Unter dem Weihnachtsbaum in Virgin River (German Edition)
wenn der doofe Ed die Kurve kriegt und dir irgendwie beweist, dass er eine zweite Chance verdient hat?”
„Das wird’s nicht geben. Ich weiß kaum noch, wie er aussieht. Wenn du zurückkommst, werde ich hier sein.”
„Und was ist, wenn ich mich so einsam und verzweifelt fühle, dass ich da unten mit einer vollbusigen Nymphomanin Sex habe und dann absolut unschuldig tue, wenn ich zu dir zurückkomme, und dich belüge, nur um dir eine schreckliche Lektion zu erteilen?”
„Das würde ich merken.”
„Bei Ed hast du nichts gemerkt”, erinnerte er sie.
„Ich weiß. Und ich habe lange darüber nachgedacht, denn ich hatte ein echtes Problem damit, dass mir da so gar nichts aufgefallen war. Ich glaube, dass Ed mir einfach nicht so wichtig war, sonst hätte ich mich darüber aufgeregt, dass wir so wenig Zeit miteinander verbringen konnten. Aber das habe ich nicht. Mir wäre doch aufgefallen, dass etwas nicht stimmte, wenn er mir mehr bedeutet hätte, oder? Ich glaube, ich habe mir eher gewünscht, dass mir etwas an ihm lag, als dass es wirklich so war. Lieber Himmel, ich glaube, ich hätte ihn sogar geheiratet, wenn ich gewusst hätte, dass er nur zwei Abende in der Woche mit mir verbringen würde.“ Sie holte tief Luft. „Vielleicht hätte ich ihn auch gerade deshalb geheiratet,
weil
er nur zwei Abende in der Woche mit mir zusammen sein würde.”
Sie strich Nate mit den Fingern durch die Haare an den Schläfen. „Aber mit dir ist es anders, Nathaniel, auch wenn ich mich noch so sehr dagegen sträube.“ Sie lächelte.
„In nur drei Wochen?”, fragte er leise.
Sie schüttelte den Kopf. „Das hat keine drei Wochen gedauert.”
Er holte tief Luft, stöhnte erleichtert auf und bedeckte ihren Mund in einem tiefen, heißen Kuss, der nicht enden wollte. Als er schließlich dann doch seine Lippen von ihren löste, sagte er: „In Ordnung. Dann machen wir es so, wie du es willst. Wir warten, bis du so weit bist. Glaube aber bloß nicht, dass du mich so herumkommandieren kannst, wenn das Warten vorbei ist und wir für immer zusammen sind.”
„Abgemacht”, stimmte sie lachend zu.
Am Montag hatte Nathaniel bis Mittag schon zweimal bei Annie angerufen. Beim ersten Mal wollte er wissen, ob es irgendetwas gab, das er zur Farm mitbringen könnte. „Ich glaube, wir werden zum Essen zwei große Bleche Lasagne in den Ofen schieben, und Mom ist damit beschäftigt, Brot zu backen. Wie wär’s, wenn du einen schönen Rotwein mitbringst?”
Beim zweiten Mal sagte er: „Ich weiß, dass du dienstags arbeiten musst. Aber ich reise doch am Dienstagnachmittag ab. Deshalb wollte ich fragen, ob du nicht, falls ich den Brudertest bestehe, anschließend noch auf einen Sprung mit zu mir kommen willst?”
„Aber wirklich nur auf einen Sprung. Und versuche es bloß nicht mit der Nummer ‚Ich ziehe in die Schlacht und du musst mir deine Liebe beweisen, bevor ich aufbreche‘. Okay?”
Und er lachte.
Das war das Beste an Annie. Ihr Sinn für Humor. Nein, dachte er. Ihre Schönheit. Ihr dunkelrotes Haar, ihre sahneweiße Haut mit den Sommersprossen, ihre dunkelbraunen Augen. Aber dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er daran dachte, wie gut sie auf einem Pferd saß. Sie war eine erfahrene Reiterin. Und auch wenn sie selbst das Wort „robust“ absolut nicht als Kompliment auffassen würde, es war das, was er an ihr bewunderte. Schon immer hatte Stärke eine anziehende Wirkung auf ihn gehabt. Manchmal, wenn er sie in den Armen hielt, hatte er das Gefühl, sich an ihr festzuhalten, als würde sie ihn im Boden verankern. Sie hatte keine Ahnung, wie unattraktiv flatterhafte, ängstliche, schwache Frauen für ihn waren. Konnten solche Frauen manchen Männern wirklich das Gefühl geben, stark und fähig zu sein? Bei Nathaniel war es so, dass es Bedürfnisse in ihm befriedigte, von denen er nicht einmal wusste, wenn eine starke Frau sich für ihn entschied.
Er musste einige Anrufe erledigen, zu Ranches fahren und Patienten besuchen, Impfungen verabreichen, zwei Kühe untersuchen, die einen Pilz hatten, und nach ein paar trächtigen Tieren schauen, die im Frühling ihre Jungen bekommen würden. Er rief den Kollegen in Eureka an, der für ihn einspringen würde, solange er nicht da war, stattete einer lokalen Weinkellerei einen Besuch ab, um ein paar Flaschen guten Roten auszusuchen, und machte sich schließlich auf zur Farm der McKenzies.
Als er ankam, sah es dort beinahe aus wie auf einem Jahrmarkt. Statt einem
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