Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
sie um das Sofa herumging und der Saum ihres Kleides auf dem Boden schleifte. » Man sollte für die Zubereitung des Essens einen vernünftigen Koch parat haben.«
» Violet ist kein Dienstmädchen, Rebekka«, sagte Olivia und sah zu, wie Rebekka im Gästezimmer verschwand. » Sie begreift einfach nicht, dass nicht alle auf der Welt ihre Bediensteten sind. Davon abgesehen weiß sie aber, wovon sie redet, und sie kann euch wirklich helfen, Alice.«
» Wie bereitet man einen Menschen vor?«, fragte Violet dazwischen, den Blick argwöhnisch auf die Schlafzimmertür gerichtet, die Rebekka soeben hinter sich zugezogen hatte. » Hätte ich ihn etwa salzen sollen?«
» Rebekka hat es gern, wenn sie bereits angebissen wurden«, erklärte Olivia und deutete auf ihren Hals. » Sie glaubt, dass so das Blut schneller fließt.«
» Das ist ja interessant«, sagte ich.
»› Beunruhigend‹ fände ich passender«, sagte Bobby.
» Was zum Teufel ist mit deinem Gesicht passiert?«, fragte Violet und wies auf den Eisbeutel, den Bobby an sein Auge hielt.
» Ich habe einen Faustschlag abbekommen«, sagte Bobby schulterzuckend.
» Wie schlimm ist es?«, erkundigte ich mich. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt, mir die Wunde anzusehen, weil er sie immer zugehalten hatte.
» Halb so schlimm.« Er nahm seinen Eisbeutel ab. » Es wäre überhaupt nicht schlimm gewesen, wenn er nicht diesen Ring getragen hätte. Aber zumindest hat er mich damit nicht ins Auge getroffen.«
Bobby redete weiter, doch als ich seine Verletzung sah, hörte ich nicht mehr, was er sagte. Ich hörte überhaupt nichts mehr außer dem Pochen meines Herzens und dem Blut, das durch meine Adern floss.
Sein Auge war geschwollen und wund, doch der blutige Umriss an seiner Schläfe war unverwechselbar. Ich hatte dieses Zeichen in fast identischer Form schon einmal gesehen. Mit dem einzigen Unterschied, dass der Abdruck einmal mit Hitze entstanden war und jetzt durch einen Schlag. Es sah aus wie ein U und sogar die Schuppen waren auf Bobbys Haut zu sehen.
Der Abdruck eines Drachen, das Symbol Draculas. Das Symbol der Vampire. Mit diesem Ring waren die ermordeten Mädchen gekennzeichnet worden.
Ich stand auf. Die Stimmen der anderen hörte ich nur gedämpft, als befände ich mich unter Wasser. Und ich konnte mich kaum aufrecht halten.
Jedes Mal wenn ich in Jonathans Nähe gewesen war, hatte mein Blut angefangen zu kochen. Es war Janes Blut, das nach dem Biss noch in meinen Adern floss und mit seinem reagierte. Es war, als hätte Jane mir sagen wollen, dass er sie umgebracht hatte, und ich hatte es nur nicht verstanden.
» Er hat sie umgebracht«, flüsterte ich, und über meine Augen legte sich ein roter Schleier.
Mir wurde schummerig, wie wenn mich die Blutgier übermannte und ich in Ohnmacht fiel, aber diesmal hatte es einen anderen Grund. Diesmal war es pure Wut.
» Alice?« Milos Gesicht tauchte vor mir auf und ich spürte seine Hände auf meinen Schultern. » Wovon redest du?«
» Jonathan hat Jane getötet«, sagte ich. » Ich muss ihn finden.«
» Was?« Milo erblasste und sein Griff wurde fester.
» Er hat es tatsächlich getan?« Bobby sprang vom Sofa auf und eilte zu uns herüber. » Woher weißt du das?«
» Dieses Zeichen …« Ich deutete auf seine Schläfe. » Das ist das Brandzeichen.«
Auch Olivia und Violet mischten sich nun ein, sprachen über Jonathan und die Mordserie und fragten mich, was hier vor sich ging, doch ich konnte ihnen nicht antworten. Ich konnte nur fühlen, was Jane gefühlt hatte. Wieder ergriff mich ihre panische Angst und ich stieß Milo von mir und wich schwankend zurück.
» Alice, wohin gehst du?«, fragte Milo und folgte mir.
» Ich muss …« Ich schüttelte den Kopf. Ich musste ihn finden.
» Du hast sein Gesicht zerschmettert, Alice«, erinnerte mich Bobby. » Er ist bestimmt nach Hause gegangen.«
» Nein«, sagte ich. » Nein. Er ist verletzt. Er muss heilen. Er trinkt.«
Als Milo verletzt worden war, hatte Jack ihm von seinem Blut gegeben, um den Heilungsprozess zu beschleunigen. Vampirblut war wirksamer als menschliches Blut, aber auch frisches Menschenblut würde seinen Zweck erfüllen. Und so wie ich ihn zugerichtet hatte, brauchte er es bestimmt.
Ich konnte nicht auf den Aufzug warten, also rannte ich ins Treppenhaus. Milo versuchte, mich aufzuhalten, doch ich hörte nicht auf ihn und rannte die Treppe hinunter, indem ich mehrere Stufen auf einmal nahm, doch selbst das dauerte mir noch zu
Weitere Kostenlose Bücher