Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
Vom Netzwerk:
gesichtet worden war. Was nach den Regeln der sogenannten Gesellschaft von Aden als Beweis für ein Verhältnis betrachtet wurde.
    »… die Sultanate im Hinterland …« – »… bedeutungslos, da werden wir nichts zu befürchten haben, sicher nur Sand und Steine …« – »Na, Vorsicht, meine Herren! Gegen Lahej und seine Verbündeten steht nicht nur Fadhli, sondern auch einige andere Sultanate. Lahej ist ehrgeizig und habgierig. Denken wir nur an das Fort von Shaykh Uthman, das er vor anderthalb Jahren errichtet hat – mit Wohlwollen Haines’ übrigens –, von dem aus er die Karawanen der Fadhlis und Aqrabis besser kontrollieren kann. Und beide Parteien versuchen die Stämme der Berge auf ihre Seite zu ziehen …«
    »… militärische Stärke?« – »Ach, ich bitte Sie, was sollen diese Halbwilden aus der Wüste denn schon –   « – »Gute Frage! Es war ja noch kein Europäer dort. Verbotenes Territorium, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
    »Scheint ja überall hier verbotenes Land und verbotene Städte zu geben.« Beifälliges Gelächter ertönte. »Sie waren doch schon in einer solchen, Burton – was glauben Sie, wie sich die Lage in Mekka entwickeln wird und wie die Bedeutung Adens, so im Dreieck zwischen Bombay, Arabien und Afrika?«
    Maya horchte auf, als sie Richards Stimme vernahm. »Mekka … natürlich geht es dabei auch um den Sklavenhandel«, hörte sie ihn mit einem trockenen Auflachen sagen und auf den Einwand eines Gesprächspartners hin spöttisch hinzufügen: »Ja, Ihnen mag das barbarisch erscheinen. Aber sind wir in dieser Hinsicht wirklich so viel weiter? Denken Sie doch nur an die kokette Jagd der Frauen des Westens nach einem Ehemann! Was sind diese denn anderes als Sklaven, die sich an den Meistbietenden …« Der Rest seiner Rede ging in dem aufbrandenden Tumult unter, als sich einige der angetrunkenen Soldaten unter lautstarken Beschimpfungen auf ihn stürzten, um die Ehre der so geschmähten holden Weiblichkeit zu verteidigen. Und auch unter den Damen hob ein Gezischel und Gezeter an, denn Richards Stimme war laut genug gewesen, um seine ketzerischen Ansichten auch zu ihnen herüberzutragen. Nur Maya saß stumm und steif auf ihrem Platz, brodelnde Wut und Scham in ihrem Innern. Ein Blick zwischen ihr und Richard, dem Dr. Steinhäuser beruhigend die Hand auf die Schulter legte, während Ralph einen tobenden Kameraden von ihm wegzerrte, hatte genügt. Richard hatte gelacht, tat es immer noch, doch seine Augen waren ausdruckslos und unergründlich gewesen. Dieser eine Blick hatte genügt, und Maya hatte gewusst, dass es seine Absicht gewesen war, sie mit dieser Äußerung zu verletzen.
    Die Stimmung des Abends – so es eine gegeben hatte – war gründlich verdorben, und recht bald zerstreute sich die Gesellschaft des Kasinos, ging man seiner Wege, in Richtung der Baracken und Bungalows oder zurück in die Stadt.
    Den Heimweg über war Maya schweigsam gewesen, Ralph nicht minder, und sie waren es auch noch, als sie in ihrem Bungalow ankamen, Ralph sich rücklings auf das Bett warf, Maya sich auskleidete und ihr Nachthemd überstreifte; bis sie vor dem kleinen Spiegel stand, der über dem Stuhl in der Ecke hing, die Nadeln aus ihrem aufgesteckten Haar zog und Ralph sich mit einem herzhaften Gähnen aufsetzte. »Ein unangenehmer Mensch«, sagte er, als er aus seinen Stiefeln schlüpfte und sie zu Boden poltern ließ.
    »Wer?«, fragte Maya unnötigerweise.
    »Dieser Burton. Captain Burton – dass ich nicht lache! Kannst du dir so einen auf dem Kasernenhof vorstellen? Also, ich nicht.« Ralph redete sich in Rage, während er sich damit abmühte, die goldenen Knöpfe seines Uniformrockes aufzubekommen. »In Bombay sind sie sicher froh, dass sie ihn los sind, diesen Taugenichts ohne einen Funken Disziplin und Anstand im Leib. Soll er doch wirklich lieber auf Reiseschriftsteller machen, das passt sicher besser zu ihm mit seinen angeblich mehreren Dutzend Sprachen, mit denen er ja immer so gerne angibt! Outram hält auch nichts von diesem Hätschelkind Napiers, noch weniger als von Napier selbst, diesem Gauner. Welche Schande für die Armee, für England, wie Napier sich bei der Eroberung der Provinz Sindh verhalten hat! Eine strenge Hand ist eine Sache, Brutalität eine andere. ›Eine ordentliche Tracht Prügel, gefolgt von Freundlichkeit – so bekommt man die wildesten Kerle zahm‹, soll er über seine Politik dort gesagt haben. Kein Wunder, dass sich Outram gegen dieses

Weitere Kostenlose Bücher