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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition)

Titel: Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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ließ ich mich auf ein längeres Gespräch über Kot-Konsistenz ein und wie man durch die eigene Ernährung die Verdauung des Babys positiv beeinflussen könne.
    Eine Unterhaltung über die aktuelle Sommermode, den neuen Walser-Roman, den letzten Woody-Allen-Film hätte nicht anregender sein können.
    Wir fühlten uns beide so unglaublich gut verstanden, dass wir noch bis zur Kasse weiter über zähen Nasenschleim fachsimpelten und wie man ihn am besten aus Babys Nase heraussaugt.
    Zum Abschied sagte die Mutter von Amelie: «Aber das mit eurem gelben Kopfgrind ist besser geworden, oder?»
    Ich nickte und bemerkte sie nicht, die Blicke der normalen Menschen.
    Nein, Mütter sind nicht absolut normal. Und das ist auch gut so. Denn gerade die Frischlings-Mutter findet sich häufig in Situationen wieder, die man als gängig empfindende und denkende Person nicht bewältigen könnte – zumindest nicht, ohne psychisch Schaden zu nehmen.
    Beispiel: Milch abpumpen. Ich muss sagen, ich habe selten einen beschämenderen Vorgang erlebt als die Gewinnung von Muttermilch. Es ist tatsächlich noch weitaus schlimmer, als im Winter in einer Sammelumkleidekabine Bikinis anzuprobieren.
    Von Johanna hatte ich mir das relativ aktuelle Pumpenmodell «Medela Swing» ausgeliehen, nicht ganz so innovativ wie die «Medela Freestyle», mit der man beidseitig und freihändig abpumpen kann.
    Ich fühlte mich wie eine Kuh an der Melkmaschine, mit dem Unterschied, dass wahrscheinlich noch keine Kuh die Befürchtung hegte, von dem Apparat gänzlich aufgesogen zu werden.
    Und wenn man endlich die kostbaren 150 Milliliter zusammengepumpt hat, müssen die ja auch irgendwie heil und ohne Nährstoffverlust zum Patenonkel gebracht werden, der das Baby während des ersten Kinobesuchs der Eltern grundversorgen soll.
    «Eltern müssen sich unbedingt Zeit für sich selbst nehmen.» Das hatte ich gelesen, und dem wollte ich natürlich Folge leisten.
    Für den Transport der Muttermilch hätte ich mir ja am liebsten eine Eskorte vom Bundesgrenzschutz und einen Behälter organisiert, in dem sonst innere Organe zu Transplantationen gebracht werden. So aber sah man mich verkrampft auf dem Beifahrersitz hocken, die Flasche in eine Kühlmanschette gewickelt und fest umklammert.
    Die Eröffnungsfanfare des Films war noch nicht verklungen, ich hatte gerade pseudoentspannt den Kopf an die Schulter meines Mannes gelehnt, als mein Handy vibrierte. SMS des Onkels: «Schlomo will die Flasche nicht. Bitte schnell mit Brust vorbeikommen!»
    Damit hatte ich gar nicht gerechnet, dass mein Sohn womöglich etwas ablehnen könnte, was mit Nahrungsaufnahme zu tun hat.
    Wir rasten also zurück, ich gab schweißgebadet dem verärgerten Kind die Brust und beschloss, mir für meinen Mann erst nach dem Abstillen wieder Zeit zu nehmen.
    Den Stress tue ich mir nicht mehr an. Die Muttermilchpumpe habe ich Joanna zurückgegeben. Ich kann gut ein halbes Jahr lang auf ein ausschweifendes Nachtleben verzichten. Bin sowieso froh, wenn ich früh im Bett liege. Und bei Kinofilmen kommen für mich im Grunde ja sowieso nur Zeichentrickfilme ohne Altersbeschränkung in Frage. Für alle anderen ist mein Nervenkostüm zu schwach.

22. August
    Baby ist vier Monate alt und wiegt: genug. 
    Mutter wiegt: mehr als genug.
    Außentemperatur: 32 Grad im Schatten.
    Innentemperatur: kurz vorm Siedepunkt, denn ich muss heute meine «Brigitte»-Kolumne abgeben. 
     
    D er Schlomenberger guckt mich kritisch an, und ich versuche, mich davon nicht ablenken zu lassen.
    Er liegt, halb aufrecht, in einer Babywippe, die auf meinem Schreibtisch gleich neben meinem Computer steht. Bekleidet ist er mit einem sogenannten Spielanzug mit Kragen und kurzem Bein im für Babys dauerangesagten Matrosenlook.
    Draußen ist es sehr heiß, und in drei Stunden muss ich meinen Text an die Redaktion schicken. Alle zwei Wochen erscheint die Zeitschrift «Brigitte» und mit ihr, auf der letzten Seite, meine Kolumne «Problemzonen».
    Das heißt, alle zwei Wochen gehöre ich zur Gattung «berufstätige Mutter», wenn ich versuche, über zwei, drei Tage verteilt ein Telefoninterview zu führen, Material zum Thema zu lesen und schließlich meinen Text aufzuschreiben.
    Der Schlom glotzt nach wie vor mäßig interessiert auf meinem Schreibtisch rum. Ich nutze die Stille und schreibe eilig den ersten Absatz:
     
    Männer sind ja wirklich Geschmackssache. Und ich bin immer wieder verblüfft, zu was für eigenartigen Paarungen es kommen

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