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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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Sektierer? Man drückt ihm eine Schachtel Kohlenanzünder in die Hand und fertig ist der kommunistische Brandschatzer? Eine jämmerliche Strategie. Wo es doch genügend Überläufer gibt, die einen weitaus besseren Täter abgegeben hätten.
    Wer weiß. Am Schluss des handgeschriebenen Berichts fanden sich einige konkrete Hinweise und Anknüpfungspunkte: »Van der Lubbe war schon ca. zwei Wochen in Berlin! Er wohnte im Männerwohnheim in der Alexandrinenstraße in Kreuzberg. Er hatte Kontakte zum Neuköllner Arbeitslosenausschuss! Bekanntschaft mit dortigen Genossen, Teilnahmean Aktionen (Wohlfahrtsamt!). Vorsicht, Provokateure! Möglichkeit: Eingeschleuste SA-Spitzel haben ihn auf ihre Seite gezogen. Nachgehen!«
    Klara mochte die Ausrufezeichen nicht. Das war ihrer Ansicht nach grundsätzlich zu bemängeln an den Genossen, dass sie zu viele Ausrufezeichen und Befehlsformen verwendeten. Trotzdem, die Arbeit musste getan werden. Sie fand ein leeres Blatt und schrieb eine Zusammenfassung. Dann lernte sie alles auswendig und schob anschließend sämtliche Papiere in den Ofen.
    Als es an der Tür laut pochte, schreckte sie zusammen. Unwillkürlich trat sie ans Fenster. Das war kein Fluchtweg. Hier konnte man sich bestenfalls drei Stockwerke tief in den Innenhof stürzen.
    Also mach auf.
    Da stand nur ein kleiner Junge, nicht mal zehn Jahre alt, und hob ihr angestrengt den Koffer entgegen. »Den haben Sie vergessen. Und das hier.« Er hielt den Zettel mit Zaschkes Adresse in der Hand.
    Sie nahm das Gepäckstück und den Papierfetzen entgegen und sagte: »Ich muss auch noch das Bier bezahlen«, da rannte der Junge schon zurück und warf die Tür hinter sich zu. Bratkartoffelgeruch hing in der kalten Luft. Immerhin, Familie Kufler hatte was zu beißen.

    Die Nacht im Bett des Verhafteten war schauderhaft. Der Ofen ging aus, die schäbigen Decken wärmten kaum, trotz Wollstrümpfen und Pullover. Mit dem Frieren kam die Angst. Was, wenn die SA-Männer zurückkommen, weil sie noch etwas suchen? Oder die Stapo sich vergewissern will, ob der Genosse was unter den Dielenbrettern deponiert hat? Sind die Papiere wirklich zu Asche verbrannt?
    Stiefeltrampeln im Treppenhaus. Die kommen nicht, die gehen runter, die wollen zur Arbeit. Klara zog sich so warm an,wie es ging, kratzte die Eisblumen vom Fenster und spähte in den Innenhof. Vereinzelt waren Küchen und Schlafräume erhellt. Sie war schon kurz davor, den Mantel anzuziehen um loszugehen, legte sich dann aber erschöpft und niedergeschlagen wieder ins Bett.
    Beim Aufwachen stellte sie erleichtert fest, dass es draußen hell geworden war. Vereinzeltes Kindergeschrei, Rumoren im Hof. Sie ging los. Das leere Bierglas mit ein paar Groschen stellte sie vor Kuflers Tür. Die Zeitungen von gestern ließ sie zurück.
    Auf der Oberbaumbrücke rutschten die Fußgänger und Radfahrer mehr, als dass sie gingen, Autos schlichen mit ruckenden Scheibenwischern vorbei, der eisige Wind jagte dicke Schneeflocken über die Spree. Die Gesichter der Passanten waren hinter den Schals und unter den Mützenschirmen und Hutkrempen kaum zu sehen.
    In einem kleinen Café, das mehr einer Eckkneipe ähnelte, bekam sie einen Malzkaffee und ein Käsebrot. Einige Zeitungen hingen am Garderobenständer neben der Tür – nichts Neues über den Reichstagsbrand und den verhafteten Holländer.
    Klara fragte nach der Alexandrinenstraße. Dahin sei es nicht weit, aber die Straße sei lang, behauptete der neugierige Wirt, wohin sie denn genau wolle. Klara antwortete nicht, sondern zählte ihm ihr Geld hin.
    An einem Tor mit einem Gitter aus Eisenstäben, die mit Blechplatten beschlagen worden waren, sodass man nicht hindurchsehen konnte, hing ein großes Schild: Männerheim – Betten von 60 Pf. an – Mittagstisch von 12-3 Uhr – Abendtisch von 5-8 Uhr – Angenehme Aufenthaltsräume, Radio, Zeitungen usw. Ein Torflügel war halb geöffnet, einige Männer in schäbigen Kleidern lungerten herum und rauchten, zwei waren damit beschäftigt, den Schnee vom Gehweg auf die Straße zu fegen.
    An einer Tür des klotzigen Gebäudes stand Bureau Verwaltung . Ein Pappschild mit sauber gemalten Blockbuchstaben und einem dicken Pfeil wies den Weg zur Aufnahme . Klara klopfte bei der Verwaltung.
    Ein schmaler Kopf mit spitzer Nase erschien im Türspalt und sagte unwirsch: »Anmeldung um die Ecke!« Klara hielt ihm den englischen Journalistenausweis hin. Er starrte sie verwundert an: »Was ist das denn?« Jetzt erst bemerkte er,

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