Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
Tanzfläche hinüber und verzog das Gesicht. Er stellte sich wohl gerade vor, wie er mit mir im Schlepptau die Tanzfläche absuchte, während die Leute nach mir grabschten.
» Ich kann für dich auf sie aufpassen, wenn du möchtest « , erbot sich die Vampirin. Sie tätschelte dem Mädchen auf ihrem Schoß den Kopf. » Ich weiß doch, wie schwierig es ist, die Fliegen vom Essen fernzuhalten. «
» Behalt sie einfach nur im Auge, mehr nicht « , sagte Jack warnend.
» Großes Indianerehrenwort. « Sie hielt zwei Finger mit langen schwarz lackierten Nägeln in die Luft.
» Ich bin gleich wieder da. « Er zögerte kurz, legte mir dann die Hände auf die Wangen und gab mir einen flüchtigen Kuss. Das Gesicht noch nah an meinem, flüsterte er: » Lass dich von niemandem anfassen. «
» In Ordnung. «
» Gut. « Widerstrebend drehte er sich um und verschwand auf der Tanzfläche.
» Wie heißt du? « , fragte mich mein Vampir-Babysitter.
» Alice. « Ich schlang mir die Arme um den Leib und versuchte, mich auf sie und das Mädchen auf ihrem Schoß zu konzentrieren, statt die lüsternen Vampire um uns herum zu beachten.
» Olivia. « Die Vampirin deutete erst auf sich und dann auf das Mädchen auf ihrem Schoß. » Das ist Hannah. Sie gehört mir. «
» Gratuliere « , sagte ich, weil ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte.
» Danke. « Wieder lachte Olivia. » Eure Beziehung ist wohl ziemlich verzwickt. « Sie nickte zu Jack hinüber. » Warum hat er dich nicht verwandelt? «
» Das ist kompliziert. « Ich rieb mir die Arme. Das Mädchen auf Olivias Schoß bewegte sich, und sie streichelte ihr beruhigend übers Haar. » Warum hast du Hannah nicht verwandelt? «
» Dann hätte ich ja keinen Grund mehr, sie zu behalten « , sagte Olivia, sah das Mädchen aber liebevoll an. » Du kennst doch das Sprichwort: ›Warum soll man die Kuh kaufen, wenn man die Milch umsonst bekommt?‹. Wenn ich die Kuh kaufen würde, würde ich überhaupt keine Milch mehr bekommen. «
» Warum sollte mich Jack dann verwandeln? « , fragte ich.
» Weil er dich liebt. « Olivia klang überrascht. » Das musst du doch wissen. « Ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, antwortete aber nicht. » Und ich wette, dass er von dir keine ›Milch‹ bekommt. « Sie musterte mich mit ihren trüben Augen. » Ich wette, du bist in jeder Hinsicht eine Jungfrau. «
» Nicht ganz. « Ich reckte trotzig das Kinn vor.
» Er hat dich noch nie gebissen? «
» Er hat mich geschmeckt. «
Bei diesen Worten weiteten sich ihre Augen.
» Und er hat dich nicht gebissen? « , fragte sie erstaunt und ungläubig. » Der Typ hat sich aber ganz schön im Griff. Lass dir gesagt sein, es ist nur eine Frage der Zeit, bis er schwach wird. Und wenn sich so viel aufgestaut hat, kann es passieren, dass er zu weit geht. «
» Wir haben alles unter Kontrolle « , sagte ich wenig überzeugend.
» Aber hallo! « , sagte eine tiefe Stimme hinter mir.
Ich wirbelte herum und stand vor dem Vampir, der mich auf der Tanzfläche berührt hatte. Seine schwarzen Augen starrten mich durchdringend an. Eine Strähne seines schwarzen Haars fiel ihm ins Gesicht. Er schob sie mit – zumindest für einen Mann – unangenehm langen Fingernägeln beiseite.
Da tauchte Violet hinter ihm auf. » Das ist Alice! « , rief sie mit ihrer schrillen Stimme. Sie stellte sich so nah neben ihn, dass sie sich fast berührten. » Ist sie nicht eine Augenweide? «
» Zuckersüß « , schnurrte er mit einem übertriebenen Südstaatenakzent. Er nahm einen tiefen Atemzug und beugte sich näher zu mir. Ich konnte nicht klar genug denken, um einen Schritt zurück zu machen. » Atme, Süße. «
Ich atmete tief ein und füllte meine Lungen mit wertvollem Sauerstoff. Was er mit mir anstellte, übertraf alles, was Peter hätte tun können. Mein Gehirn funktionierte zwar noch, doch mein Körper war unfähig, etwas zu tun, sei es zu blinzeln, zu atmen oder sich auch nur zu rühren.
» Du bist ja ein echter Schatz! « , feixte er hungrig. Violet kicherte.
» Lasst sie in Ruhe « , sagte Olivia. Ihre Stimme klang jetzt kräftiger, nicht mehr so verträumt. » Sie ist viel zu jung, und ihr Freund ist gleich nebenan. «
» Was geht dich das an? « Der Vampir starrte jetzt Olivia an. In seinen Augen blitzte Zorn auf.
» Er hat sie wohl in ihre Obhut gegeben « , erwiderte Violet spöttisch. Sie beugte sich zu ihm. » Er hat sie allein gelassen. «
Endlich fand ich meine Stimme wieder. »
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