Unter dem Safranmond
Begehren, wie es sie weich machte und zergehen lassen wollte. Sie war darauf vorbereitet gewesen, als Ralph sich auf sie legte, ihre Beine auseinanderschob, auf das Drücken, das Reißen, und doch sog sie krampfhaft die Luft ein, als er in sie eindrang, weil es schmerzte und gleich darauf so, so wunderbar war.
Doch nichts und niemand hatte sie darauf vorbereitet, dass seine schnellen Bewegungen sie verstörten, weil er damit vorwärtspreschte und sie dabei zurückließ, sodass sie zwar körperlich mit Ralph eins war und sich dennoch alleine fühlte. Als er sich aufbäumte, aufstöhnte, gleich darauf von ihr herunterrollte und sie in seine Arme zog, bebend am ganzen Leib, sie mit trockenem Mund küsste, da fiel Mayas Begehren in sich zusammen und Enttäuschung machte sich breit. Während eine warme, klebrige Flüssigkeit ihr zwischen den Beinen hervorsickerte, kam sie sich betrogen vor, um etwas, von dem sie nicht einmal wusste, wie es sich anfühlen musste. Sie stellte sich vor, dass sie jetzt ebenso erschöpft und glücklich hätte hier liegen müssen wie Ralph, dass sie Erfüllung in ihrer Lust hätte finden müssen, so wie er, und sie verstand nicht, warum dem nicht so war.
»Hat es dir gefallen?«, murmelte Ralph, schon leicht schläfrig.
»Ja«, hauchte Maya. Eine Lüge, die erste in dieser noch so jungen Ehe, und Angst überfiel sie, dass diese nicht die letzte bleiben sollte.
Mit ganzer Kraft schob sie die trübseligen Gedanken beiseite. Sie waren zusammen, vor Gott und den Menschen getraut, und das allein zählte. Alles andere würde sich finden. Sie schmiegte sich eng an ihn, lauschte dem Schlagen seines Herzens, das sich langsam wieder beruhigte, und wünschte sich so sehr, ihres möge den Gleichklang dazu finden.
Es waren so unbeschwerte Tage in jenem April, beschwingt und sonnig, wie das Wetter, das Sonne über die Felsen und grünen Wiesen Schottlands schickte, mit einer Brise, die die Frische des nahen Meeres in sich trug. Sie wanderten über die Felder, vorbei an Weiden, auf denen braune Kühe friedlich grasten, und entlang der niedrigen Hügel und der schlickigen Wattflächen des graublau funkelnden Solway Firth. In einem gemieteten Coupé fuhren sie die acht Meilen nach Westen, nach Annan, der nächstgrößeren Stadt, wo sie zwei hübsche neue Kleider für Maya kauften und einen recht gewagten Hut, flach, mit breiter Krempe und langen Bändern. Und mit jedem Tag, der verstrich, schienen Oxford, Black Hall und Richard Francis Burton in immer weitere Ferne zu rücken, als hätte Maya ihnen endgültig den Rücken gekehrt und ein neues Leben begonnen.
Es war an ihrem siebten Tag in Gretna Green, zwei Tage, ehe sie wieder nach England zurückkehren wollten, damit Ralph Maya seiner Familie vorstellen konnte, dass sie in überschäumender Fröhlichkeit ins Hotel zurückkehrten und der Portier hinter seinem Stehpult Ralph einen Brief entgegenhielt. »Post für Sie, Mr. Garrett.«
»Oh, das ging ja schnell«, lachte er und bedankte sich mit einem Nicken, bevor er ungeduldig den Umschlag aufriss und den Brief entfaltete. Während seine Augen über die Zeilen huschten, verlosch sein Lächeln, wich die Farbe aus seinem Gesicht.
»Schlechte Nachrichten?« Besorgt berührte Maya ihn am Arm. »Ralph?«
Er sah sie an, als müsste er sich erst erinnern, wer sie war, und schluckte. »Ich bin abkommandiert worden, mit sofortiger Wirkung.«
»Wohin denn abkommandiert? Und warum?«, hakte Maya nach, doch Ralph ging nicht darauf ein, packte sie bei der Hand und zog sie in Richtung Treppe.
»Ich muss nach London, auf der Stelle.«
Als der Zug mit ihnen nur wenige Stunden später südwärts durch Englands Norden ratterte, als Ralph schweigend aus dem Fenster starrte, seine Linke sich fortwährend zur Faust ballte und wieder öffnete, sich an seinem Kiefer ein Muskel anspannte und wieder lockerte, da war er Maya so fern wie niemals zuvor. Auch sein Arm, den er ihr um die Schultern gelegt hatte, konnte daran nichts ändern.
Und zum ersten Mal beschlich Maya Garrett, geborene Greenwood, das Gefühl, dass sie den Bund fürs Leben mit einem völlig Fremden geschlossen hatte.
Hüte Dich vor dem Rauch innerer Wunden,
Weil eine innere Wunde letztlich aufbrechen wird.
Vermeide, so lange du kannst, ein Herz zu entwurzeln,
Weil ein Seufzer dann eine ganze Welt entwurzeln könnte.
S HEIKH S A ’ DI ,
Der Rosengarten
1
Kein Windhauch rührte an der Wasseroberfläche, keine Brise, die den Passagieren an Deck
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