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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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Knast.«
    »Bis dahin … wer weiß. Aber sag mal, auch Maulwürfe leben doch nicht allein … anscheinend hatte er mit verschiedenen Gruppen zu tun … auch mit solchen, in denen dein Freund Otto aktiv ist.«
    »Die laufen doch nicht mit Kohlenanzündern durch die Gegend.«
    »Und was ist mit den Leuten von der Arbeiterunion?«, fragte Klara.
    »Ach, so weit bist du schon gekommen.«
    »Du kennst die also?«
    Rinke machte eine vage Handbewegung.
    »Der Holländer soll Kontakt zu denen gehabt haben.«
    »Mag sein.«
    »Jetzt hör schon auf mit diesen Andeutungen! Ich will wissen, was der hier getrieben hat und mit wem. Keiner weiß, wie er in den Reichstag gekommen ist. Vielleicht hat er genau das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls ist über viele Menschen die Hölle hereingebrochen, weil er, warum auch immer, gehandelt hat. Vielleicht ist er einfach nur zielgerichtet eingesetzt worden, Spitzel und Provokateure scheint es in Berlin ja massenweise zu geben.«
    »Er kam aus Holland und war noch nicht lange hier.«
    »Und was hatte er da mit der Arbeiterunion zu tun? Ist das etwa eine Tarnorganisation der Konterrevolution?« Klaras Augen funkelten kampflustig.
    Rinke seufzte. »Bestimmt nicht. Jetzt beruhige dich mal. Die AAU hat gute Kontakte zu ihrer Schwesterorganisation in Holland. Dort sitzen ein paar wichtige Theoretiker, deren Schriften auch auf Deutsch veröffentlicht werden. Es gibt daein reges Hin und Her. Anscheinend ist van der Lubbe als Kurier tätig gewesen. Aber jetzt nagle mich nicht darauf fest. Ich kenne einige von denen, aber ich habe nichts mit ihrer Organisation zu tun.«
    Klara stöhnte erleichtert auf. »Dann kannst du mich jetzt ja wohl endlich mit den Leuten zusammenbringen.«
    »Ja doch. Sie sind halt vorsichtig geworden. Es hat eine Weile gedauert, bis sie einverstanden waren. Guck mich nicht so böse an. Ich hab mir den Mund fusselig geredet. Und dass du im Auftrag der Komintern unterwegs bist, hab ich ausgespart. Damit musst du morgen nicht hausieren gehen.«
    »Danke.«
    Später, als Klara im Bett lag und las, wobei sie gelegentlich spürte, wie ihr Herz unvermittelt heftig zu schlagen begann, um sich dann ebenso grundlos wieder zu beruhigen, kam Rinke herein und warf ein dünnes Buch auf ihre Bettdecke.
    »Hier, das habe ich in Ottos Bücherregal gefunden. Die Bibel der Arbeiterunion.«
    Klara griff danach und las den Titel: Grundlagen kommunistischer Produktion und Verteilung .
    Eben noch hatte Stendhals gleichermaßen romantischer wie analytischer Blick auf die reaktionäre Gesellschaft der französischen Restauration sie in ihren Bann gezogen. Nun konkurrierte ein theoretisches Werk, das mit den Worten begann »Russland hat versucht, das ökonomische Leben nach kommunistischen Prinzipien aufzurichten und hat darin vollkommen gefehlt …«, mit den Beschreibungen der faszinierenden Mathilde, deren eiskalte Intellektualität einen brodelnden Vulkan untergründiger Emotionalität verbarg. Stendhals Julien Sorel hatte es sich trotz seines schwarzen Priestergewands zur Pflicht gemacht, die glühende Lava freizulegen. Klara schlug seufzend die Heilige Schrift der Rätekommunisten auf.

    »Ludwig schickt mich«, sagte Klara, »der Freund von Otto.« Der Mann, der neben dem Ofen des Maronenbraters gegen einen Laternenpfahl gelehnt auf sie gewartet hatte, nickte. Er trug einen grauen Mantel, eine schwarze Mütze und schwere Stiefel. Längliches Gesicht, flache Nase, schmale Lippen, Selbstgedrehte im Mundwinkel.
    Er führte sie in eine überfüllte laute Eckkneipe und stellte ihr viele Fragen, auch über Hamburg und warum sie dort weggegangen war. »Ich habe versucht, einen Nazi-Mörder zu stellen«, sagte Klara. »Ihr müsst von den individuellen Aktionen wegkommen«, erklärte er mit wichtiger Miene, was Klara als Beleidigung empfand. Dann erst realisierte sie, dass Rinke sie dem Mann gegenüber als anarchistische oder rätekommunistische Aktivistin ausgegeben hatte. Das ärgerte sie, weil es nicht abgesprochen war und Rinke ihr nur die Hälfte von dem erzählt hatte, was sie zu beachten hatte.
    »Aber nicht schlecht, wie ihr es geschafft habt, dich bei der Times reinzuschmuggeln. Wir haben Kontakte zu einem Genossen in der Redaktion vom Manchester Guardian , bei dem wir uns allerdings fragen, ob er die Informationen, die er uns kostenlos schickt, nicht auch noch dem sowjetischen Handelsattaché für teures Geld verkauft.«
    Erst fragt er zu viel,

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