Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
das ihre Art, mir mitzuteilen, dass sie mich loswerden wollten?
» Eure Mutter ist ja auch noch da « , fuhr Ezra fort, meine unvollendete Frage ignorierend. » Ihr habt einen Brief zurückgelassen, in dem ihr angedeutet habt, dass ihr eine Weile bei uns wohnt. Wenn ihr beide verschwindet, wird sie misstrauisch und hetzt uns die Polizei auf den Hals. «
» Und wenn nur Milo verschwindet, glaubst du, das geht für sie in Ordnung? « , fragte ich skeptisch.
Ezra schüttelte den Kopf. » Nein, dafür werden wir ihr eine Erklärung liefern. Bis morgen haben wir das alles ausgearbeitet. «
» Morgen? « , fragte ich atemlos.
» Ja. Morgen gehst du nach Hause « , sagte Ezra.
» Milo hat bis dahin genügend Zeit, sich auf einen letzten Besuch bei eurer Mutter vorzubereiten, und wir haben genug Zeit, alles zu ordnen « , führte Mae mit einem Lächeln aus.
Sie setzten mich vor die Tür, schlossen mich von allem aus, was mir wichtig war, und dabei lächelten sie mir auch noch ins Gesicht.
» Ich weiß, das ist schwer für dich, aber es ist nur zu deinem Besten « , sagte Ezra. Sein Tonfall machte mir unmissverständlich klar, dass es darüber keine weitere Diskussion gab.
» Nein, es ist kein Problem « , sagte ich und musste blinzeln, um nicht zu weinen. Ich stand auf, ohne zu wissen, wo ich hinwollte, und zog mich mit einer dürftigen Entschuldigung zurück. Ich ignorierte Mae, die mich ansprach, und auch Milo, dessen Blick mir folgte, und ging durch die Küche und das Esszimmer auf die Terrasse hinaus, die in helles Mondlicht getaucht war.
Nachdem ich drei Tage lang in der Kälte der klimatisierten Räume verbracht hatte, wirkte die feuchtwarme nächtliche Luft wie eine Sauna. Glühwürmchen tanzten durch die Äste der Trauerweide am See. Ich ging auf dem Holzsteg hinaus und tupfte mir die Augen trocken.
Vor mir lagen die Holzdielen des Stegs, die Quelle all meiner Probleme. Wäre Milo nicht ausgerutscht, so hätte er sich nicht am Kopf verletzt, und alles wäre völlig normal. Ich war selbst am unglücklichsten darüber, dass ich so eingeschnappt und durcheinander war. Auf dieses quälende Gefühl der Einsamkeit war ich überhaupt nicht vorbereitet. Da alle, die ich ins Herz geschlossen hatte, unsterblich waren, war es mir nie in den Sinn gekommen, dass ich jemals einsam sein könnte.
Als ich auf den Brettern hinter mir schnelle Schritte hörte, wischte ich mir noch einmal rasch die Tränen aus den Augen. Ich wollte nicht weinen, geschweige denn vor Publikum. Ich schlang mir die Arme um den Leib, drehte mich aber nicht zu Jack um.
» Alice. Es ist doch gar nicht so schlimm. «
» Nein, ich weiß « , erwiderte ich nickend. Es kamen keine Tränen mehr, sodass ich es nun wagte, ihn anzusehen. » Ich habe einfach nicht richtig überlegt. Wenn ich nachgedacht hätte, wäre mir klar gewesen, dass ich bald gehen muss. «
» Alice « , stöhnte er. Natürlich durchschaute er mich. » Es ist zu deiner Sicherheit und zu unserer. «
» Ich weiß « , wiederholte ich. » Ich habe das schon verstanden. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. «
» Niemand macht dir Vorwürfe, wenn du sauer bist. «
» Ich bin nicht sauer! « , fauchte ich ihn an. Er verdrehte die Augen.
» Warum bist du nur immer so verdammt stur? « , fragte Jack entnervt.
Ich schüttelte den Kopf. » Bin ich doch gar nicht. «
Er stieß hörbar die Luft aus. Dann streckte er die Arme nach mir aus. Ich wich einen Schritt zurück, und er ließ sie wieder sinken.
» Ich weiß nicht, warum du wütend auf mich bist. Ich habe doch gar nichts damit zu tun. «
» Es ist doch deine Schuld, dass Milo ein Vampir ist « , sagte ich und bereute es sofort wieder. Er sah so gekränkt aus, dass ich es am liebsten wieder zurückgenommen hätte.
» Du hast recht « , erwiderte Jack. » Du hast absolut recht. Das ist alles meine Schuld. « Er senkte die Augen. » Lass dir Zeit. Ich warte im Haus. «
» Jack « , sagte ich, doch er schüttelte nur den Kopf.
» Lass dir so viel Zeit, wie du brauchst, Alice. « Er drehte sich um und ging zum Haus zurück. Diesmal waren seine Schritte schwer und langsam.
Ich starrte hinaus auf das schwarze Wasser. Jack machte so gut wie nie etwas falsch, und dennoch bekamen er und Milo meine Wut und Enttäuschung mit voller Wucht ab. Das war nicht besonders fair, und ich kam mir ziemlich schrecklich dabei vor. Kein Wunder, dass sie mich aus dem Weg haben wollten.
Es wäre alles so viel einfacher gewesen, wenn statt
Weitere Kostenlose Bücher