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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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Kamel ist gefallen, da wären wir …«, sagte mit einem nervösen Lachen der Rudergänger. »Die werden uns jetzt keinen Schritt nach draußen tun lassen!«
    »Schlecht, dass es Nacht ist«, murmelte Aliyat. »Es heißt, sie sehen im Dunkeln … Und dann werden sie uns bestimmt auch noch anzünden …« Sie drehte sich zu Ar-Scharlachi um. »Na, was stehst du da? Lass dir was einfallen! Hernach ist es zu spät …«
    Eine Zeit lang schwieg Ar-Scharlachi. Dann setzte er sich hin, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, die Beine zu kreuzen, ließ die Hände auf die Knie fallen, sackte in sich zusammen. »Das ist die Strafe für Sibra …«, brachte er tonlos hervor, ohne den Kopf zu heben.

17
    Der schwarze Zauberer
    D as Licht des abnehmenden Mondes fiel durch den schmalen Sehschlitz, ein trübweißer Strich quer durch das Deckhaus. Licht zu machen wagten sie aus Vorsicht nicht. Ein schwacher Nachtwind strich durch die schmalen Blätter und das ringsum liegende schwarze Dickicht. Das kleinste Geräusch ließ sie erschrecken.
    »Was ist denn mit Lako …?«, fragte Aliyat seufzend.
    Ar-Scharlachi stand auf und schaute hinaus. Dunkel, und dann stört auch noch das Glas … Anscheinend ging jemand geduckt in den Heckaufbauten der Galeere. Im schwachen Mondlicht schienen für einen Moment die Umrisse einer schwarzen menschlichen Gestalt auf. Oder nein … Es war ihm wohl nur so vorgekommen …
    »Vielleicht werden sie uns in Ruhe lassen«, sagte Ar-Scharlachi leise, um entweder Aliyat oder sich selbst zu beruhigen. »Die Fallgruben sind ja für die Jagd … Sie werden doch nicht mit dem ganzen Stamm diese Gruben bewachen …! Wie viele mögen das hier sein? So an die zehn, höchstens fünfzehn … Und sie werden ja auch nicht ohne Erlaubnis des Zauberers angreifen! Und der Zauberer geht nicht auf Jagd …«
    »Und woher weißt du das alles?«, warf Aliyat feindselig hin. »Haben sie dir das auch in Harwa beigebracht?«
    Ar-Scharlachi lächelte unwillkürlich. »Beigebracht nicht direkt … Aber wir hatten da einen gewissen Lewwe, er galt allerdings eher als Zauberer denn als Weiser … Der also befasste sich ernsthaft mit den Eingeborenen. Er kannte die Sprache, die Beschwörungen, versuchte sogar Tote zu beschwören … Das natürlich heimlich, sozusagen im Kreise der Schüler …«
    »Und … hat er jemanden beschworen?«, fragte Aliyat ungläubig.
    »Keine Ahnung. Ich war ein Schüler Gojens. Mit Lewwe habe ich mich nur manchmal unterhalten, habe mich für die Nganga interessiert …«
    »Wofür?«
    »Na, eben diese Beschwörungen …«
    »Und hast du sie gelernt?« Aliyat schien stark beunruhigt zu sein.
    Ar-Scharlachi lachte. »Nein. Alles, was mir von den Gesprächen mit dem hochweisen Lewwe blieb, ist die feste Überzeugung, dass es überhaupt keine Zauberei gibt. Sodass ich darin vollends mit Ulqar übereinstimme …«
    »Wieso soll es keine Zauberei geben?«, entrüstete sich Aliyat. »Da kannst du fragen, wen du willst!«
    Doch es war niemand da, den man fragen konnte, außerdem ertönte im nächsten Augenblick aus dem Dickicht ein unheimliches Geheul. Beide stürzten zum Sehschlitz, sahen aber nach wie vor nichts: grauen Sand und vom Mondlicht übertünchte knorrige, krumme Stämme. Das Geheul brach ebenso abrupt ab, wie es begonnen hatte.
    »Oho …« Ar-Scharlachi senkte erschrocken die Stimme. »Das sind dann doch nicht nur zehn, fünfzehn … An die hundert Kehlen, was?«
    »Schau!«, sagte Aliyat tonlos.
    Im Dickicht flammten eine nach der anderen Fackeln auf. Sie erstanden in der Nähe einer großen Flamme (wohl eines Lagerfeuers) und zogen sich zu einer Kette auseinander, und diese Kette näherte sich zweifellos den in den Fallgruben eingesunkenen Schiffen. Ein unverständliches, bedrohliches Stimmengewirr kam auf und kroch von allen Seiten heran, verschmolz zu einem gleichförmigen »nga-nga-nga-nga-nga…«. Aliyat stürzte zum Sehschlitz gegenüber.
    »Dort ist es das Gleiche!«
    »Sicher«, sagte Ar-Scharlachi niedergedrückt. »Sie kommen, um uns anzuzünden …«
    Er blieb eine Weile stehen, dann fasste er einen Entschluss, öffnete die Blende ein Stück und sagte in volltönendem Singsang, fast schreiend: »Nganga ondongo!«
    Er machte eilends wieder zu und schaute durch das Glas. Würde es etwa nicht wirken …? Lewwe hatte gesagt, dass er auf diese Weise einmal einen ganzen Stamm aufgehalten hatte … anscheinend … Ja! Die Lichterkette begann zu wanken. Das Stimmengewirr verstummte. Noch ein

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