Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter dem Schwertmond

Unter dem Schwertmond

Titel: Unter dem Schwertmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
verlassen!« brüllte Hodjaf durch das Wimmern und Heulen der Kreaturen.
    Luxon dachte an Shakar, den sie abseits der Straße begruben. Verscharrten, das war der richtige Begriff für diese Art des Begräbnisses. Aber bis zum letzten Herzschlag hatte sein Ziehvater ihm geholfen. Noch ehe zu viel Rührung ihn überkommen konnte, handelte der Krieger. Er zielte auf die Steine schleudernde Kreatur und schoss den Pfeil ab.
    Er hatte auf den Schädel des kreischenden Ungeheuers gezielt. Dieses Wesen hatte kaum noch etwas Menschenähnliches. Aber der Pfeil fuhr durch die Schulter der Chimäre und schleuderte sie rückwärts vom Felsen. Ein markerschütternder Schrei erscholl zwischen den phantastisch geformten Steinerscheinungen.
    »Weiter!«
    »Einst sollen dies alles Menschen gewesen sein«, rief Hodjaf. »Sie haben sich verändert. Das fahle Leuchten ist daran schuld.«
    Die Spuren verloren sich nach einigen weiteren Schritten vollkommen. Die Reiter, eben noch dicht hintereinander, bildeten größere Abstände. Die Männer keuchten und stöhnten. Immer wieder fuhren ihre Hände an die Stirnen und Schläfen. Die Umgebung verwirrte sie oder machte sie krank. Luxon merkte von alldem nichts, denn er galoppierte wieder an. Dicht hinter ihm folgte Hodjaf auf seinem wild kreischenden Orhako.
    »Woher stammt dieses Glimmen?« rief Luxon, drehte sich im Sattel und bemerkte, dass Hodjaf und er allein in einem kleinen Kessel waren. Die senkrechten Felswände und die Kreaturen, die vor den Löchern hockten und Steine schleuderten, waren nur noch wenige Mannslängen entfernt. Ein geschleuderter Felsbrocken traf das Orhako, das einen senkrechten Sprung machte und Hodjaf beinahe aus dem Sattel schleuderte.
    Stockend gab der Rebell zurück: »Vom Himmelsstein. Er ist hier eingeschlagen – lange vor meiner Zeit.«
    »Wo? Hier in der Senke?«
    »Es muss in ihrem Mittelpunkt gewesen sein«, schrie Hodjaf. »Reite weiter, sonst machen sie uns nieder!«
    Luxon schüttelte schweigend den Kopf, wendete sein Pferd und ritt zurück. Das Tier wollte ausbrechen, aber als es erkannte, dass Luxon in die Richtung des Ausgangs ritt, beruhigte es sich ein wenig. Wieder zog Luxon einen Pfeil heraus und spannte den Bogen. Er sah, zu Tode erschrocken, dass ein wild um sich schlagendes Knäuel von Kreaturen einen seiner Reiter vom Pferd gerissen hatte und ihn buchstäblich zerfleischte.
    »Zurück! Reitet hinaus!« donnerte Luxons Stimme.
    Er setzte die Sporen ein und lenkte das Pferd in einem halsbrecherischen Galopp mitten durch den Haufen der auseinanderspringenden Kreaturen. Ein wildes Geheul erhob sich vor und hinter ihm. Er feuerte seinen zweiten Pfeil auf einen Missgestalteten ab, der in großen Sprüngen von Fels zu Fels hetzte und sich auf Socorra stürzen wollte. Der Pfeil bohrte sich mitten in den Körper des Angreifers. Socorras Schwert zuckte herunter. Das Gesicht des hageren Mannes trug einen Ausdruck, der Luxon entsetzte.
    »Bringe sie aus dem Tal hinaus, Socorra!« schrie Luxon noch einmal und ritt an die Seite des Pfaders heran. »Schnell! Ehe es zu spät ist.«
    Unter dem golden schimmernden Metall von Mythors Helm schmerzte Luxons Kopf. Der Schmerz schien ebenso äußerlich wie auch innen zu sein. Die Chimären, die einst Menschen gewesen sein mussten, flüchteten auseinander, verschwanden aber nur zum Teil in ihren Löchern. Einige von ihnen versuchten, den anderen die grausige Beute zu entreißen. Wütende Kämpfe entbrannten inmitten des leuchtenden Sandes. Der nächste Pfeil Luxons tötete ein Wesen, das wie eine Katze auf zwei Beinen aussah und einen der Reiter anzuspringen versuchte.
    Seine Reiter hatten ihn verstanden. Sie schlugen auf die Pferde ein und sprengten den Weg zurück, den sie gekommen waren. Das enttäuschte Geschrei der Kreaturen verfolgte sie auf ihrem Weg zu den Felssäulen hinauf. Jenseits dieses bizarren Tores sah Luxon flüchtig einige Orhakoreiter mit ihren Fackeln. Er sah nicht, dass eine Rotte der entmenschten Missgestalten einen weiteren Reiter vom Pferd riss und ihn ebenso tötete und zerfleischte wie das Tier. Auch der Verstand jener unglücklichen Wesen war verwirrt oder zerstört; sie verhielten sich wie hungrige Wölfe oder Ungeheuer, die nichts anderes als ihre Gier kannten.
    Luxon hielt das Pferd an, drehte sich einmal im Kreis und sah sich um. Viele der Kreaturen waren verschwunden, einige hockten noch in ihren Löchern und warfen ihm aus glühenden Augen starre Blicke zu. Mit ihrem Wimmern wollten

Weitere Kostenlose Bücher