wir anstrengende Nächte. Und dann bin ich am nächsten Tag so gerädert, dass ich mir nicht vorstellen kann und mag, wie es Müttern ergehen muss, die über Monate oder gar Jahre pro Nacht nicht länger als ein, zwei Stunden am Stück schlafen.
    Was für mich eine ganz ungeheuerliche Erfahrung ist: das Leben mit Brüsten.
    Das stellte ich an dem Tag fest, an dem mein Sohn einen Monat und vier Tage alt wurde. Ich fand, es sei höchste Zeit, mich wieder ohne Anhang auf der Partypiste sehen zu lassen. Der Aufwand, stellte sich hinterher heraus, stand allerdings in keinem Verhältnis zum gewonnenen Amüsement.
    Hier der Ablauf des Abends im Einzelnen:
Baby in Babyschale verpacken und anschnallen (fünfundzwanzig Minuten).
An der ersten Ampel feststellen: lebenswichtige Baby-Schmusedecke plus sechs Ersatzschnuller für alle Fälle vergessen. Wenden und zurück (acht Minuten).
Baby auf Sofa des Patenonkels stillen, Milchflecken von Sofa entfernen, Milchflecken von tief ausgeschnittener Bluse entfernen (fünfunddreißig Minuten).
Handy ausprobieren. Funktioniert der Vibrationsalarm? Ist der Patenonkel, mit dem ich seit fünf Jahren dreimal die Woche telefoniere, auch sicher, dass er meine Nummer hat? (Vier Minuten.)
Patenonkel beschwören, gut aufs Baby achtzugeben, und Abschied nehmen von Baby (weitere fünfunddreißig Minuten).
Im Treppenhaus kehrtmachen, weil ich das Handy zwar nicht vergessen habe, aber alles andere, zum Beispiel Autoschlüssel, Mantel und Lippenkonturenstift (vier Minuten).
Noch mal schnell zu Hause vorbeifahren. Habe dort die Highheels liegenlassen. Hatte mir zum Babytransport praktisches Schuhwerk angezogen und kann unmöglich mit braunen Wanderschuhen zum knielangen Chiffonrock auftauchen (fünfundzwanzig Minuten).
    Und dann folgt die erste Party meines Lebens, auf die ich als Mutter gehe. Das bedeutet: sich ständig fragen, wann Baby Hunger bekommt und ob die zweistündige Trennung von Mama bleibende emotionale Schäden hervorrufen könnte.
    Wie bereits angedeutet, kann man sich gar nicht genug darüber wundern, wie es ist, ein Fest in Begleitung nennenswerter Brüste zu besuchen. Was ja schon während der Schwangerschaft ein sehr erfreulicher Anblick war, hat sich nun zu einer regelrechten Sensation entwickelt. Ein gut mit Muttermilch gefüllter Busen ist ein echter Hingucker und wirkt sogar persönlichkeitsverändernd. Also ehrlich, ich wurde teilweise gar nicht wiedererkannt!
    Was für eine neuartige Erfahrung: Männer schauen mir nicht ins Gesicht, sondern ins Dekolleté und scheinen regelrecht erschrocken, dass ich in zusammenhängenden Sätzen sprechen kann.
    Herrlich!
    Ich glaube nicht, dass ich eine Ausbildung gemacht, einen Beruf ergriffen oder eigenen Humor entwickelt hätte, wäre ich mit diesen zwei Körbchengrößen mehr auf die Welt gekommen, die ich derzeit stillbedingt mit mir rumschleppe.
    Mein Bekannter Bernd vermiest mir allerdings die brustbedingte gute Laune mit der Feststellung: «Du hattest einen Kaiserschnitt? Dachte ich mir schon. Da dauert die Rückbildung ja doch immer um einiges länger.»
    Dafür heitert mich Carlo wieder etwas auf. Er findet, ich sehe tipptopp aus, und zeigt sogar Verständnis für mein Gefühl, dass sich mein Baby eigentlich nicht wirklich für mich interessiert. Jeder Besucher wird lange freundlich begutachtet. Ich hingegen bin eine Selbstverständlichkeit, diene als Milchbar und werde als Person kaum wahrgenommen.
    Carlo hat

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