Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
unser Werk zu vervielfältigen und anschließend für einen Dollar zu verkaufen, brach ich eines Nachts ins Rektorat ein. Ja, ich hielt damals ziemlich große Stücke auf mich.«
» Was ist aus der Sache geworden?«, fragte ich.
» Ich musste wegen des Einbruchs nachsitzen«, sagte Jack grinsend. » Mein Kumpel wurde gefeuert und ich kümmerte mich von da an mehr um meine Freundin.« Er zuckte mit den Schultern. » Ich weiß auch nicht. Das Leben ging weiter. Und mir wurde klar, dass ich es im Schreiben von Comics wahrscheinlich nie weit bringen würde.«
» Dann hast du deinen Traum einfach aufgegeben?«, fragte ich.
» Ich weiß nicht, ob ich das so sagen würde.« Er lehnte den Kopf an die Kühlschranktür und lächelte etwas traurig. » Eigentlich glaube ich gar nicht, dass es wirklich mein Traum war.«
» Was ist dann dein Traum?«, insistierte ich.
» Ich weiß es nicht.« Er sah mich an und wurde ernst. » Was sollen die ganzen Fragen?«
» Ich weiß auch nicht. Ich glaube, ich habe gerade eine Existenzkrise.«
» Verstehe«, sagte er und kippte das restliche Blut in einem Zug hinunter. Dieser letzte Schluck schien eine größere Wirkung auf ihn zu haben als das ganze Blut, das er zuvor getrunken hatte, denn er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. » Was ist mit dir?«
» Was meinst du?«
» Was wolltest du als Kind werden?« Er stellte die Konserve auf der Arbeitsfläche ab und kam mit langsamen, bedächtigen Schritten zu mir herüber.
» Ich weiß es nicht.« Ich legte die Stirn in Falten und dachte nach. » In der Highschool haben wir diese Eignungstests gemacht, und als ich in die Abschlussklasse kam, hatten mir die Lehrer eingebläut, ich müsse mich für einen Abschluss und ein College entscheiden – sprich, dafür, was ich für den Rest meines Lebens machen wollte.«
» Und wofür hast du dich entschieden?« Jack stützte sich links und rechts von mir an der Arbeitsfläche ab und sah mich erwartungsvoll an.
» Ich habe überhaupt nichts entschieden. Ich fühlte mich so sehr unter Druck, dass ich einfach gar nichts machte«, sagte ich schulterzuckend. » Als ich klein war, änderte sich mein Berufswunsch wöchentlich. Einmal wollte ich Tierärztin werden, ein anderes Mal Regisseurin und wieder ein anderes Mal Puppenspielerin, Ninja-Kämpferin, Feuerwehrfrau oder Pianistin.« Ich schüttelte den Kopf. » Aber nichts davon überzeugte mich wirklich.«
» Wie gut, dass du eine Ewigkeit lang Zeit hast.« Er grinste mich schief an. » Jetzt kannst du alle diese Berufe ausprobieren und tun und sein, was du willst.«
» Einfacher wäre es, wenn ich schon jetzt wissen würde, was ich machen will«, seufzte ich.
» Klar, aber das Gute ist nie einfach.« Er küsste mich auf die Stirn und lächelte mich mit halb geschlossenen Augen an. » Wie ein weiser Mann einst sagte: › Aus Frieden lernen wir nicht viel.‹«
» Wer hat das gesagt? Dylan Thomas?«, fragte ich.
» Nein. Der Typ, der Fight Club geschrieben hat.«
» Bist du jetzt zum Verfechter des harten Lebens mutiert? Ich dachte, du gehörst zu denen, die immer nach dem einfachsten Weg suchen«, zog ich ihn auf.
» Vielleicht.« Obwohl er mir in die Augen sah, hatte ich das Gefühl, er schaue durch mich hindurch. » Aber du bist das Schwierigste, womit ich mich je auseinandergesetzt habe, und du bist gleichzeitig auch das Beste. Also … ich glaube, das ist die Moral von dieser Geschichte. Für das Wertvolle im Leben muss man kämpfen.«
» Danke.« Ich sah zu ihm auf und küsste ihn zärtlich, doch er taumelte zurück.
» Es tut mir wirklich leid.« Er riss die Augen auf und schüttelte den Kopf. » Aber ich glaube, ich muss mich hinlegen.«
» Ja, natürlich, ruh dich lieber aus.« Ich legte eine Hand auf seine Brust. » Mir tut es leid, dich so leer gesaugt zu haben.«
Das Quietschen von Autoreifen in der Garage, gefolgt vom Zuschlagen einer Autotür, ließ mich aufhorchen. Einen Augenblick später kam Milo hereingestürmt.
» Wo zum Teufel ist Ezra?«, fragte Milo.
» Sag mal, bist du eben auf mein Auto aufgefahren?«, fragte Jack und klang dabei so aufgebracht, wie ein müder Betrunkener nur klingen konnte.
» Warum sollte ich auf dein Auto aufgefahren sein?«, fragte Milo verwundert.
» So wie es gerade in die Garage gequietscht hat, fährst du wie ein Wahnsinniger!« Jack zeigte mit dem Finger auf ihn und fügte hinzu: » Du kannst nur hoffen, dass du mein Auto nicht erwischt hast!«
» Was ist denn mit dem
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