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Unter dem Schwertmond

Unter dem Schwertmond

Titel: Unter dem Schwertmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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sie wahrscheinlich zufällige Besucher anlocken. Luxon spürte, dass auch ihn dieser Ort zu verhexen drohte. Die Schmerzen waren hier am Rand des Tals etwas leichter geworden. Aber immer wieder verschoben sich die Bilder vor seinen Augen. Einmal sah er Dinge, die vorher nicht an derselben Stelle vorhanden gewesen waren, dann wieder glaubte er, sich an einem ganz anderen Ort zu befinden.
    Er sagte zu sich, um sich Mut zu machen: »Nur noch nach Nohji suchen, nach Algajar… und dann in wilder Flucht zurück!«
    Er setzte sich zurecht, legte einen Pfeil auf die Sehne und setzte die Sporen ein. Sein Tier schien seine Entschlossenheit zu spüren und galoppierte los. Die Spuren waren breit und tief und nicht zu übersehen. Nach erstaunlich kurzer Zeit befand sich Luxon wieder neben Hodjaf. Rund um das Orhako, das schier rasend vor Furcht und Aufregung war, lagen mehrere tote Körper. Aus dem Gewirr der Felsen und Mauern krochen andere Bewohner des Tals herbei und schleppten ihre blutenden Artgenossen weg.
    Luxon feuerte in vollem Galopp einen Pfeil in die Schulter eines kleinen, schuppigen Wesens, beugte sich tief aus dem Sattel und packte das aufheulende Etwas mit der Faust. Er riss die Kreatur, deren Kopf mehr einer Echse als einem Kind ähnelte, von den Füßen und erreichte Hodjaf.
    »Du bringst uns zu Aszorg!« schrie er seinen Gefangenen an. Der Kleine spie nach ihm, versuchte ihn zu kratzen und zu beißen und hörte erst auf, als ihm Luxon den Sternenbogen über den Kopf schlug. »Zu Aszorg!« brüllte er.
    Hodjaf schwankte im Sattel. Der Helm der Gerechten schützte Luxon vor den Ausstrahlungen… Vor welchen Ausstrahlungen eigentlich? fragte er sich. Derjenigen des Himmelssteines? Oder griff der Wahnsinn, in dem die Kreaturen Denebas gefangen waren, nach den Hirnen der Männer? Sie hatten abgestumpft gewirkt und sich kaum gewehrt. Sein Befehl, mit dem er sie zurücktrieb, hatte sie erleichtert gehorchen lassen. Der Wahnsinn war es gewesen, von dem ihr Willen gelähmt worden war.
    Ebenso verwirrt wirkte jetzt Hodjaf. Er starrte den zuckenden Zwerg ratlos an, dann stöhnte er: »Ich bleibe bei dir, Luxon! An deiner Seite will ich sterben!«
    »Unsinn!« donnerte Luxon und sah, dass sein Gefangener den Arm ausstreckte und in eine Gasse zwischen den ausgewaschenen Felsen deutete. Sofort lenkte er sein Pferd dorthin, schob den Bogen zurück auf die Schultern und zog mit der Linken das Schwert Alton. »Dein Verstand ist durcheinander«, rief Luxon und merkte, dass ihm Hodjaf folgte, obwohl sich sein Orhako weigerte. »Hinter mir her! Sonst bringen sie dich um.«
    Als die Kreaturen, die bereit waren, sich auf die Reiter zu stürzen, Luxons Gefangenen sahen und dessen schauriges Winseln und Fauchen hörten, verließ sie der Mut. Sie schaukelten in ihren Wohnlöchern vorwärts und zurück, schüttelten sich und schrien, aber keiner von ihnen besaß genug Mut, um anzugreifen. Luxon hätte ihnen den kleinen Mann mit dem Hornkamm auf dem blauschuppigen Rücken hingeschleudert.
    »Du zeigst uns den Weg zu Aszorg!« dröhnte Luxon, nachdem er den Gefangenen in die Höhe gezerrt hatte. »Aszorg! Zum Xandor!«
    Der menschenunähnliche Kopf nickte mehrmals. In kurzem Galopp sprengte das Pferd entlang der schroffen, vorspringenden Felswände. Es ging im Zickzack hin und her. Luxon konnte keine Spuren von Nohji und Algajar mehr entdecken.
    Die Kreatur stieß ein lallendes Murmeln aus und deutete wieder nach vorn.
    Das Scharren der Vogelklauen auf Gestein war einigermaßen gleichmäßig, registrierte der Sohn des Shallad. Er hoffte, dass Hodjaf noch einige Zeit durchhalten möge. Sein Reittier folgte dem Weg zwischen den Felsen und bäumte sich auf, als die Felsen, wie Köpfe oder Phantasiegestalten geformt, sich mehr und mehr duckten, niedriger wurden und auseinanderwichen.
    Ein Krater, ungewöhnlich gleichmäßig, dehnte sich vor den Eindringlingen aus. In seiner Mitte, rund zehn Mannslängen tiefer als die niedrigen Felsen und das Gebiet der Umgebung, erhob sich ein kugelartiges Gebilde. Es sah aus wie ein gigantischer Schwamm, dessen Oberfläche von unregelmäßig geformten Löchern in jeder Größe bedeckt war. Sowohl die Seitenwände des Trichters als auch das Gestein der großen Kugel glühten. Die Löcher hingegen waren tiefschwarz. Luxon glaubte, in ihrem Innern ein blitzendes Funkeln zu sehen. Er schüttelte sich vor Grauen, als er auf dem Kraterhang, nur eine Mannslänge von der zu zwei Dritteln sichtbaren Kugel entfernt,

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