Unter dem Safranmond
einfach aufs Geratewohl nach Hause zu fahren, hatten wir zunächst kein Geld.«
Eine von Martha Greenwoods Augenbrauen schob sich aufwärts, und sie setzte ihre Tasse ab.
»Offensichtlich ist der Sold in Aden so dürftig bemessen, dass dein Gatte dir nicht einmal einen Ehering kaufen konnte«, bemerkte sie und deutete auf Mayas ungeschmückte Linke, deren Finger sich sogleich in die Handfläche falteten. Streng war ihre Mutter gewesen, solange Maya zurückdenken konnte; doch der verächtliche Unterton in ihrer Stimme war neu. Er bedrückte Maya mehr, denn dass er sie verletzte, war er doch Ausdruck für Schmerz und Hader ihrer Mutter mit dem Leben, das ihr den geliebten Stiefsohn genommen hatte.
»Nein, Mutter, er hatte mir in der Tat einen Ring geschenkt. Doch dieser ist mir … abhandengekommen. Ebenso wie«, sie schluckte und entrang sich ein entschuldigendes Lächeln, als sie ihre Kehle betastete und Gerald dabei ansah, »ebenso wie Großmutters Medaillon.« Verzeih mir, Vater.
Gerald nickte sacht, schloss kurz die Lider und gab ihr in seiner Mimik zu verstehen, dass dies für ihn zwar einen Verlust bedeutete, ihm ihre Rückkehr aber um vieles wichtiger war. »Du hast nach wie vor Anspruch auf deine Mitgift. Viel ist es zwar nicht, wie du weißt, aber den einen oder anderen Wunsch könntest du dir damit erfüllen. Oder es gut anlegen, für später«, empfahl er ihr.
»Wo steckt dein Herr Gemahl überhaupt?«, ließ sich Martha vernehmen.
»In Gloucestershire. Er muss dort einiges klären«, bemühte sich Maya leichthin zu erwidern. Und fühlte doch, wie sie unter den forschenden Blicken ihrer Mutter, in denen sie deutlich die Vermutung lesen konnte, dass es mit Mayas Ehe nicht zum Besten stand, auf ihrem Stuhl zusammensank.
»Das ist doch keine Art«, ereiferte diese sich denn auch punktum, »aus der Ferne zurückzukommen und die Gattin bei einer Tante abzuliefern. Wie … wie ein sperriges Gepäckstück! Ich habe damals gleich gesagt – «
»Lass gut sein, Liebes«, fiel Gerald ihr behutsam ins Wort und streichelte ihre Hand, die in zackigen Bewegungen nicht vorhandene Krümel vom Tischtuch aufpickte. »Wir alle machen Fehler. Solange«, seine Stimme wurde schleppend, »solange sie keine Folgen für Leib und Leben haben …« Der Rest des Satzes blieb in der süßen Nachmittagsluft hängen, machte jedoch umso deutlicher spürbar, dass eine Lücke in dieser Familie klaffte, die den früher so eingespielten Zusammenhalt empfindlich aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Jonathan.
Gerald räusperte sich. »Du bist selbstverständlich jederzeit wieder in Black Hall willkommen. Bis alles geregelt ist. Oder solange du willst. Es wäre uns eine Freude, dich wieder in unserer Mitte zu haben.«
Maya brauchte nicht lange, um zu der Entscheidung zu gelangen, mit ihren Eltern und ihrer Schwester in den Wagen zu steigen, als dieser gegen Abend wieder am Sydney Place No. 4 vorfuhr.
»Falls du mich je brauchen solltest – ich bin hier«, hatte Tante Elizabeth ihr zugeraunt, als sie sie zum Abschied in ihre Arme geschlossen hatte.
Und so kehrte Maya Garrett, geborene Greenwood, nach Black Hall zurück. Mit ebenso leichtem Gepäck wie in jener Regennacht im April vergangenen Jahres, aber ungleich nüchterneren Herzens.
3
»Leider konnte ich Mutter noch nicht davon überzeugen, dich sehen zu wollen.« Ralph strich über Mayas Arm, den er untergehakt hatte, während sie beide durch den Garten spazierten, Bäume und Sträucher in goldenes Augustlicht getaucht. »Sie gibt dir die Schuld für meine gescheiterte Karriere. Auch wenn ich ihr oft genug erkläre, dass ich selbst die alleinige Verantwortung dafür trage. Thomas hält sich wie immer fein raus. Ich werde jedoch nicht aufhören, sie eines Besseren zu belehren«, bei diesen Worten glitt seine Hand über die ihre und umfasste sie zärtlich. »Was ist?«
Maya war stehen geblieben und hielt sich mit zusammengezogenen Augenbrauen eine Stelle zwischen den untersten Rippenbögen. »Nichts weiter«, beruhigte sie ihn mit einem Kopfschütteln und ging weiter. »Mein Magen meldet sich in letzter Zeit recht häufig. Ich habe ihn wohl mit zu viel arabischem Kaffee und dem scharfen Essen ruiniert.«
»Du siehst blass aus«, stellte Ralph mit einem prüfenden Blick fest und fügte flüsternd hinzu: »Aber noch immer wunderschön.« Maya lächelte schwach. Es war ihr unangenehm, wenn er sie mit Komplimenten bedachte; als machte er ihr ein Geschenk, für das sie sich
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