Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Schwertmond

Unter dem Schwertmond

Titel: Unter dem Schwertmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
jeden Wunsch von den Augen ab. Und wenn es ihm schlechter gehen sollte, rufe mich.«
    »Ich wäre lieber mit dir geritten!« gestand der Junge mit der samtdunklen Haut.
    »Nichts da. Es ist wichtiger.«
    Samed zog eine Grimasse und trollte sich. Kurze Zeit später, mit vollen Wassersäcken und erfrischt, zog die Karawane weiter. Die Straße wurde jenseits der Drei Schwärenden Finger schmaler und wand sich in abenteuerlichen Kurven und Winkeln dahin. Mehr als einmal waren die Wanderer sicher, von den versteckten Wegelagerern beobachtet zu werden. Aber nicht ein einziger Stein rollte und sprang über die Felsen; ein gutes Zeichen.
    *
    Algajar hielt am frühen Nachmittag sein Orhako an, nahm den prallen Wasserschlauch vom Sattel und zog den Korken mit den Zähnen heraus. Er trank langsam etwas Wasser und blickte unter dem Rand des Tuches nach den Kriegern Luxons. Sie beachteten ihn nicht sonderlich. Ein Mann, der am Rand einer Karawane Wasser trank, war ein mehr als alltäglicher Anblick. Die Pferde schnaubten, ihre Hufe erzeugten ein andauerndes Trappen und Klappern, und das Leder der Sättel knirschte.
    Während der Anführer den Schlauch wieder sorgsam verschloss, zog er seinen Dolch aus dem Gürtel.
    Die Sonne brannte jetzt, aus der Richtung der Finger strahlend, in den Einschnitt der Felsen. Vorsichtig drehte Algajar seinen Körper, bis seine Schultern verbargen, was er tun musste .
    Auf der geschliffenen und polierten Dolchklinge spiegelte sich die Sonne. Ein Blitz, unsichtbar für Luxons Krieger, zuckte hinauf in das Felsengewirr. Einige Male bewegte Algajar den Dolch hin und her und kippte ihn. Aus dem einzelnen Reflex wurde eine Folge von schnellen Blitzen, die nur jemand sehen konnte, der sich dort verbarg und herunterblickte, um den Weg der Karawane zu verfolgen. Nach rund hundert Herzschlägen verschwand der Dolch wieder in der ledernen Scheide.
    Als sich das Diromo mit dem kleinen Zeltaufbau an Algajar vorbeidrängte, war der Mann gerade dabei, den Wassersack festzuknoten. Er sah nicht, dass ihn zwei rotgeränderte, zusammengekniffene Augen anstarrten, als wollten sie ihn verbrennen.
    *
    Shakar erkannte ihn beim ersten Blick wieder.
    Das kantige Gesicht war härter geworden und trug mehr Falten. Die dunklen Augen und der schmale Mund – derselbe. Im schwarzen Haar, das damals länger gewesen war, zeichneten sich die Linien des Alters ab. Die goldene Münze im rechten Ohr war, als sie das Urteil über Rhiads Sohn gesprochen hatten, größer und prunkvoller gewesen! Ja! Es gab nicht den geringsten Zweifel. Es war Algajar, einer der engsten Freunde des falschen Shallad. Gemartert von seinen Erinnerungen, stöhnte Shakar auf.
    Samed erschrak und beugte sich über ihn. »Was hast du, Shakar?« flüsterte er und spähte durch die Schlitze der Leinwand.
    Der Alte stöhnte ein zweites Mal und murmelte mit brechender Stimme, die Augen vor Schmerz geschlossen: »Erinnerungen, Kind. Schon fast Legenden! Die Dämonen meiner Mannesjahre holen mich ein.« Er murmelte etwas, dann fiel er übergangslos in einen tiefen Schlaf.
    Samed überwand seine Scheu und legte seine Finger an die Schlagader des Halses. Sie pochte unter der pergamentenen Haut.
    *
    Die Düsterzone oder jenseits von ihr die Schattenzone beherrschte auch diese Nacht. Fernes Glühen war von Zeit zu Zeit zu sehen. Der harte Glanz der Sterne wurde verdeckt, und zu bestimmten Zeiten zogen lange Flammenbahnen schräg zu Boden. Himmelssteine zeigten so an, dass sie verbrennend in das Land des Südens einschlugen. Das riesige schwarze Maul der Dämonen hatte den Mond gefressen. Obwohl seine narbige Scheibe voll und rund war, sah man nicht einmal hinter den Wolken sein Licht.
    Rund um das Lager der Karawane standen die Posten. Sie waren noch nicht abgelöst worden. Die Tiere, von Sätteln und Lasten befreit, standen und kauerten in einem weiten Kreis um die Feuer, die im Zentrum des Lagers brannten und glühten.
    Kalathee und Luxon saßen nebeneinander auf einem schweren, von breiten Lederbändern zusammengehaltenen Gepäckstück.
    »Ich bin verwundert«, sagte Kalathee leise und hielt einem Helfer, der mit einem Krug Wein an ihnen vorbeiging, ihren leeren Becher entgegen. »Du hast die magischen Waffen wieder abgelegt?«
    Luxon trug seine eigenen Waffen. Neben der Kiste lagen das Schwert und ein lederumhüllter Schild. »So ist es«, gab Luxon zurück. Er aß Fladenbrot und eine dicke Scheibe trockenen Braten. »Ein unbestimmtes Gefühl sagt mir, dass die

Weitere Kostenlose Bücher