Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
vorbei.
Ezra und Peter blockierten den Ausgang, und ich stand auf der anderen Seite des Raums, sodass Daisy nicht entkommen konnte. Sie rannte in die Ecke und drehte sich uns knurrend zu, das Gesicht zu einem dämonischen Grinsen verzerrt.
Während ich versucht hatte, Daisy in Schach zu halten, war Jack heruntergekommen. Er saß über Milo gebeugt und hielt ihm eine Decke an den Hals. Die Kratzer und Bisse an meinem Oberkörper kribbelten, was bedeutete, dass sie zu heilen begannen.
» Daisy, Liebling!« Mit ausgestreckten Armen ging Mae langsam auf Daisy zu. » Beruhige dich, Schatz. Alles ist gut.«
» Nein!«, fauchte Daisy, der Blut aus dem Mund tropfte. » Nein! Nichts ist gut! Ich habe Hunger! Ich habe so Hunger! «
» Ich kann dich füttern, Liebling«, sagte Mae sanft.
Als Mae sie auf den Arm nehmen wollte, holte Daisy nach ihr aus. Sie hatte zu schluchzen begonnen, doch ihre Blutgier hatte nicht nachgelassen. Mae schnappte sie und schlang fest ihre Arme um sie, doch Daisy wehrte sich beißend, schlagend und kratzend.
» Daisy, Liebling, bitte beruhige dich!« Als Mae versuchte, Daisys Haar zu streicheln, biss diese ihr beinahe einen Finger ab. » Daisy!«
» Ich habe Hunger!«, jammerte Daisy, auf deren Gesicht sich Tränen und Blut vermischten. » Es tut weh! Es tut so weh! «
Sie warf den Kopf zurück und begann, entsetzlich zu schreien. Es war nicht das Schreien eines Kindes, das einen Tobsuchtsanfall hatte. Es war das Schreien eines Kindes, das gewaltige Schmerzen erlitt, weil es Hunger hatte und nichts tun konnte, um ihn zu stillen.
» Mae.« Als er Mae mit Daisy ringen sah, ging Ezra zu ihr hinüber und kniete sich neben sie.
» Sie ist normalerweise nicht so«, behauptete Mae und sah mit Tränen in den Augen zu ihm auf. » So schlimm habe ich sie noch nie erlebt, aber …«
» Mae«, sagte Peter behutsam. » Das ist nicht wahr. Sie ist in letzter Zeit ständig so.«
» Es tut so weh!«, schrie Daisy, doch ihr Anfall schien allmählich nachzulassen. Sie hatte aufgehört, Mae zu beißen, wand sich jedoch weiter und schlug um sich.
» Mae, sie hat Schmerzen«, sagte Ezra leise, seine dunklen Augen auf sie gerichtet.
» Wenn ich sie füttere …« Mae verstummte.
» Wann hat sie das letzte Mal gegessen?«, fragte Ezra.
» Vor drei Stunden.« Mae schluckte schwer und schaute auf das vor Schmerzen weinende und um sich schlagende Kind in ihren Armen. Selbst wenn Mae sie jetzt füttern würde, wäre es in ein paar Stunden wieder genauso.
Niemand von uns konnte wirklich nachvollziehen, wie es sich für ein Kind anfühlte, ein Vampir zu sein. Es konnte nicht nur mangelnde Selbstbeherrschung sein, die sie so reagieren ließ. Sie musste Höllenqualen erleiden.
» Daisy.« Mae hielt sie eng an sich gedrückt, sie mehr umarmend als zähmend, und streichelte ihre feuchten Locken. » Daisy, Liebling, bitte …« Mae presste die Augen zusammen und Tränen kullerten ihr über die Wangen.
Daisys Kampf bekam neuen Aufwind. Sie holte nach Ezra aus und wollte ihn kratzen. Sie fauchte und wäre beinahe Maes Armen entwischt, doch diese hielt sie fest. Als Antwort darauf versenkte Daisy ihre Zähne in Maes Schulter.
» Ich liebe dich, Daisy«, flüsterte Mae.
Sie küsste sie auf den Scheitel, streichelte ihr Haar und hielt sie fest im Arm. Dann brach sie ihr mit einem plötzlichen Ruck das Genick. Das Knacken war kaum zu hören, doch es ließ mich entsetzt aufspringen.
Für einen Atemzug herrschte eine gespenstische, unwirkliche Stille im Raum.
Mae schrie auf. Noch nie zuvor hatte ich ein so herzzerreißendes Wehklagen gehört. Sie wiegte das tote Kind in ihren Armen und weinte bitterlich. Als Ezra sie in den Arm nehmen wollte, stieß sie ihn weg und brüllte, sie hasse ihn, ließ sich dann aber doch von ihm trösten.
Milo hatte so viel Blut verloren, dass er kurz davor war, das Bewusstsein zu verlieren, also holte ihm Jack rasch Blut. Ich kauerte neben ihm, hielt die Decke an seinen Hals gepresst und sah mit an, wie für Mae eine Welt zusammenbrach. Nachdem Milo getrunken hatte, trug Jack ihn nach oben, damit er sich ausruhen konnte.
Meine Wunden waren bereits verheilt, doch meine Haut und meine Kleidung waren blutverkrustet, und ich hätte mich ebenfalls zurückziehen sollen, um mich umzuziehen. Stattdessen saß ich auf der Treppe und lauschte, den Kopf an die Wand gelehnt, Maes Wehklagen.
Für eine Weile dachte ich, sie würde nie mehr aufhören zu weinen, doch schließlich verlor sie ihre
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