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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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nicht adäquat revanchieren konnte.
    »Ich bin froh, dass du hier bist«, fuhr er fort. »Hier wirst du dich am besten erholen können, während ich versuche, meine Versetzung für uns voranzutreiben.« Ein paar Zeilen Mayas hatten ihn über ihre Rückkehr nach Oxford in Kenntnis gesetzt, und auf seinem Weg nach London hatte er in Black Hall Station gemacht. »Coghlans Empfehlung muss die Herren im Ministerium mächtig beeindruckt haben, so schnell, wie sie mir die Vorladung zur Anhörung geschickt haben. Hoffentlich kann ich sie davon überzeugen, dass meine Fähigkeiten in Aden nur verschwendet und anderswo sinnvoller einzusetzen sind. – Keine Sorge«, setzte er hastig hinzu, als er Mayas Seitenblick auffing, »ich denke nicht daran, mich für einen Einsatz an der Front anzubieten. Ich nehme an, der Krieg wird ohnehin bald zu Ende sein.«
    Noch immer dauerte die Belagerung Sebastopols an, und auch auf einigen Nebenschauplätzen im Baltikum, an der russischen Pazifikküste und in Armenien umklammerten sich Russland und seine Gegner in zähem Ringen, das keinem der beiden Parteien bislang einen entscheidenden Sieg gebracht hatte; auch wenn die Verbündeten Englands mittlerweile durch Truppen des Königreiches von Sardinien und durch Dragoner aus Britisch-Indien verstärkt worden waren. Daher hatten zunächst alle Hoffnungen auf der diplomatischen Ebene geruht. Premierminister Lord Aberdeen war wegen der miserablen Zustände an der Front, die sich ausnahmslos auf schlechte Vorbereitung und Organisation des Feldzuges zurückführen ließen, derart unter Druck geraten, dass er sich bereits zu Beginn des Jahres zum Rücktritt gezwungen sah und Anfang Februar durch Lord Palmerston ersetzt wurde. Keinen Monat später starb Zar Nikolaus I., ohne dass ein Ende des von ihm angezettelten Krieges abzusehen war. Angesichts der hohen Verluste auch auf russischer Seite zeigte sich sein Sohn und Nachfolger Alexander II. verhandlungsbereit. Lord Palmerston befand jedoch die auf der Wiener Konferenz zur Diskussion gestellten Bedingungen an Russland für zu milde und überredete Napoleon III. von Frankreich, hart zu bleiben. Sebastopol würde früher oder später fallen, dessen war Palmerston gewiss, und damit erhielte Großbritannien eine starke Ausgangsposition für neue Friedensverhandlungen, in denen er Russland Konditionen nach englischem Geschmack diktieren könnte.
    »Ich habe an Lumsden geschrieben, in der Hoffnung, er möge meine Leistungen bei den Guides nicht vergessen haben und willens sein, diese ebenfalls noch in die Waagschale zu werfen. In Montpellier House fand ich den Brief eines meiner Regimentskameraden von damals vor, der mir schrieb, das Truppenkontingent der Guides würde aufgestockt. Vielleicht gelingt es mir, einen dieser neuen Posten zu ergattern.« Ralph blieb stehen und fasste sie an beiden Händen, atmete tief durch. »Maya, ich … ich weiß, ich kann nichts ungeschehen machen. Ich habe mich dir gegenüber furchtbar benommen. Das war und ist unverzeihlich. Dennoch hege ich die Hoffnung, du wirst mir eines Tages vergeben können.« Er rang sichtlich um Fassung wie um Worte. Seine Unterlippe zitterte, und er biss sich kurz darauf, um sie zur Ruhe zu zwingen. »Als du verschwunden warst, wir von deiner Entführung erfuhren und den ganzen Weg auf der Suche nach dir … Ich glaube, da habe ich erst begriffen, wie viel du mir bedeutest. – Ich hätte es mir nie verziehen, hätte ich dich nicht lebend zurückbekommen«, fügte er flüsternd hinzu. »Ich würde mir wünschen, dass wir noch einmal von vorne beginnen. Und zum Zeichen, dass es mir ernst ist«, er schob die Hand in die Tasche seiner Uniformhose und zog ein Kästchen hervor mit gewölbtem, von rotem Velours bezogenem Deckel, »möchte ich dir das hier geben.« Ralph ließ es aufschnappen und hielt es Maya hin. Betroffen blickte sie auf den Ehering, der in blassblauem Satin steckte. Er war massiver als der erste, aus dunklem, schwerem Gold und sichtlich teuer. »Ein besserer Ring. So wie ich auch mein Möglichstes tun werde, dir ein besserer Ehemann zu sein. Wenn … wenn du es willst. Mich noch willst.«
    Als er sah, wie Maya keine Anstalten machte, ihn entgegenzunehmen, stumm blieb, klappte er das Kästchen wieder zu und drückte es Maya in die Hand. »Ich lasse ihn hier, damit du dich jederzeit meiner guten Absicht vergewissern kannst.« Er wirkte enttäuscht, und Maya las in der Angespanntheit seiner Züge, wie sehr er sich bemühte, es sich

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