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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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den Grabhügeln die Totenmesse für die Gefallenen gelesen hatten. Führten dreiundneunzig Jahre Einsamkeit im Wald der Schweigenden Frau dazu, daß man die Meßtexte vergaß? Und wieso erinnerten sie sich dann an viel ältere Zauberlieder? Ogden und Veremund hatten keine sehr würdige Totenfeier abgehalten, und der Axtherr hatte an sich halten müssen, seinem Ärger nicht auf der Stelle Luft zu machen.
    Während der Reise durch Arkness und auch während des Aufenthalts in Arken hatten Ogden und Veremund jede Begegnung mit den örtlichen Pflugbewahrern vermieden, obwohl es sich bei ihnen doch um Mönchs- und Priesterbrüder handelte. Das war auch vielen Axtschwingern aufgefallen, und sie hatten darüber so manche Bemerkung gemacht. Natürlich durfte man nicht vergessen, wie lange die beiden in aller Abgeschiedenheit gelebt hatten, und man mußte ihnen auch ihr hohes Alter zugute halten. Aber Axis vermutete, daß sich mehr dahinter verbarg. Und irgendwann fiel ihm auf, daß Arne die Mönche ebenfalls mit merkwürdigen Blicken bedachte.
    Doch heute abend befanden sich alle in aufgeräumter Stimmung. Belial hatte seine Harfe mitgebracht und versuchte unter großem Gelächter, ein Lied nachzuspielen, das er in Arken aufgeschnappt hatte. Axis lächelte ebenfalls. Er mochte seinen Leutnant sehr und schätzte ihn als Soldaten. Nur als Harfenspieler taugte er nicht viel.
    »Mein Freund.« Axis richtete sich auf und streckte eine Hand aus. »Euer Instrument muß gestimmt werden. Laßt mich einmal sehen.«
    Belial grinste verlegen und reichte ihm die Harfe. Axis hatte ihn mit seiner diplomatischen Ausrede nicht täuschen können, hatte er doch bewußt falsch gespielt, um den Freund dazu zu bewegen, das Instrument zu übernehmen. Seit bei dem Sturm so viele Soldaten ihr Leben verloren hatten, zeigte sich Axis still und in sich gekehrt. Belial versuchte deshalb sein Bestes, ihn aus seiner trüben Stimmung zu reißen und aufzumuntern.
    Axis setzte sich die Harfe auf den Schoß, tat so, als würde er hier und da eine Saite stimmen, und sah sich in der Runde um. »Und was wollen wir heute abend singen, meine Freunde?«
    »›Belle, meine Frau!‹« rief einer seiner Offiziere sogleich, und die anderen johlten und klatschten begeistert. Diese Ballade erfreute sich im Reich großer Beliebtheit, doch nur ein erfahrener Spieler konnte sie wirklich treffend zum Vortrag bringen.
    Der Krieger lächelte und schlug die ersten Töne an.
    Der Winter kommt ins Land so kalt, Mit Frost, der die Hügel bedeckt. Und Artor bläst mit solcher Gewalt, Dass uns das Vieh bald verreckt.
    Belle, meine Frau, die ist mächtig schlau, Behält fast immer die Ruh’:
    ›Los, Mann‹, sagt sie, ›zieh den Mantel an, Und kümmre dich um die Kuh!‹
    Der Krieger sang mit lauter, klarer Stimme, und die anderen ließen ihn die ersten vier Strophen vortragen, ehe sie in den Gesang einfielen. Bald hallte das Lied aus vielen Kehlen durch die Nacht. Als die Ballade nach der fünften Wiederholung der letzten Strophe endlich ihr Ende fand, fiel Axis in das Lachen und Johlen seiner Männer ein.
    Er spielte noch einige andere Lieder, und als man genug davon hatte, schlug er nur noch leise ein paar Takte auf der Harfe. Seine Offiziere wollten nun lieber über den weiteren Ritt nach Norden und die Gefahren beraten, die auf sie warteten. Von welcher Art mochten die Kreaturen sein, die Burg Gorken angegriffen hatten? Woher waren sie gekommen?
    »Axtherr«, fragte Baldwin, einer der Kohortenführer, »was haltet Ihr von dieser Prophezeiung? Handelt es sich bei den Angreifern vielleicht um die Geistmänner, von denen die Weissagung spricht? Bevor wir Karlon verließen, glaubten wir noch, die Unaussprechlichen steckten dahinter, aber jetzt …« Er behielt den Rest des Satzes für sich.
    Schweigen senkte sich über die Runde, denn jeder wollte die Antwort des Kriegers hören. Ogden und Veremund beobachteten den Anführer ebenfalls, wenn auch aus anderen Gründen.
    »Baldwin, glaubt Ihr denn, daß Gorgraels Geistmänner den Angriff durchgeführt haben?« beantwortete Axis die Frage mit einer Gegenfrage.
    Der Offizier zögerte. Die Nachrichten von der Prophezeiung, die Timozel und Arne aus dem Wald der Schweigenden Frau mitgebracht hatten, hatten sich wie ein Lauffeuer unter den Axtschwingern verbreitet. Und wer solche Worte jemals hörte, vergaß sie so schnell nicht wieder.
    »Mir will die Weissagung einfach nicht mehr aus dem Kopf«, antwortete Baldwin. Ogden nickte leise,

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